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Crohnisch Alt

Wofür sind Frauen über 50 noch gut?

Ich habe vor ein paar Monaten beschlossen meinem Blog hier eine klein wenig neue, angepasstere Ausrichtung zu geben, getreu dem Motto: Crohnisch alt. Das ist jetzt … nun ja, paar Wöchlein her. Das Leben hatte zwischendurch ein paar andere Termine mit mir – gute und weniger gute, wie das halt so ist.

Anfang November, rund um meinen 55. Geburtstag, bin ich im Netz auf die Blogparade von Mia Brummer gestoßen und es hat „Klick“ gemacht – da muss ich was dazu schreiben! Denn Mia stellt ein paar spannende, provokante Fragen und wünscht sich ernsthafte Antworten dazu:

… wie wird man in der Gesellschaft als Frau 50+ wahrgenommen?
Wie darf man sein oder soll man sich verhalten? Was geht Dir dabei durch den Kopf?

Da ging mir einiges dazu durch den Kopf und spontan habe ich alle Fragen, die Mia als Beispiel für mögliche Beiträge gestellt hat, genommen und meine Antworten dazu geschrieben.

Voilá, hier nun meine Sicht zum großen Thema „Wofür sind Frauen über 50 noch gut?

Ist man mit 50 endlich erwachsen?

Wenn ich von mir ausgehe: Nein und ich glaube, dass ich das auch niemals werden möchte – im Sinne von dem, was ich als Kind unter dem gesellschaftlichen Status von „erwachsen“ verstanden habe. Meine Interpretation dieses Begriffes ist: Gesetzt, statisch, angepasst … auf Spur gebracht, ohne besondere Extravaganzen, die Emotionen sind unter Kontrolle und da bleiben wir, mit Fixanstellung, bis ans ultimative Ende. Furchtbar!

Dieses Bild ist mir zu statisch. Je älter ich werde, desto mehr wachse ich in mein inneres Kind hinein: Neugierig, immer am Lernen (in der guten Version, nicht in der schulischen!) und auf der Suche nach Geschichten. Mit den Jahren werden der Raum und die Freude, mit der ich mich auf dieser Reise sehen, immer mehr. Mit 30 hatte ich meine „Ich bin erwachsen geworden“-Phase und habe mich wie oben beschrieben gesehen. Inklusive „vernünftiger“ Schuhe und einer Kittelschürze, damit ich beim Kochen die gute Kleidung schone. Was bin ich froh, dass ich schon 2-3 Jahre später wieder weit weg davon war und seit damals von Jahr zu Jahr realisiere, dass ich noch so viele kindliche Anteile in mir habe, die darauf warten gelebt, bestaunt, erforscht zu werden. Wenn überhaupt, dann werde ich mit jedem Jahr immer weniger „erwachsen“ und das ist richtig toll – denn nun bin ich alt genug, damit ich mir das bewusst leisten und mir selbst beim Wachsen zusehen kann. Irgendwann wird sich dann hoffentlich, vielleicht, möglicherweise ein Status einstellen, der nix mit dem knöchrigen Erwachsenendasein zu tun hat, aber viel mit dem, was man unter einer weisen, wilden Alten versteht, die Hand in Hand mit ihrem inneren Kind Abenteuer erlebt – das lockt mich viel mehr.

Findest Du als junge Frau Frauen 50+ eher peinlich oder cool?

AlterCrohn sm 300x225 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Ich transportiere diese Frage in die Vergangenheit und ja, da waren mir manche Ü50-Frauen peinlich. Seltsamerweise weniger die im eigenen Umfeld, Sondern eher die, die ich nicht näher kannte. Ich glaube auch, dass es weniger wegen des Alters war, denn wegen ihres Auftrittes und Charakters.

Die alten Frauen in meinem Familienumfeld waren für mich absolut nicht peinlich – sie waren Ikonen und Matriarchinnen, der Hafen meiner Kindheit und Jugend. Sie waren weise, kraftvoll von innen heraus, und wissend, über das theoretische Wissen hinaus. Klar hatten sie fallweise auch eine sehr robuste eigene Meinung, die meiner widersprach. Doch im Vergleich zu meinen Eltern habe ich mir von ihnen mehr sagen lassen und die Ratschläge wurden nie aufgezwungen.

Sie hatten unglaublich viel er- und überlebt und dennoch war da noch so viel wildes, waches, lachendes Leben – soviel Interesse an Neuem, soviel Flexibilität sich Neuem zu stellen und zugleich die Stabilität, die ich als Kind so hilfreich gefunden habe. Sie umsorgten ihr Umfeld und hatten zugleich ihren Platz im Leben gefunden, mit natürlicher Autorität, ohne innerlich auszubrennen. Ob sie sich als erwachsen gesehen hätten? Ich weiß es nicht.

Ich bin sehr glücklich, dass ich diese weisen Frauen in meinem Leben zur Unterstützung hatte. Aber als cool hätte und würde ich sie nicht bezeichnen – das wäre … unpassend, nicht stimmig. Sie waren tough, vif, klug, verschmitzt, listig, furios, gewitzt, liebevoll sarkastisch und mitunter auch ein wenig hantig – also vielleicht doch auch cool. Nur eben in anderen Worten.

MiAAvatar2020 262x300 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Als meine Kinder in dem Alter waren, wo die Elter peinlich werden, habe ich die pubertären Ausrufe a la „MAMA!!! Du bist sooo peinlich!“ immer mit „Nix da – wenn schon peinlich, dann zumindest URPEINLICH, weniger ist nicht!“ quittiert und mich innerlich gefreut, dass ich etwas zu einer gesunden, normalen Kindesentwicklung beitragen darf und dabei auch noch meinen Spaß habe 🙂

Ich bezweifle aber sehr, dass mich das in den Memoiren meiner Kinder zu einer coolen Mutter macht.

Gewinnt das Leben jenseits der 50?

FuckingGreatJob 300x225 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Ich denke nicht, dass man etwas gewinnt, denn das impliziert, dass man auch etwas verliert. Ich denke es verändert sich – es gibt mehr vom einen, weniger vom anderen. In Summe bleibt es gleich, aber vom Inhalt her ist es in vielen Bereichen anders. In meiner Vorstellung ist es wie bei einer guten Saucen-Reduktion: Die Erfahrung kocht sich ein, wird konzentrierter und damit gibt es mehr Raum für neue Interpretation, neue Erfahrungen aus angelerntem Wissen. Die Perspektive kann sich ja nur neu ausrichten, wenn man ihr diesen Raum zugesteht und das ist vermutlich das, was man als „Gewinn“ bezeichnen kann.

Wie erlebst Du diese Zeit?

Fordernd, wild, unberechenbar – manche Tage sind grausam, weil der Körper mir klar zu verstehen gibt, dass Ü50 und mehrere chronische Erkrankungen eine miese Kombination sind. Das sind Tage, da fühle ich mich sehr sterblich und das ist erschöpfend.

Andere Tage sind reiner Genuss, weil ich Zeit, Kraft und die Möglichkeit habe, in mein Tempo, meine Interessen zu sinken. Dazwischen sind die Tage mal so, dann wieder anders und um es mit den Worten meiner nun auch schon über 50jährigen Schwägrin zu sagen: „Das letzte Mal war mir, glaub ich, in den 70ern langweilig.

Ich habe einerseits einen unglaublichen Lernhunger. Ich will endlich all die Orte besuchen, die ich schon lang auf meiner Löffelliste habe, all das Lesen und Lernen, was mich interessiert. Zugleich aber weiß ich, dass ich weise wählen und behutsam planen muss, alles geht einfach nicht. Nicht nur wegen meiner Gesundheit, sondern primär wegen der Kosten – der materiellen und der Nicht-Materiellen. Erholphasen einzuplanen ist mittlerweile immens wichtig. Diese Erkenntnis, dass ich neue Erfahrungen mit viel Ruhe ausgleichen muss, damit Körper und Geist alles verarbeiten können, ist etwas, wo ich noch Training brauche. Aber wie gesagt: Ich will noch so viel lernen … vielleicht finde ich ja auch Geduld am Weg 😉

Welche Vision hast Du für Deine Zeit 50+?

MichaelaSchara Profilbild2022 SW 300x300 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?

Auch diese Frage lege ich in die Vergangenheit. Meine Vision vor dem Überschreiten dieser „magischen“ Grenze war sehr schwammig. Ich dachte, dass es einfach so weitergeht wie bisher, nur eben mit mehr Jahren am Buckel und rein körperlich ist man das leidige monatliche Bluten los. Halleluja.

Das es nicht so einfach ist, hat mich der Wechsel gelehrt. Meine tiefste Hochachtung gebührt dem Wunderwerk des weiblichen Köpers, der am Ende der so called „fruchtbaren Jahre“ einen kompletten Umbau vornimmt. Das ist definitiv nix für Feiglinge und so individuell, wie Menschenfrauen eben sind – für jede also anders. Ich hatte keinen Erfahrungsschatz, der mich auf die Pubertät des Alters vorbereitete – auch nicht in meinem Umfeld. Ich wusste auch nicht, dass ich mir beizeiten einen hätte zulegen sollen, um vorbereitet zu sein.
Dummerweise hatte (und habe, seuzf) ich die Schranken des antrainierten guten Benehmens intus, was im Gegensatz zur jugendlichen Pubertät doch eine Beschränkung ist, wenn man nach 4-5 Jahrzehnte wieder in der Hormonbaustelle andet. Wutanfälle, depressive Verstimmungen und alles, was mit hormonellen Wirbelstürmen einhergeht, kann man als Jugendliche normalerweise leichter ausleben. Mit Beginn der Lebensmitte hat man meist gelernt sich im Griff zu haben und solche Probleme mit sich allein, zuhause, im stillen Kämmerchen, auszumachen.

Eine rückblickend sehr blöde Ausgangslage, die nicht hilft. Austausch mit anderen wäre zu diesem Zeitpunkt sehr, sehr willkommen und hilfreich gewesen. Ich hatte 2-3 ältere Freundinnen, die ich fallweise en passent gefragt habe, aber eher nur am Rande, dezent, in der Hoffnung in kein Fettnäpfchen zu steigen. Denn schließlich trägt kaum eine Frau ein Schild „Vorsicht Leute, ich bin im Wechsel!“ am Revers und manch eine, der man es innerlich unterstellt hat, ist noch meilenweit davon entfernt. Es ist also ein wenig ein Minenfeld.

In besonders bittersüßer Erinnerung ist mir die Antwort einer Freundin, die mir einige Jahre voraus hat, die ich nach der Dauer der elenden Hitzewallungen gefragt habe. Ihre Antwort: „Ich sags dir, wenn sie bei mir vorbei sind.“ Das hat mir dann zwar bestätigt, dass auch andere mit weit mehr Lebenserfahrung als ich damit kämpfen. Aber betreff Motivation wars dann weniger hilfreich.

Heute weiß ich: Auch da gibt es kein „Reglement“ – das verläuft bei jeder so was von anders, dass der Crohn im Vergleich dazu ein durchstrukturierte, grundstabiler und höchst pedantischer Zeitgenosse ist.

Kommt denn Deiner Ansicht noch was nach 50?

LebenLernen sm 300x225 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Na aber Hallo! Sicher doch – und zwar sowas von 🙂

Ich hab seit einiger Zeit das Gefühl, als würde ich erst jetzt in die Schuhe hineinwachsen, die mich auf meinen Lebensweg bringen. Wohin der geht? Keine Ahnung, aber ich weiß, dass da noch einiges an besonderen Stationen am Weg wartet. Schönes, Spannendes, Wildes, Trauriges, unglaublich Lustiges, unglaublich Schmerzvolles – eine Mischung so bunt wie das Herbstlaub im Indian Summer. Leben eben.

Lebt man jenseits der 50 nur noch in der Vergangenheit?

Wenn man nicht bereit ist dem Wandel die Tür zu öffnen, dann bleibt einem gar nichts anderes über, als in der Suppe der Vergangenheit zu dünsten. Manchen reicht das und manche klammern sich panisch an jeden Zentimeter dieser Zeit, besonders was Äußerlichkeiten betrifft. Andere wieder verschließen die Tür vor Neuerungen, egal ob technischer oder gesellschaftlicher Natur. Ihnen reichen die Erkenntnisse und Errungenschaften „ihrer“ Zeit.

Wandel ist eine schwierige Sache und man wird nicht wirklich flexibler, wenn man in jungen Jahren schon unflexibel war. Wandel macht Angst, lotst er einen doch in unbekanntes Gelände. Da kann man schnell stolpern, sich die Knie verletzten und das Aufstehen dauert einfach länger, je älter man wird.

UnterbergHuettenhang 300x300 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Ich stehe im Winter manchmal am Rande von Schipisten, bei denen ich vor Jahrzehnten nicht mal ansatzweise gestoppt hätte. Mit einem „Hurra!“ hätte ich mich die schwärzeste Piste hinunter gestürzt. Vollgas natürlich, denn wer bremst ist feig. Helme hatten wir damals noch nicht, was soll schon groß passieren? Stürze wurden mit einem Achselzucken abgetan, sie waren die Medaillen am Ende des Tages – wenn sie gut ausgegangen sind.

Heute graut mir vor dem steilen Stück. Ich wähle bewusst eine sanftere Route oder gleite am Rande des Steilstücks hinunter. Ich weiß wie weh die Eisplatten tun, wenn man auf ihnen aufschlägt, wie es sich anhört, wenn ein Band im Knie reißt, wie lange es dauert, bis ein Cut auf der Stirn verheilt. Ich habe meinen Anteil an Verletzungen erlebt – es reicht. Ich weiß wieviel Kraft es mich kostet, wenn ich mir hier etwas Ernsteres zuziehe und wie wenig mir mein labiler Rücken verzeiht. Aber ich weiß auch, dass ich nichts verliere, wenn ich stattdessen auf der gemütlichen Piste die Aussicht in meinem Tempo genieße. Unten angekommen warte ich mit allen anderen darauf, wieder nach oben gebracht zu werden und da fragt keiner, welchen Weg ich hinunter genommen habe.

Unterberg Gipfelkreuz 300x225 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Wer sich mit Ü50 dazu entschließt solche Dinge aufzugeben, hat vermutlich eine vernünftige Entscheidung getroffen. Ob sie einem auch glücklich machen, ist eine andere Geschichte. Und genauso ist es mit der Entscheidung, ob man in der Vergangenheit leben mag oder nicht. Aus meiner Sicht gibt es auch im Leben ab 50 schwarze, rote und blaue Pisten – also die Möglichkeit sich den Weg zu suchen, bei dem man gut mitkann und die rasanten, wilden Strecken denen zu überlassen, der Knie noch heile Bänder haben oder denen die Konsequenzen weniger ausmachen. Schlussendlich enden alle Pisten im Tal und man hat immer die Wahl, wie man das nächste Mal abfährt.

Gibt es überhaupt noch ein Leben jenseits der 50?

Natürlich, sonst wären die Friedhöfe ja voll mit lauter Menschen, die an der 50er-Schwelle den Löffel abgegeben haben 😉

Die Frage ist nur, ob sie auch wirklich ein Leben leben, mit allen Konsequenzen, oder nur am Leben sind, mit aktiven Vitalfunktionen, aber innerlich … leer.

Für was sind Frauen ab 50 überhaupt noch gut?

Dazu fällt mir spontan dieses Zitat ein 😉

Keiner ist unnütz, man kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen.

Ich denke aber auch, dass das eine Frage ist, die man Männern in diesem Zusammenhang (Überschreiten der 50er-Schwelle) kaum bis nicht stellt. Da sind Phrasen wie „Je älter der Wein, desto mehr Charakter hat er“ eher gebräuchlich. Warum hört man das nie in Zusammenhang mit älteren Frauen?

Aus meiner Erfahrung und Beobachtung heraus weiß ich, dass Frauen mit dem Älterwerden deutlich besser zurechtkommen als Männer. Auch wenn ein Lebenspartner wegfällt, ist die Resilienz auf der weiblichen Seite stärker ausgeprägt, als bei Männern.

img 1041 300x224 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Frauen haben Zeit ihres Lebens mit unzähligen Umbrüchen und Veränderungen zu tun, auf körperlicher Seite, gesellschaftlich, familiär. Damit liegt uns die Flexibilität in den Genen, wir mussten uns schon sehr früh immer wieder anpassen und haben gelernt, das alles neben dem „normalen“ Leben zu schaukeln.

Insofern kann die Gesellschaft von der Fähigkeit der weisen Alten nur profitieren und die wahre Frage sollte eher lauten: Warum wird dieses Potential noch so gar nicht bis kaum genutzt? Warum wird es klein geredet, mies gemacht, ins Lächerliche gezogen – woher kommt die Angst vor den alten Frauen? Wann haben wir die Kraft der weisen Alten ausgeblendet aus dem Reigen des Lebens und vor allem: Warum? Vielleicht ist es endlich an der Zeit, hier klar Schiff zu machen, denn wir brauchen diese Kraft einfach – nicht nur wir Frauen, sondern alle. Darüber könnte man zum Bespiel bei einem Glas alten Weines philosophieren 😉


Liebe Mia, 

vielen Dank für die tolle Idee und den „virtuellen“ Schubbser, mal wieder schreibend aktiv zu werden 😉 Ich bin schon sehr auf die anderen Beiträge und dein Resümee gespannt!

Herzliche Grüße, 
Michaela (oder auch MiA – fallweise 😉 )


Alle Infos rund um Mia Brummers Blogparade findest du hier:

Blogparade: für was sind Frauen ab 50 überhaupt noch gut?

Hast du andere Antworten auf die obigen Fragen? Oder Ergänzungen? Dann schreib es in die Kommentare  – ich bin gespannt auf deine Sicht der Dinge!

Allgemein, Briefe aus dem Leben mit CED

Heilsames Getippsel

Ein Beitrag zur Blogparade auf Unruhewerk.de:
50plus-Blogger/innen – hilft euch das Schreiben? Wenn ja, wobei?

Maria Al-Mana vom Blog Unruhewerk.de hat diese Blogparade gestartet und ich bin per Zufall dieser Tage darüber gestolpert. In den Details weiter unten stand dann noch dieses:

„… und wenn auch noch Krankheiten oder Lebensumbrüche im Spiel sind, muss man fast gar nicht mehr drüber reden: Schreiben wird zur Therapie. Würde das sehr gern mal thematisieren! Wäre toll, es beteiligt sich jemand, der aus diesen Gründen schreibt!…“

Tja, nun – das muss diese „Berufung“ sein, von der man immer wieder liest 😉 Im Sinne von: Da hat wer eine Frage an mich gestellt und nur den Namen vergessen dazu zu schreiben.

Und dann tauchten auch noch diese Twittermessage in meinem Stream auf:

Der Satz „Take your broken heart, make it into art“ hat mich schon berührt, als ich ihn das erste Mal gehört/gelesen habe.
Auch wenn es nicht immer das Herz ist, das leidet. In meinem Fall ist es rein physisch ein Stück tiefer, meistens. Dann und wann wandert der Schmerz dann aber auch ins Psychische. Einfach weil es auch in der Seele immer wieder weh tut, wenn der Körper nicht so mitmacht bei dem, was man sich so fürs Leben erhofft hat.

In diesen Momenten hilft mir Schreiben.

Die krausen, dunklen, müden Gedanken aus dem Kopf ziehen, in einen Satz gießen, den nächsten dran hängen, einen nach dem anderen. Bis das Gewusel in Herz und Hirn leichter wird und aus dem Buchstabensalat ein Hoffnungslachen herausgrinst.

Das ist so, als wäre der Grundhumor unter einer dichten Decke an „warum, wieso,weshalb„, „immer ich, immer auf die Kleinen, immer dann wenns grad am wenigsten passt“ und „f* the system, rutscht mir alle den Buckel runter, keiner versteht mich…“ vergraben.

Mit jedem Wort, das ich in so einer Situation schreibe, wird die Decke leichter, der Druck vom Dreck geringer und meist merke ich erst beim Schreiben selbst, was mich da so niederdrückt, mir die Seele dunkelt, so richtig auf den metaphorischen A… geht…, pardon, die Nerven belastet.

Geschrieben habe ich immer schon gerne und meist mehr, als ich sollte. Mir geht es da wie weiland dem alten Goethe: Ich kann lange Briefe leichter schreiben als kurze.

Wenn es um konkrete Infos geht, schaffe ich es mittlerweile flott auf den Punkt zu kommen (denk ich und danke da der guten Gitte Härter für ihr Konzipieren-Coaching ;). Das hilft auch bei angefragten Beiträgen, wo man exakt auf bestimmte Zeichenzahlen hintippen muss.
Aber das ist „normales“ Schreiben.

Schreiben aus Spaß` an der Freud´, um zu entlasten, um Trauer oder Freude zu verarbeiten … funktioniert anders. Das fließt aus dem Herz in die Tasten, das Hirn steht nur beobachtend daneben und die Seele hat Zeit, den Gedanken und Emotionen den Raum zu geben, die sie brauchen, um verarbeitet zu werden.

Eines meiner bevorzugten „Therapiegeschreibseln“ sind Briefe. Und zwar von der Art, wie man sie selten bis nie abschickt. So habe ich vor ein paar Jahren angefangen meinen Crohn geistig zu bearbeiten.

Bearbeiten: Das ist kein Vertipper, sondern eine Mischung aus „verarbeiten“, „aufarbeiten“ und „mal ordentlich die Meinung reingeigen“.

Ich saß viele, all zu viele Tage allein daheim, darauf wartend, dass mein Körper den Kampf gegen den crohnischen Angriff gewinnt. Darauf wartend, dass die Medikamente das tun, wofür sie gedacht sind. Darauf wartend, dass die Schmerzen endlich nachlassen und das Leben wieder einen guten Wert bekommt. Familie und Umfeld waren zwar hilfreich, aber die meiste Zeit mit Arbeit und dem Rest rundum beschäftigt.

Das Alleinsein widerum sorgte irgendwann für sehr mühsame Gedanken – da waren so viele Dinge, die ich aussprechen, sagen, loswerden wollte. Aber keiner da, dem ich sie sagen konnte … oder wollte. Denn das, was da so drückte, war nichts, was mein Umfeld betraf. Der Frust, der da um mich herumkroch, hatte keinen Urheber oder gar Schuldigen. Er war eine Nebenwirkung der Umstände dieses crohnischen Lebens.

So begann ich eines Tages meinem Crohn, meiner Grunderkrankung, einen Brief zu schreiben. Wie es sich gehört, begann der Brief mit einer Grußformel: Lieber Herr Crohn …
Weiter ging es dann eher weniger lieb, meist sehr sarkastisch, fallweise drollig und dann und wann auch sehr dusterdunkel bis krachwütend. Einmal begonnen, begannen die Worte zu fließen und das Dunkel innen drinnen wurde lichter.

Neben dem lieben Herrn Crohn, der schlussendlich dann meinem Blog hier auch den Namen gegeben hat, schrieb ich auch noch an andere, die es physisch so nicht gibt, denen ich aber unbedingt endlich mal ein paar Worte widmen wollte:

  • Meinem Frühstückstoast, der mich in guten und in schlechten Zeiten immer begleitet, der aber in besonders schlechten Zeiten, wenn die Antibiotika den Appettit wegradieren, kaum Ansprache fand.
  • Der Hoffnung, die dann und wann sehr zart auftauchte und der ich, bevor sie sich wieder verflüchtete, einfach ein paar Worte zuflüstern wollte.
  • Der Angst, die man hat, wenn man Mutter ist, krank ist und Kinder hat und eben das befürchtet, was jede Mutter mit einer genetischen Erkrankung fürchtet.
  • Den mehr oder weniger guten meinenden RatschlägerInnen, die zwar selbst ihr Leben kaum auf die Reihe brachten, aber mir detailliert erklären konnten (und noch immer können), woher meine Erkrankung kommt und was ich zu tun habe, um sie loszuwerden. Ohne im Detail überhaupt zu wissen, was das ist, dieses Morbus Crohn, oder was ich schon alles selbst versucht habe und tue und weiß.

So entstanden über 50 Briefe. Einige davon habe ich schon in meinem Blog veröffentlicht und werde immer wieder einen rausrücken. Einige habe ich sofort wieder gelöscht, denn die waren so dunkeldüstergarstigböse, dass sie besser gleich im Abgrund des Papierkorbs verschwanden.
Einige wurden ins englische übersetzt und sorgten so unter anderem in einem Pharmaunternehmen dafür, dass deren MitarbeiterInnen einen emotionalen Einblick in das Leben mit einer Erkrankung bekommen, die nicht nur den Körper, sondern auch das Umfeld intensiv betrifft.
Zwei habe ich im Rahmen der Veranstaltung „Der lange Tag des Darms“ vorgelesen.
Ein paar habe ich auch anderen zum Lesen gegeben und da tauchte dann auch die Idee auf, diese Briefsammlung als Buch herauszubringen. Weil es ja auch vielen anderen so geht, wie es mir erging, und das Thema somit etwas mehr ins Licht gerückt wird.

LieberHerrCrohnBuch 300x225 - Heilsames GetippselDiese Idee hat sich mittlerweile gewandelt. Einerseits, weil es keinen Verlag gibt (zumindest habe ich noch keinen gefunden, aber auch nicht sehr intensiv gesucht), wo dieses Thema ins Portfolio passt und selbst publizieren für mich aus diversen Gründen kein Thema ist.
Andererseits hab ich im Lauf der Zeit mehr und mehr das Gefühl, dass es eher ein Ratgeber-Buch rund um das Leben mit Morbus Crohn braucht und die Briefe im Blog besser aufgehoben sind.

Beim Briefe Schreiben selbst habe ich weder an eine mögliche Veröffentlichung gedacht, noch ob sie auch anderen nützlich sein könnten. Ich habe einfach zu schreiben begonnen und solange getippt, bis ich das Gefühl hatte, dieses Thema im wahrsten Sinn des Wortes „abgeschrieben“ zu haben. Dann war mir leichter.

Wenn ich heute schreibe, dann unterscheide ich intuitiv, ob es sich um einen „informativen“ Beitrag handelt, wo ich über etwas berichten will, ein Thema abhandle oder eine Info weitergebe – wie zum Beispiel in meinem anderen Blog kultkraftplatz.com.
Oder ob es darum geht, ein Thema zu verarbeiten, das mich emotional berührt, egal in welcher Beziehung. Letzteres ist dann mehr das sog. therapeutische Schreiben. Fallweise verschwimmen die Grenzen, das eine fließt ins andere über, beim Schreiben entwickelt sich ein Flow und am Ende bin ich dann selbst erstaunt, was da so alles steht.

Meine Sprache ist die Schrift – habe ich einmal gesagt. In geschriebenen Worten kann ich das ausdrücken, was auszusprechen nicht immer einfach ist. Ich denke zwar, dass ich mich eloquent ausdrücken kann und auch rhetorisch nicht auf den Mund gefallen bin. Aber es ist dennoch ein großer Unterschied, etwas zu sagen oder es aufzuschreiben. Reden ist mehr im Augenblick und entwickelt sich in Interaktion mit denen, die zuhören. Schreiben geht tiefer in das persönliche Empfinden, sorgt für einen Dialog mit sich selbst, gibt einem die Zeit, um Worte und persönliche Gefühle zu verbinden und dadurch eine neue Perspektive zu erfahren.

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Look & Feel

Als mir beim crohnischen Briefeschreiben die Worte und Themen ausgingen, habe ich begonnen, Cartoons zu zeichnen. Da wurden dann die nicht aussprechbaren Dinge, die man auch mit den besten Worten nicht beschreiben kann, abgegearbeitet. Denn irgendwann stößt man an die Grenze der beschreibbaren Welt und dann ist es gut, wenn man noch ein paar Bilder im Talon hat.
Aber das ist eine andere Geschichte 😉

Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick in die Hintergründe meiner Buchstabenwelt geben und freue mich, dass ich die Blogparade vom Unruhewerk noch rechtzeitig vor Ende entdeckt habe.

Schaut euch doch auch die anderen Beiträge dort an, ist alles sehr spannend! Die Blogparade geht noch bis Mitternacht des 23. Februar 2018. Alle Infos dazu findet ihr hier.

Liebe Maria Al-Mana,

Vielen Dank für deine Idee! Finde ich ganz grandios und ich hoffe, mein Beitrag ist von der Art, wie du sie dir gewünscht hast.

Ganz herzliche Grüße,

Michaela

Allgemein

Meine situativ-finale Löffelliste – und eine Verlautbarung

Alle Jahre wieder ruft der Totenhemd-Blog im November zu einer Blogparade auf. Ich war die letzten beiden Male dabei – und heuer mache ich zum dritten Mal mit. Meine früheren Blogbeiträge zu diesem allherbstlichen Bloghighlight sind hier und hier zu finden.
Das Thema ist auch heuer wieder ein sehr feines und – wie es der Zufall will 😉 – gerade sehr stimmig für mich: Es geht um die Löffelliste.
Also all das, was man tun, machen, erleben will, ehe man den Löffel final abgibt und sich im Holzpyjama zur letzten Ruhe bettet (oder betten lässt).

Ich hab schon einmal eine solche Liste geschrieben, aber da ging es um einen Lebensabschnitt, der mit einem wichtigen Einschnitt beendet wurde: Meine Bucket-List vorm Cut Off. Das ist nun schon wieder 1,5 Jahre her. Einen Teil davon habe ich vor der OP geschafft, den Rest konnte ich dann im Nachhinein, in Ruhe genießen und manches war dann irgendwie nicht mehr so prioritär.

Aber bei dieser Blogparade geht es um die große, die richtig finale Löffelliste. Und ich denke, dass da jeder eine hat, auch wenn die nicht jeder so benennt.

Meine gab es auch irgendwie schon immer, unter unterschiedlichen Namen und der Inhalt hat sich mehrfach geändert – teilweise grundlegend.
War es früher die „wenn die Kinder mal groß sind“ oder die „wenn die Schule vorbei ist“-Liste, kamen im Lauf der Zeit die „wenn ich in Pension bin“ und „aber sobald [hier ein Ereignis nach Wahl einsetzen] vorbei ist, dann!!„-Liste dazu. Alles Teilkapitel einer sich stetig wandelnden Löffelliste.

Und nun ist es soweit: größer werd ich nimmer, die Kinder sind es schon, die Schule ist in Summe dreimal erfolgreich abgeschlossen (einmal in meinem Namen, zweimal als mütterliche Begleitung). In Pension bin ich krankheitsbedingt bereits und die diversen „aber-dann“-Ereignisse sind auch geschafft.

Doch der größte Motivationspunkt, warum ich diese Blogparade rund um die Löffelliste so wunderbar passend finde:

Ich werd dieses Jahr 50.

50erGrafik - Meine situativ-finale Löffelliste - und eine Verlautbarung

Ein halbes Jahrhundert Erdenleben.
Mit vielen Ups und ebenso vielen Downs (aber irgendwie lieg ich immer ein Up in Führung, das macht Mut 😉 ).
Mit vielen Begegnungen und auch nicht wenigen Abschieden, einigen davon schmerzhaft und traurig, einige davon mit Erleichterung.
Das sind Türen auf und wieder zu gegangen, Ideen wurden geboren, ausprobiert und fallengelassen oder ins Repertoire aufgenommen.

50 Jahre sind viel – aber ich gesteh: sie kommen mir wenig vor, sind schnell vergangen und ich habe das Gefühl, dass ich innerlich mit den Jahren jünger wurde, je mehr mein Körperchen gealtert ist.
Das mag sich im Außen vielleicht optisch anders geben 😉 aber innen drin reife ich mich langsam immer mehr zu der Pippi Langstrumpf, die ich mir vor gar nicht allzu langer Zeit als Superheldin gewählt hab.

Einige Erlebnisse in diesen 50 Jahren haben es rückwirkend auf meine Löffeliste geschafft – wie zum Beispiel die Reise nach Japan. Eine überraschende Destination, die ich mir so kaum gewählt hätte, die für mich aber vielleicht gerade deswegen ein wunderschönes, intensives und kraftvolles Erlebnis war. Das war ein Punkt, den ich nachträglich als absolutes Highlight in die Liste der abgelöffelten Punkte aufgenommen habe.

Viele sagen, dass der 50er die Lebensmitte kennzeichnet – was rein statistisch nicht stimmt, da liegt man in dem Alter schon mehr als nur eine Haaresbreite überm Mittel.

Rein von dem her, was ich persönlich an Lebenserwartung zu erwarten hätte, statistisch und gesundheitlich berechnet, mit dem Versuch, all die Übel, die ich als Minuspunkte in Abzug bringen muss (Erkrankungen, Medikamente, schon Er- und Überlebtes …), plus dem, was mir aus dem Genpool mitgegeben wurde … komme ich dennoch nicht auf die Lebensmitte, sondern steh mit beiden Beinen schon mehr oder weniger weit auf der abwärts geneigten Seite.

Was mich weniger traurig macht, als es vielleicht klingt. Es ist so, ist gut so und wie es wirklich gewesen sein wird, werden wir erst sehen, wenn es war.

Dennoch: Es wird Zeit sich mit der finalen Löffeliste auseinanderzusetzen, eine Inventur zu machen, ein paar Punkte auszutauschen und die Umsetzung der vorhandenen Highlights in Angriff zu nehmen. Weil: auch wenn ich mich innerliche von Jahr zu Jahr kindlicher fühle, geht es rein körperlich doch deutlich in die andere Richtung.

Also:

Was hab ich schon geschafft, was soll demnächst passieren und was wäre schön, wenn es sich noch ausginge?

Meine finale immer-wieder-anders-Löffeliste

  • Zum Nordkapp reisen, langsam und mit vielen Zwischenstopps
    Mein Sohn war dieses Jahr dort, hat mir Bilder gezeigt, viel von dieser schönen Reise erzählt und als seine Karte ankam, lange nachdem er schon wieder retour war, war für mich klar: da will ich auch hin! Irgendwie und irgendwann.
  • Malta und Gozo sehen, die Tempel dort besuchen
    Und zu dem Zeitpunkt, wo dieser Beitrag erscheint, sollte ich das bereits geschafft haben. Denn diese Reise stand für mich im Oktober 2017 am Programm 🙂
  • Stonehenge und Glastonbury
    Wer meine Blogs kennt, der weiß, dass Kult und Kraftplätze seit langem mein Ding sind. Ich kann an keinem alten Steinhaufen vorbeigehen ohne da hinzuspüren, reinzulauschen, nachzugraben und rumzurecherchieren. Ein besonders berühmter Steinhaufen fehlt da noch auf diesem Löffellisten-Abschnitt und das ist Stonehenge. Dieses Erlebnis hab ich mal grob für 2018 geplant. Mal sehen wie es mir auf der Malta-Reise geht, dann weiß ich, ob ich England schaffe.
  • Schottland besuchen und am Loch Ness stehen
    Hach, die Highlands sehen, nach Nessie Ausschau halten, kein Haggis essen, aber dafür den Loch Lomond und vieles mehr besuchen – Yepp, das ist ein großer Fixpunkt für irgendwann in den nächsten Jahren.
  • Via Wild Altantic Way zum Giants Causeway nach Nordirland reisen (und dabei die alten irischen Lieblings-Hadern singen)
    Im Herzen bin ich Irin, kenne die grüne Insel seit meiner Kindheit, habe wunderbare Freunde – besser: eine Irish-Family – drüben gefunden und jeder Besuch ist ein nach Hause kommen.
    Der Westen Irlands ist eine Landschaft von unbeschreiblicher Schönheit und leider war ich dort bisher immer nur tageweise oder auf der Durchreise. Viele besondere Teile kenn ich gar nur aus Büchern. Das muss anders werden und darum: When will you bring me, my Love, I ´m counting down the days, … (link)
  • Auf den Aran Islands eine Meditationswoche verbringen
    Die Arans sind Irlands westlichste Inseln und bei all dem, was es in Irland an Schönheiten gibt, sind sie doch etwas ganz besonderes. Ich war zweimal dort, hab das alte Fort besucht, bin über die Steinwälle geklettert, habe in den wilden Atlantik hineinphilosophiert, den besten Fudge der Welt gegessen … und für mich beschlossen, irgendwann dort eine ganze, intensive, ruhige, atlantische Aran-Woche zu verbringen, zwischen den endlosen Steinmauern ziellos zu wandern und den Ozean zu Füßen genussvoll ins Weite zu schauen. Yes.
  • Mit einem Wohnmobil verreisen, ohne Plan, und da stehen bleiben, wo es mir gefällt
    Ich muss nun gestehen, dass ich im Grunde genommen gar nicht gern verreise – korrigiere: Ich bin zwar schon gern woanderes, aber das Packen und dort hin kommen geht mir gewaltig am Senkel … nein: ICH HASSE ES.
    Mein inneres Reisetempo ist mehr in Richtung Postkutschengeschwindigkeit. Je nachdem wie lange die Anreise dauert, brauche ich ein paar Stunden bis 1-2 Tage Pause.
    Ich bin der Indianer aus der Geschichte mit der Eisenbahn, die ihn so schnell von A nach B brachte und wo er sich dann unter den nächsten Baum setzte, damit er in Ruhe warten konnte, bis seine Seele nachgereist kam.Bei all dem gern woanders-sein vermisse ich zwei Dinge besonders intensiv:
    Mein Bett – weil mein Kreuz das ist, was mir an den meisten Tagen am meisten weh tut und mein eigenes Bett so ist, dass sich das in der Nacht zumindest nicht verschlechtert.
    Mein Klo – weil ich mir zwar keine Häuslphobie leisten kann (der Herr Crohn hat mir das abgewöhnt), aber auch in guten Zeiten immer ein WC in der Nähe haben will, sofern man sich nicht flotterdings in die Büsche schlagen kann.Vor ein paar Jährchen ist mir die Freiraumfrau im Internet begegnet und ich habe ihre Geschichte vom Freiraumbus mit großem Interesse verfolgt. Wohnmobile waren mir bis dahin als spießiger Höhepunkt dessen, was ich niemals nie und nimmer tun will, erschienen.
    Aber: Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann. Man sollte sich dann und wann von seinen Cliches verabschieden können.
    Ich hab zwar noch keine Ahnung, wie meine spezielle Idee dieses speziellen Gefährts sich ohne allzu spezielles Glück und andere Spezialitäten umsetzen lässt. Aber ich mach mich mal ans Wünschen.
  • Lernen, mit leichten Handgepäck zu verreisen, ohne das ich das Gefühl habe, dass ich zu wenig mit habe oder etwas vermisse
    Das ist nun einer der Punkte, die nach „man sollte“ klingen und so gar nicht nach einem Highlight, auf das man am Ende seines Lebens beglückt zurück blickt.
    Aber Kofferpacken ist etwas, was mir jede Reisevorbereitung zusätzlich zum „normalen“ Stress (siehe oben) vermiest. Ich bin schon besser als früher, aber da ist noch viel Luft nach oben. Ballast loszuwerden, indem man ihn erst gar nicht mitnimmt, und genau die Dinge dabei zu haben, die man braucht, ohne die anderen zu vermissen und ohne ewig lange herum zu suchen und x-mal umzupacken – hey Leute, das ist eine Superkraft, die ich unendlich gern hätte.
  • Canada besuchen und den Indian Summer sehen
    … yep, ich weiß, meine Löffelliste ist sehr reiselastig (oder reiselustig?). Ist so und darf so sein. Schlussendlich soll man mindestens einmal im Jahr wohin fahren/gehen, wo man noch nie war und ich hab ein paar Jahre aufzuholen 🙂
  • In jedem Bundesland Österreichs 3 Kult/Kraftplätze besuchen, die ich noch nicht kenne
    Auch daran „arbeite“ ich gerade, im Sinne von: Planen, recherchieren, suchen … finden … und auch hier denke ich, dass mich das Wünschen am ehesten ans Ziel bringen wird.
  • Meine 1,2,3 Bücher (fertig)schreiben
    Hach, das ist der Punkt, wo ich am meisten mit mir hadere – denn rein inhaltlich wäre genug Stoff beisammen, teilweise auch schon gut sortiert und teilkonzipiert. Aber irgendwie fehlt mir noch der Biss, der Antrieb (=Arschritt), der Funken, das Wasweißich, um Nr. 1, 2 und 3 final in die Gänge zu bekommen. Aber mein Gefühl sagt mir, dass sich auch das in Bälde ändern wird und wer weiß – vielleicht kann ich in einem Jahr ja schon eins dieser Bücher von meiner Löffelliste streichen.
  • Auf den Hochschwab wandern, zum Gipfel, wie damals, mit meinen Großeltern, und oben einen zünftigen Kaiserschmarrn völlern
    Der Hochschwab ist ein hübsch gewaltiger Berg in der Steiermark. Auf seinem vorderen Ausläufer, der Bürgeralm, hab ich vor vielen Jahren als Kind schifahren gelernt. Über seine Almen und Sub-Gipfel bin ich mit meinen Großeltern gewandert. Im Zuge meiner mehrmaligen Reha-Aufenthalte in seinem Schatten, im schönen Aflenz, war ich auf einigen seiner zahlreichen Wanderwege unterwegs. Aber ich hab es bisher noch nicht wieder auf den Gipfel raufgeschafft und genau da will ich wieder hin. Nicht nur wegen dem unbeschreiblich tollen Gefühl, wenn man dann da oben steht und weiß, warum man sich hinauf gequält hat. Auch der traditionelle Kaiserschmarrn in der Hütte gehört dazu. Ist ein Gesamterlebnis, ein sehr schönes.
  • Einen Falken oder Bussard am Arm halten und einer Eule über das Gefieder streichen
    Das ist ein Punkt, den ich mir von einer lieben Freundin geborgt habe – besser: übernommen. Denn sie hat das heuer erlebt und war begeistert. Ich meinerseits finde diese schönen Vögel seit jeher sehr faszinierend, sehe sie immer wieder am Himmel fliegen (die Eule eher selten, aber auch die ist mir schon ein paar Mal begegnet) und würd sie gerne ein wenig näher kennenlernen.
  • Island besuchen, in einer heißen Quelle baden und auf einem Isländer tölten
    … und wenn ich dann noch einen passenden Isländerpullover finde, tja, dann wär mein Island-Löffellistenschwerpunkt 110%ig erfüllt 🙂
  • Tin Whistle und Bodhrain spielen
    Das eine ist die Metallflöte, die bei den typisch irischen Musikstücken immer so hübsche Solos trällert. Das andere ist die irische Rahmentrommel, mit der gleichfalls sehr typisch irishe Trommelmelodien möglich sind.
    Beides mal probieren und/oder gezeigt bekommen, wie es gehen könnte … dat wär supa!
  • Eine CD mit selbstgesungenen Liedern aufnehmen (nur für mich und some special friends zum Anhören 🙂
    Singen tu ich schon lange, nehme nun nach langer Zeit auch wieder Gesangsstunden und ein bisschen habe ich diesen Punkt schon teilerfüllt: Auf der CD einer Freundin hab ich im Background ein wenig mitgezwitschert.
    Eine eigene CD, einfach so, aus Spaß an der Freud, mit lauter Liedern, die mich in den letzten Jahren begleitet haben, wünsch ich mir schon lange … um was zu haben, in das ich an tonlosen Tagen erinnernd hineinhören kann. 
  • Jodeln lernen
    Dieser Punkt ist auch bereits zur Hälfte erfüllt: Letztes Jahr war ich auf einem zweitägien Jodel-Workshop bei Heidi Clementi und ich sags euch – das ist echt supertolllässigschön! Und hat rein gar nichts mit dem Loriot-Sketch zu tun  😉 .
    Ein Minuspunkt trübt die Begeisterung: Laut Heidi kann man allein nicht richtig jodeln … es braucht immer 2-3 Stimmen, damit dieser wunderbare Klang entsteht. Und es braucht meiner Meinung nach bei mir noch 1-2-3 Übungseinheiten, damit meine Zunge und die Kehle sich dem Jodelgehabe stilsicher widmen können.
  • Meinen 50. Geburtstag genussvoll feiern und den jährlichen Birthday-Blues rechtzeitig zum Teufel jagen
    Ich sags wie es ist: Ich hab null Problem mit meinem Alter, finde jedes Jahr mehr wunderbar – zeigt es doch, dass ich wieder ein Jahr erfolgreich überlebt habe.
    Aber ich mag meinen Geburtstag nicht. Seit ewig schon nicht.
    Jedes Jahr stellt sich der Birthday-Blues ein und wenn ich nicht schon lange im Vorfeld behutsam plane und sehr vorsichtig agiere, dann rutsch ich in eine handfeste Depression rein. Pünktlich am Tag danach ist die wieder Geschichte und ich frage mich einmal mehr, welcher Irrsinn mich da wieder heimgesucht hat.
    Ich habe das Datum auch auf keinem meiner Profile publiziert und nur die, denen es wichtig ist und die mich danach gefragt haben, kennen es. Geburtstage sind meiner Meinung nach etwas sehr intimes und sensibles.
    Mag sein, dass es bei mir mit dem Datum zusammenhängt – eine Tag nach Allerseelen, also genau zu den Totentagen.
    Mag sein, dass es damit zu tun hat, dass mein Bruder 3 Tage vor mir Geburtstag hätte, aber den seit 30 Jahren nicht mehr feiern kann, weil er mit 24 ertrunken ist.
    Mag sein, dass ich mir das nur einrede und aus Gewohnheit alle 365 Tage in die innerlich programmierte Frust-Traurigkeit rutsche.Egal, ich weiß das es so ist und darum habe ich beschlossen, dass ich versuchen will, die traurige Tradition zu meinem 50er zu durchbrechen: Dieser Geburtstag wird verlautbart und gefeiert (in ein paar Wochen, alles schon geplant 🙂 und ich sage (schreibe) hiermit laut (kann man das? Laut schreiben?):
    Ich habe Geburtstag.
    Nämlich heute.
    Den fünzigsten.Und damit habe ich einen Teil dieses Punktes von meiner Löffelliste erfüllt 🙂

Danke für die Mithilfe, liebes Totenhemd-Blog-Duet!!!
Denn die beiden haben mir extra diesen Termin freigehalten und das hat mich schon im Vorfeld irr gefreut und Mut gemacht 🙂

Ein wichtiger, letzter Punkt fehlt nun noch auf meiner Löffelliste und das ist vermutlich der schwierigste:

  • Den Herrn Crohn, mitsamt seinen unleidlichen GenossInnen, wie Mrs. Migraine, Madame Fatigue und sämtlichen kranken und chemischen Special Effects, zum Teufel jagen, ehe ich den Löffel final abgebe.

Liebe Petra und liebe Annegret,

Einmal mehr danke ich euch für eure wunderbare Idee und im diesjährigen Fall auch ganz innig für das terminliche Entgegenkommen!
Ich liebe diese jährlichen Blogparaden und eure Blog-Idee ist ja sowieso etwas sehr besonders.

Alles Liebe und nochmal: DANKE für die Mithilfe beim Erledigen eines meiner Löffellistenpunkte!

Herzlichst,

Michaela – MiA

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