Ich war diesen Sommer zum siebten oder achten Mal zur medizinischen Rehabilitation, umgangssprachlich: „Auf Reha“. Ich bin somit inoffizielle Reha-Veteranin. Diese beeindruckende Karriere verdanke ich zum überwiegenden Teil dem lieben Herrn Crohn. Ohne ihn hätte ich diese Form der gesundheitlichen Optimierungsunterstützung vermutlich niemals kennen gelernt.
Was in gewisser Weise auch ein bisschen schade wäre.
Andererseits: Ohne triftigen Grund gibt es keine Reha.
Heuer standen also wieder 3 Wochen Reha am Programm und diesmal ging es in die Steiermark, nach Bad Aussee. Was nicht meine ursprüngliche Wunschdestination war. Aber da, wo ich eigentlich hinwollte, hat sich der Behandlungsschwerpunkt geändert und Crohnies haben dort keine Heimat mehr. Leider.
Aber auch hier: Jedes Ding hat zwei Seiten. Ich bin froh, dass meine Reha überhaupt bewilligt wurde und ich bin froh, dass ich gefahren bin, denn schlussendlich war es ein Erfolg und hat gut getan.
Gesunde Menschen, die noch niemals eine Reha oder Kur gebraucht haben (oder in Anspruch genommen haben, was nicht immer das Gleiche ist), haben meist eine völlig falsche Vorstellung von einer Reha oder Kur. Das habe ich auch diesmal wieder gemerkt. Und zwar an Reaktion a la „Oh, wie toll — drei Wochen Urlaub auf Kasse in Aussee! Echt geil, beneide dich!“
Oder so ähnlich.
Also möchte ich hier mal das 1×1 der medizinischen Kur und Rehabilitation im Detail und aus PatientInnensicht durchgehen. Für alle, die wenig bis keine Idee davon haben, egal ob Reha-bedürftig oder nicht, und um ein paar Urban Legends aus dem Weg zu räumen.
Vorweg:
Die folgende Info ist speziell für Menschen in Österreich, die bei der „normalen“ Krankenkasse (ÖGKK) versichert sind. Wer selbständig ist, ist bei einer anderen Krankenkasse versichert und da kann sich das im Detail wieder ein wenig anders abspielen als hier geschildert. Wie es außerhalb Österreichs aussieht kann ich überhaupt nicht sagen.
Reha = Kur = Erholungsaufenthalt = Urlaub?
Das glauben viele, aber das sind insgesamt drei Paar Schuhe, die mit dem vierten Paar (Urlaub) rein gar nichts zu tun haben.
Halten wir also mal das Wichtigste fest:
- Eine Reha ist keine Kur.
- Eine Kur ist kein Erholungsaufenthalt.
- Und alles zusammen ist kein Urlaub.
Urlaub versus Kur/Reha/Erholungsaufenthalt: Der große Unterschied
- Ein Urlaub ist etwas, das man sich selbst zahlt und selbst organisiert.
- Wenn man diesen Urlaub in einer privaten Kuranstalt verbringt, ist das noch immer ein Urlaub.
- Wenn man sich während dieses Aufenthalts Therapien verordnen lässt, die man vielleicht ganz oder teilweise von einer Krankenkasse oder Versicherung bezahlt bekommt, ist das dennoch ein Urlaub.
- Selbst wenn man eine Friss-Die-Hälfte-Kur macht, mehrmals täglich Massage, Therapien und dergleichen erhält, dauerhaft Reduktionskost mampft oder sich von eingeweichten Semmeln ernährt und mit Glaubersalz gequält wird: Es. ist. ein. Urlaub.
Man nimmt sich für einen Urlaub extra frei (sofern man im Arbeitsprozess ist) und geht dafür nicht in den Krankenstand. Man muss keinen Antrag stellen, den man von MedizinerInnen und einer Behörde bewilligen lassen muss.
Ein Urlaub kann zudem unterschiedlich lang sein: Ein Tag, ein Jahr und alles dazwischen oder länger. Der eigene Wunsch und das zur Verfügung stehende Budget (=Zeit und Geld) sind die einzigen Parameter, die das regeln.
Ein Urlaub ist ein Urlaub ist ein Urlaub und bestenfalls so etwas ähnliches wie Ferien.
Aber ein Urlaub ist keine Kur, kein medizinischer Erholungsaufenthalt und noch nicht mal ansatzweise eine Reha.
Reha, Kur und Erholung „auf Kasse“: Das Angebot und die Leistungsgeber
Man unterscheidet bei uns in diesem Setting zwischen Erholungsaufenthalt, Kur und Reha und sie gelten grundsätzlich als sog. freiwillige Leistung der Sozialversicherungen. Auf deutsch: Es gibt keinen rechtlichen Anspruch darauf. Man hat also kein „Recht“ mal eben auf Kur, Erholung oder Reha geschickt zu werden und kann das auch nirgends einfordern.
Wer nun argumentiert, dass noch nie im Leben was gebraucht zu haben und nun Bedarf da wäre, der hat auch keine höheren Chancen etwas zu bekommen. Erfahrungsgemäß sogar geringere. Denn wenn man nie gesundheitlich „auffällig“ geworden ist, dann geht man inoffiziell (auf Seiten der Leistungsträger) eher davon aus, dass das Gesundheitspotential gut und vorhanden ist und normale Therapien im niedergelassenen Bereich ausreichen, um den Zustand zu optimieren. Das ist eine Erfahrung, die vor allem Selbständige irgendwann machen könnten. Denn da beißt man sich notgedrungen oft lange mit gesundheitlichen Problemen durch, wo andere bereits schon lange in Therapien sind.
Einmal mehr daher die Empfehlung, sich nicht unnötig zu quälen und besser früher als später der Gesundheit den Vorrang zu geben. Denn auch von Seiten der gewerblichen Sozialversicherung gibt es fürs Durchbeißen keine Fleißsternchen und Denkmäler werden eher nur für Verstorbene errichtet. (Abgesehen davon haben Denkmäler ein Taubenproblem und darauf kann man, ehrlich gesagt, auch verzichten.)
Wenn man berufstätig ist oder in Pension ist die Pensionsversicherungsanstalt meist diejenige, die einen Kur- oder Reha-Aufenthalt genehmigt und bezahlt. Für alles anderen ist die ÖGKK zuständig, sofern man dort versichert ist. Ausnahmen gibt es bei sog. Psycho-Kuren/Rehas, die meist auch direkt von der ÖGKK geleistet werden.
Wer auf Erholung, Kur oder Reha geschickt wird, muss meist auch etwas dazu zahlen. Es ist also nix mit „alles gratis und umsonst“. Dieser Kostenbeitrag muss spätestens zum Antritt eingezahlt sein. Die Höhe ist vom Einkommen abhängig und wer besonders wenig hat, für den/die gibt es Sonderkonditionen.
Der erste Schritt: Antrag stellen
Zuerst braucht es einen triftigen Grund für eine Kur oder Reha. Den Antrag muss eine Ärztin oder ein Arzt bestätigen und die schreiben auch die Diagnose(n) in den Antrag. Das kann man beim Hausarzt bzw. einem anderen niedergelassenen Arzt machen oder idealerweise im Zuge eines Aufenthaltes im Krankenhaus. Da wird einem das mitunter auch vorgeschlagen. Aber eher sehr, sehr selten, aus meiner Erfahrung heraus.
Der Grund: So ein Antrag ist ein wenig mühsam und der normale Schriftverkehr im Krankenhausalltag ist schon sehr intensiv. Da bleibt wenig Zeit für das mehrseitige Formular und die intensive Auseinandersetzung mit dem, was da an Infos eingefordert wird. Zudem ändern sich die Bedingungen und Locations immer wieder und diese Infos werden meines Wissens nicht an die MedizinerInnen weiter gegeben. Man muss also von sich aus aktiv dran sein und sich vorinformieren, damit man beim Ausstellen wirklich weiß, was Sinn macht und möglich ist.
Laut offiziell unbestätigten Gerüchten hat ein Antrag aus dem Krankenhaus bessere Chancen bewilligt zu werden. Besonders flott geht es, wenn man im Anschluss an eine OP oder einem entsprechend intensiven Aufenthalt direkt im Krankenhaus eine Reha beantragt. Das läuft unter sog. Anschlussheilverfahren, mit einem eigenen Formular, und hat bei der Bewilligung Priorität. Das Wissen um diesen Ablauf ist leider in kaum einem Krankenhaus vorhanden und wer nicht selbst nach einem solchen Antrag fragt, wird somit eher keine Option angeboten bekommen.
Ich habe auch erlebt, dass man meinen MitpatientInnen im Krankenhaus erklärt hat, dass man in diesem Krankenhaus generell keine Reha/Kur-Anträge macht, weil dafür ja die Hausärztinnen zuständig sind und sie das auch gar nicht machen können. Interessanterweise war das nur einen Tag nachdem mein Antrag von eben diesem Krankenhaus, in dieser Abteilung ausgefüllt und an die zuständige Behörde geschickt wurde. Das „nicht Können“ war also eher ein „nicht Wollen“ und es hängt einmal mehr davon ab, wen man anspricht, wer motiviert ist, sich auskennt und die Mehrarbeit im Sinne der PatientInnen auf sich nimmt.
EXTRATIPP!
Immer alle aktuell bekannten Diagnosen in den Antrag hinein schreiben (lassen). Auch dann, wenn der eigentliche Grund für die Reha z.B. Morbus Crohn ist.
Wenn du Beschwerden am Bewegungsapparat hast, dann lass das mit hineinschreiben. Oder was auch immer du sonst noch für Probleme hast.
Die Verordnung der Therapien vor Ort erfolgt in „Paketen“, die auf der Diagnose im Antrag aufbauen. Diese Pakete sind verrechnungstechnisch nicht sehr flexibel. Auch die ärztliche Untersuchung vor Ort kann die Antragsdiagnose nicht „nachbessern“ oder ausweiten. Das heißt man behandelt dann „nur“ den Crohn und die anderen Probleme kaum bzw. nur am Rande. Stehen aber alle gesundheitliche Diagnosen und Probleme von Anfang an im Antrag, kann man vor Ort gezielt darauf eingehen und die Therapien entsprechend anpassen.
Ist der Antrag abgeschickt, heißt es warten. Das kann auch mal ein paar Wochen sein und das ist gut, denn Absagen kommen eher schnell. Manchmal muss man Befunde nachreichen oder direkt zu einer Begutachtung in der PVA/ÖGKK bzw. bei einem Vertragsarzt anreisen, damit man feststellt, ob die Kur, Reha oder Erholung wirklich Sinn macht bzw. etwas geändert werden muss.
Wenn der Antrag positiv beurteilt wird, bekommt man ein Info, dass sich die Kuranstalt oder SKA (=Sonderkrankenanstalt) mit einem in Verbindung setzen wird. Die Kuranstalt, SKA oder das Kurhotel melden sich einige Zeit vor dem Termin und man erhält eine Einladung mit weiteren Infos. Also nicht wundern, wenn man zwar von der PVA/ÖGKK eine Info bekommt, aber dann wochenlang nichts weiter hört.
Man kann dann auch direkt in der Kureinrichtung anrufen und höflich nachfragen, wann der Termin in etwa sein wird. Das erleichtert die eigene Planung ungemein und ist eine herzliche Empfehlung von mir.
Da ist es dann unter Umständen auch möglich Termine hinaus zu schieben, wenn der ursprünglich zugeteilte Termin nicht passt. Oder man lässt sich auf eine Warteliste setzen, falls wer ausfällt und kurzfristig ein Platz früher frei wird. Da kann es dann sein, dass man drei Tage vor Antritt eine Info bekommt, dass spontan ein Platz frei geworden ist.
Kur oder Erholung …?
Der Unterschied ist ein wenig fließend und nicht leicht zu verstehen. Für den Erholungsaufenthalt ist aber meist die Krankenversicherung zuständig, Kur und Reha werden via Pensionsversicherungsanstalt (PVA) abgewickelt.
Ansonsten ist ein Erholungsaufenthalt eine Art minimalistischere Kur und der Unterschied zur „vollen“ Kur besteht hauptsächlich darin, dass man im Detail weniger Therapien hat, weil man sich ja primär erholen soll. Auch fährt man bei einem Erholungsaufenthalt eher in ein Kurheim oder Hotel, das mit der PVA/ÖGKK einen Vertrag für diese Leistungen abgeschlossen hat.
Was man vor Ort an Therapien bekommt ist davon abhängig, welche Diagnosen Arzt oder Ärztin in den Antrag geschrieben haben und welche Maßnahme angekreuzt wurden.
Nachträglich von Erholung auf Kur bzw. auf Reha oder umgekehrt zu ändern geht meines Wissens nicht.
… oder Reha?
Eine Reha ist die oberste Stufe der medizinischen Maßnahmen und intensiver als eine Kur. Das bedeutet das man mitunter viel mehr und andere Therapien hat und auch engmaschiger medizinisch betreut wird.
Bei einer Reha geht es meist in eine sog. Sonderkrankenanstalt (SKA). Das ist dann so ähnlich wie ein richtiges Krankenhaus, aber mit deutlich mehr Komfort und natürlich entsprechendem Freigang. Je nachdem welche Diagnose(n) man hat bzw. wohin man geschickt wird, ist die SKA „krankenhausähnlicher“ oder mehr ein Kurheim.
Ambulante Reha, Teil-Reha, Reha-Sonderformen
Eine ambulante Reha kannst du von zu Hause aus machen. Die Therapien werden in eigenen Instituten angeboten, wo du mehrmals die Woche hingehst. Aber du wohnst weiter zu Hause. Die Dauer dieser ambulanten Reha ist damit auch viel länger und du hast meist nicht jeden Tag Therapien.
Diese Version geht auch berufsbegleitend, wenn auch nicht mit jeder Diagnose. Mit der Diagnose Morbus Crohn ist eine ambulante Reha zum Beispiel nicht möglich und wenn du schon in Pension bist, kannst du auch keine in Anspruch nehmen.
Wohin und wie lange?
Reha, Kur oder ein Erholungsaufenthalt dauern mindestens drei Wochen und nein, man kann nicht handeln. Drei Wochen sind das Minimum, es gibt auch welche die sind von Haus aus länger (abhängig von der Diagnose) und der Aufenthalt kann vor Ort auch verlängert werden, wenn man von medizinischer Seite der Meinung ist, dass das hilfreich wäre. Ich habe aber noch niemand kennengelernt oder von wem gehört, der gegen seinen Willen verlängert wurde.
Dennoch: 3 Wochen sind das Mindeste.
Die Kur kann in einem sog. Kurheim, einer Sonderkrankenanstalt oder einem Hotel, das eine vertragliche Vereinbarung mit dem jeweiligen Kostenträger hat, konsumiert werden. Bei einer Reha geht es, wie geschrieben, meist immer in eine Sonderkrankenanstalt.
Man kann beim Ausfüllen des Antrags auch eine Wunschdestination angeben und das ist sehr empfehlenswert. Allerdings vorher unbedingt recherchieren, welche Optionen überhaupt zur Verfügung stehen. Sprich: Wo kann man mit welcher Diagnose hin?
Sich ein schönes Hotel in einer angesagten Location aussuchen und der Kasse/PVA das als Kur oder Reha zu verkaufen klappt nicht. Eine Kur ist (ich wiederhole mich) kein Erholungsaufenthalt und keines von beiden ist ein Urlaub. Man kann sich also nicht auf PVA-Kosten drei Wochen in seiner Wunschtherme den Rücken kraulen lassen.
Recherchiere unbedingt vorab auf der Website der PVA oder ÖGKK welche Destination für welche Diagnosen möglich sind. Da kann man sich oft auch einen Einblick in die Locations verschaffen und wie bzw. wo man untergebracht wird.
Ich war bis jetzt immer in einem Einzelzimmer, ohne Mehrkosten, weil „meine“ Locations das standardgemäß so handhaben. Aber es gibt auch Kuranstalten & Institute, wo man 2-Bettzimmer hat. Manchmal kann man dann für ein Einbettzimmer aufzahlen, manchmal geht das nicht. Auch deswegen ist es empfehlenswert, sich vorweg zu erkundigen, wo es hingehen soll.
Bekommt man dann eine andere Destination bewilligt, kann man fallweise auch noch mal wechseln – wenn es eine andere Option mit der gestellten Antragsdiagnose gibt. Bei Morbus Crohn hast du in Österreich nur noch eine Reha-Option: Die SKA in Bad Aussee. Früher gab es drei Möglichkeiten. Aber die Schwerpunkte der beiden anderen SKA haben sich geändert und die SKA in Bad Aussee gilt nun als Schwerpunktzentrum für Reha mit CED.
Urlaub in keinster Weise, weil: Krankenstand
Der wichtigste Unterschied zum Urlaub: Während einer Kur bzw. eines Erholungsaufenthaltes ist man arbeitsrechtlich im Krankenstand und hat sich entsprechend zu verhalten. Das bedeutet, dass „Party all night long“ in diesem Setting absolut kein Thema ist. Alkohol ist im Kurheim oder einer SKA generell tabu und mit den KollegInnen eine mehr oder weniger intime Pyjama-Party zu feiern, kommt auch nicht gut an. Schlimmstenfalls wird das sogar richtig, richtig teuer. Man riskiert einen Rausschmiss und muss die Kosten für den Aufenthalt aus eigener Tasche nachzahlen.
Deswegen ist man angehalten während des Aufenthaltes seine Therapien zu konsumieren und ansonsten durch „aktives Interesse“ dazu beizutragen, dass der Aufenthalt dem Kurziel entspricht – was soviel heißt wie: Fitter nach Hause kommen, als man angereist ist und dazwischen keinen Scheiß drehen.
- Spaziergehen, wandern, walken, moderate Freizeitaktivitäten im Rahmen dessen, was einem gut gut, zur Sicherheit in Absprache mit dem behandelden Arzt/Ärztin – alles ok.
- Baden, schwimmen, im Cafehaus ein gemütliches Kaffeetschi oder Teechen und Pläuschchen halten – sofern man sich an die Covid-Regeln und Vorgaben des Instituts hält: no Problem.
- Am Wochenende Besuch von Familie oder Freunden bekommen, mit denen spazieren gehen, in ein Gasthaus einkehren usw. – sofern auch hier mit der ärztlichen Betreuung vor Ort abgesprochen und die Möglichkeit besteht, dass man sich vom Essen am Wochenende befreien lassen kann: alles gut.
So lange man zu den Zeiten, wo man im Haus sein soll, im Haus ist, pünktlich zu den Therapien und zum Essen erscheint, und sich ansonsten gesittet benimmt, ist alles fein und kein Problem.
Generell lautet die Direktive, dass man sich primär in und rund um das Haus aufhält und Autofahrten vermeiden soll. In Covid-Zeiten wurden und sind die Regeln nochmal deutlich anderes und man tut gut daran, sich entsprechend daran zu halten.
Was absolut nicht gut ankommt und möglicherweise einen sofortigen Verweis zur Folge hat:
- Extremsport betreiben und dabei gesundheitliche Probleme riskieren – sehr bedenklich. Wobei die Definition, was genau Extremsport ist, sehr niedrig und grundsätzlich eher schwammig angesetzt ist. So lange nix passiert, wird vermutlich nix passieren. Blöd aber, wenn man einen Unfall hat und der muss gar nicht besonders groß sein.
- Voll besoffen auf die Stufen des Kurheims zu reihern, besonders nach „Sperrstunde“ der Anstalt, wenn man schon längst gemütlich Gesundheitsschlaf halten sollte.
- Die ärztlich verordnete Schon- oder Reduktionskost mittels daily Schweinebraten-Speckjause-Cremeschnitten-Exzess ad absurdum zu führen (die Waage verrät einen, die Blutwerte helfen ihr)
- Die Nacht nicht im eigenen Zimmer zu verbringen, sondern die Betten der KollegInnen testen …
- Im Kurheim mit Rollator oder Krücken herum humpeln und Freitag Abend in der Dorfdisco Boogie bis zum Abwinken tanzen – natürlich ohne Rolli, ohne Krücken, ohne Gehhilfe. Das dann als spontane Wunderheilung zu verkaufen wird sehr schwierig bis unmöglich.
Im Gegensatz zum Selbst bezahlten Urlaub kann man bei einer Reha, Kur oder einem Erholungsaufenthalt somit bei entsprechendem Verhalten, oder wenn man (wiederholt) gegen die Auflagen verstößt, nach Hause geschickt werden. Meist kommt dann noch ein recht hohe Rechnung dazu, denn wenn man sich so verhält, muss man die Kurkosten übernehme und ich sag mal so: Da ginge sich mehr als ein Urlaub aus.
Fallweise wird man dann auch für weitere Aufenthalte gesperrt.
Das Ziel: es soll gut tun und dir helfen
Für Neulinge klingt das nach einem sehr strikten Reglement und die Einladungsschreiben der Kur/Reha-Anstalten haben auch einen dementsprechenden Ton intus. Da könnte man grundsätzlich auch mal ein Update machen. Der Ton klingt sehr nach einer Einberufung in eine Vollzugsanstalt. In echt und vor Ort ist es deutlich und ehrlich netter. Man wird als Mensch und nicht als Nummer behandelt und das Personal vor Ort war, zumindest in meinem Fall, immer sehr hilfsbereit und zuvor kommend.
Doch wie man in den Wald hineinruf, so schallt es zurück: Wer sich schon im Vorhinein präpotent gebärdet und dann in jeder Suppe ein Haar finden will, dem wird entsprechend konter gegeben. Die Drohung mit schlechter Kritik auf den Buchungsplattformen oder Social Media zieht hier absolut nicht.
Bedenke immer: Es ist eine freiwillige Leistung der Sozialversicherungsträger und dazu da, dass es dir durch die dort angebotenen Maßnahmen besser geht, damit du den Alltag, dein Leben und deine Arbeit wieder besser bewältigen kannst. Die Leute vor Ort unterstützen dich dabei. Sie machen ihren Job im Rahmen der vorgegebenen Möglichkeiten und sind daran interessiert, dass es dir gut geht.
Bedenke auch: Das Budget, dass für diese Maßnahmen zur Verfügung steht, ist nicht sehr hoch und das Meiste geht für Therapien und die medizinische Betreuung auf. Der Posten, der fürs Essen bleibt, ist in der Regel der kleinste. Ich bewundere jedesmal, dass die Küche vor Ort mit diesem Budget auskommt und dennoch meist eine sehr gute Qualität und hohe Vielfalt anbietet. In den Kurhotels mag die Budgetverteilung anders sein. In den SKAs würde man mit dem, was hier an Geld pro Person und Monat für Lebensmittel zur Verfügung steht, im privaten Haushalt niemals auskommen.
Damit ist auch klar, dass Sonderwünsche mühsam zu erfüllen sind. Dennoch versucht man das Beste daraus zu machen. Wenn du mit irgendwas oder irgendjemand ein Problem hast, hat es sich aus meiner Sicht heraus sehr bewährt, dass höflich und direkt vor Ort anzusprechen. Es bringt nichts, wenn du leidest, weil das Bett zu hart, das Essen nicht deins oder die Therapien mehr weh, als gut tun. Selbst wenn du merkst, dass es dir hier gar nicht gut geht und du weg willst: Sprich es an, bei deiner medizinischen Betreuung, in der Verwaltung, beim Pflegepersonal oder der Ernährungsberatung. Man findet immer eine Lösung und auch der vorzeitige Abbruch der Maßnahme ist in bestimmten Fällen ohne finanzielle oder bürokratische Folgen möglich. Ich bin selbst schon mal schwer krank geworden (akuter Crohn-Schub), musste ins Spital und der Erholungsaufenthalt musste abgebrochen werden. Ein paar Monate später hatte ich die nächste Chance und da hat es dann gut getan und geholfen.
Generell sagt man, dass man zweimal in fünf Jahren so eine Maßnahme in Anspruch nehmen kann bzw. den Antrag stellen kann. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Die Info, dass man mit der Diagnose CED jährlich auf Reha fahren kann, habe ich schon sehr oft gehört. Selbst aber auch schon anders erfahren. Zugleich bin ich mal drei Jahre hintereinander auf CED-Reha geschickt worden – weil der Crohn sehr aktiv war, ich komplett ko und auch OPs in diesem Zeitraum hatte, die eine Nachbetreuung brauchten.
Bis auf einmal bin ich immer fitter, motivierter und erholter retour gekommen, als ich hingefahren bin. Auch hat der Erfolg dann immer gut gehalten – bis eben die nächsten Katastrophe in meinen Lebenskalender eingetragen wurde. Meist hat es mir rundum gut gefallen und was nicht gepasst hat – siehe oben – habe ich direkt vor Ort klären können.
Fazit
Reha, Kur und Erholungsaufenthalt sind sehr gute Möglichkeiten, sich voll und ganz auf sich selbst, die eigene Gesundheit und die Erholung von den Widrigkeiten des Lebens zu konzentrieren. Das sollte man genau in diesem Sinne auch nutzen. Die liegengebliebene Korrespondenz oder diverse Akten zum Aufarbeiten mit zunehmen, bringt nichts. Glaubs mir, ich habs probiert. Das ist sinnlos und konterproduktiv.
Nimm dieses Angebot bewusst nicht als Urlaub an, sondern als Chance etwas in deinem Leben mit Hilfe von anderen zu verbessern. Das kostet naturgemäß Kraft und Zeit und ja, das ist mitunter auch sehr anstrengend, aufwühlend und geht möglicherweise tief. Aber du hast vor Ort Unterstützung dafür und drei Wochen sind eine tolle Möglichkeit, etwas zu bewirken, mit dem man dann auch zu Hause weiter machen kann.
Wenn du zu denen gehörst, die Kur-Reha-Erholung bisher als „Urlaub auf Kosten der Allgemeinheit“ gesehen haben, dann hoffe ich sehr, dass ich ein paar Dinge klarstellen konnte. Mag sein, dass manche Menschen hier eine Chance sehen, „das System“ auszunutzen und das innere A—loch von der Leine zu lassen. Diese Typen gibt es überall und für sie sind auch diese Regeln und der „Kasernenton“ in den amtlichen Schreiben.
Die Mehrheit der Reha-Kur-PatientInnen ist daran interessiert, die eigene Gesundheit zu verbessern und den Aufenthalt für eine rundum gute und anhaltende Gesundheitsoptimierung zu nutzen. Damit wird eine Reha, eine Kur oder ein Erholungsaufenthalt zu einer wichtigen „Arbeit“, die man ernst nimmt und von der man sich etwas erhofft, dass man im besten Fall, mit der Unterstützung vor Ort, auch erreichen kann.
Ich wünsch dir jedenfalls alles Gute, wenn du diese Möglichkeit der gesundheitlichen Vorsorge und Unterstützung für dich erstmals oder wiederholt nutzen möchtest!
Hast du andere Erfahrungen oder Ergänzungen zu meinen Infos? Dann schreib es in die Kommentare, damit auch andere davon erfahren.