Für wen ist dieses Buch?
Für dich, für deine Angehörigen, Freunde und alle, die den Crohnies helfend zur Seite stehen. Für jeden, der wissen will, was das ist, dieser Morbus Crohn, und wie man Crohnies unterstützen kann.
Als ich 2005 meine Crohn-Diagnose erhielt, war ich immens erleichtert. Endlich eine Erklärung dafür, was mit mir los war! Ich stand auf dem Standpunkt, dass man nur den richtigen Namen finden musste, um zu wissen, was zu tun sei. Problem erkannt, Problem gebannt.
Ich brauchte ein Jahr, um zu verstehen, dass die Diagnose einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung namens Morbus Crohn der Beginn eines langen Weges war, der mein Leben auf den Kopf stellte, wichtige Lebensbereiche veränderte, einige stilllegte und dafür sorgte, dass auch das Leben meiner Familie und Freunde eine Veränderung erfuhr.
Bis zu diesem Zeitpunkt war mein medizinisches Verständnis, was Diagnosen und Therapien betraf, laienhaft und am ehesten mit dem Biologieunterricht in der vierten Klasse zu vergleichen: Das mochte interessant sein, aber in Summe ging es mir da vorbei, wo man an sich draufsetzt.
Damals dachte ich, dass man so gut wie alles reparieren, anpassen und wieder hinbekommen konnte, solange noch ein Funken Leben im Leib war. Wie bei einem Motor mit mechanischem Defekt, wo man Teile austauschen kann, Gebrochenes heil macht, das Ganze gut schmiert und fertig. Ich dachte, ich würde ein paar Pillen ein- werfen, ein paar Tage Bettruhe einhalten, und alles wäre wieder gut.
Dass „der Crohn“ sich nicht an diese Erwartung hielt, war die erste von vielen Enttäuschungen. Das ganze Prozedere, das mit Erkran- kung, Krankenhausaufenthalten, Diagnosestraße und dem Umbau meiner Lebensplanung einherging, kostete mich Kraft, die ich im Kampf gegen die Erkrankung gebraucht hätte.
Aber da war niemand, der mir die nichtmedizinischen Neben- wirkungen erklärte, auf wichtige Abläufe hinwies, die einem das crohnische Leben erleichtern konnten, oder mir den schweren Part abnahm, meiner Familie und meinen Freunden etwas zu erklären, was ich selbst nicht verstand.
Ich erhielt fallweise Broschüren mit Infos über Morbus Crohn oder zu bestimmten Therapien. Aber die waren meist trocken, enthielten grausige Schilderungen von den Dingen, die ich mir nicht mal wagte vorzustellen, aus Angst, dass sie eintreten könnten.
Doktor Google war auch nicht hilfreich – außer um mir den Rest der guten Laune zu versalzen und mich mit Frust und vielen „Was- wäre-wenns“ zu impfen. Die Fülle an Infos war unüberschaubar und für einen Laien nicht richtig einzustufen.
Dieses Buch ist das, was ich mir damals und zwischendurch ge- wünscht hätte. Ein locker geschriebener Ratgeber mit einer nicht zu üppigen, aber alles Wichtige abdeckenden Menge medizinischer Fakten, und mit Infos rund um Hintergründe, was das Leben jen- seits des Krankenhauses betrifft. Ergänzt um Tipps, wie man sich das Leben mit dem unerwünschten Sidekick, den ich „Lieber Herr Crohn“ nenne, einrichtet.
Seit ich die Diagnose erhielt, habe ich auch gelernt, warum es wichtig ist, sich mit medizinischen Hintergründen, Terminologien und „Arztsprech“ auseinanderzusetzen. Zudem habe ich die Erfahrung gemacht, dass man zwar eine gute Medizinerin, ein guter Therapeut oder Pfleger sein kann – aber das bedeutet nicht, dass man auch die Fähigkeit hat, schwierige Sachverhalte so zu vermitteln, dass es ein mit chronischer Erschöpfung und Schmerzen beladener Patient ver- stehen kann. Abgesehen davon ist es auch für kompetente Krankheitshelfer nicht einfach, das gesamte Umfeld und die Auswirkun- gen einer solchen Erkrankung zu überblicken.
Mein Wunsch für dieses Buch ist, dass es sowohl für neue als auch für länger Diagnostizierte ein Hilfsmittel zum besseren Verständ- nis ihrer Erkrankung ist und eine Möglichkeit für Angehörige und Freunde bietet, sich ein Bild von Morbus Crohn zu machen. Und dass es zusätzlich den Blick derer weitet, die uns auf medizinischer Seite beim Bewältigen der Diagnose und Finden der Therapie unterstützen.
Ich hoffe auch, dass es mir im Folgenden gelingt, nahrhaftes Futter für den Mutmuskel anzubieten und ihn mit dem zu stärken, was uns alle sofort kräftiger macht: Humor. Wenn man sein Lachen wieder- findet, dann ist alles möglich.
Das Buch bietet also ein breites Spektrum und ist so aufgebaut, dass man die Infos auch aufnehmen kann, ohne das gesamte Buch von vorne bis hinten lesen zu müssen. Wähle einfach das Thema, das dich jetzt interessiert. Damit du auf einen Blick erkennst, für welchen Bereich manche Themen und Tipps besonders gedacht sind, gibt es Icons, die kennzeichnen, ob das nun die Zeit im Schub oder während einer Remission betrifft und ob es speziell für Angehörige wichtig zu wissen ist.
Weil ein Buch, in dem es um eine chronische Darmerkrankung geht, schon auf Grund der Location der Erkrankung nicht ohne das auskommt, was man im wohlerzogenen Sprachgebrauch nicht in den Mund nimmt, gibt es Kackhäufchen-Icons, die zart besaitete Gemü- ter davor warnen, dass im Folgenden mitunter das Wort fällt, das mit „Sch“ beginnt und mit „eiße“ endet.
Ein weiterer, auf den ersten Blick nicht erkennbarer Zusatznutzen dieses Buches: Du hast nun auch ein schlagkräftiges Hilfsmittel in der Hand, das du denjenigen – rein verbal – um die Ohren hauen kannst, die mit Halbwissen, null Ahnung, aber vielen gut gemeinten Ratschlägen kommen und den Bereich von Nervenkraft aufbrauchen, der einen davor bewahrt, die Contenance zu verlieren.
Quelle: Auszug/Einleitung aus meinem Buch: Shitstorm im Darm – gut leben trotz Morbus Crohn.