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Innige Weihnachtswünsche für Crohnies & Co.

Alle Jahre wieder läutet das Christkind und im Vorfeld kommen familienseitig Anfragen, was denn heuer im Strumpf sein soll.

Alle Jahre wieder grübel ich – soll ich mich für kleingeistig-egoistische persönliche Wünsche stark machen, die nur mir persönlich Freude machen? Oder den Horizont erweitern und umfassende, globale Wünsche aussenden, die neben meiner Person auch noch für andere gut sind?

Klar, kann man ja auch beides machen, aber in beiden Fällen bleibt die Frage: Was soll ich mir nun wünschen? Denn im Detail ist es schon ein wenig kompliziert.

Zum Beispiel die Sache mit dem Weltfrieden: Haben wollen ihn alle, aber eben nur zu den eigenen Bedingungen, womit sich die Frage erhebt, wessen Argumente/Bedingungen die besseren sind und bei dieser Schlammschlacht bin ich echt überfordert.

Das mit Gesundheit für alle wäre ja ein supertoller Wunsch, aber: Die Grenze zwischen Gesundheit und Krankheit ist fließend und manch einer behauptet, dass die ultimative Heilung sowieso erst mit dem Tod stattfindet. Was ich ehrlich gesagt nicht bewiesen haben möchte.

Erfahrung hat mich zudem gelehrt, dass man seine Wünsche sehr direkt und konkret äußern muss, a la: Nicht ein Buch, sondern ein bestimmtes Buch, mit Titel, Autor und ISBN Nummer (apropos: Falls du noch eines suchst, hier wäre eines von mir und im Link findest du direkt alle notwendigen Daten 🙂

Da ich weiß, dass Wünsche oft spontane Gesellen sind, notiere ich mir meine auf einer Liste am Handy und sortiere dann vor Geburtstag und Weihnachten aus, was nicht mehr aktuell ist. Damit hab ich dann im Fall des Falles weniger Stress und wunder mich zugleich, auf welch seltsame Ideen mich das Jahr so gebracht hat.

Soweit zu meinen Wünschen, ABER man darf sich ja auch für alle anderen rundum etwas wünschen und daran nage ich immer wieder, speziell wenn ich Weihnachtskarten mit Wünschen an andere Crohnies, Freunde und Verwandte schicke. Was wünscht man denn anderen so, dass man das Gefühl vermittelt, man hat sich Gedanken gemacht und überlegt, was die/der andere gut brauchen kann im Leben, auf ideeller Basis. Im Lostopf sind meist Freude, Spaß, Glück und gute Tage, die Klassiker also. Immer genug Geld am Ende des Monats ist schon etwas spezieller und vor allem für chronisch Kranke meist ein Traum.

Womit ich zu einem Thema komme, dass sich mir dieser Tage auf ungute Art eröffnet hat und wo ich sicher bin, dass sich alle andere in ähnlicher Situation freuen würden, wenn man das endlich glücklich lösen könnte. Womit sich wiederum ein schöner Wunsch ergibt, den ich dem Universum ans geneigte Herz legen will:

Liebes Universum,

bitte beseitige die Hürden und das Chaos mit der Regelung der Rezeptgebührenbefreiung, mache sie leichter zugänglich und verständlich und finde einen Weg, dass chronisch Kranke endlich bessere Konditionen bekommen, als aktuell vorhanden.

Danke im Voraus,

mit innigsten Wünsche für den Wohlergehen und den allerherzlichsteb Grüßen,

Michaela

Damit andere den Hintergrund diese Wunsches verstehen, muss ich etwas ausholen:

In Österreich wird von der Krankenkasse eine Rezeptgebühr eingehoben, die aktuell (Stand 2022), bei 6,22 Euro liegt. Dieser Betrag wird für jedes Medikament eingehoben, das von den Grundkosten her über diesem Betrag liegt.

Das ist einerseits gut, denn viele Medikamente, für Crohnies und andere chronisch Kranke, wären ansonsten unerschwinglich für die PatientInnen. Andererseits steigt die Rezeptgebühr kontinuierlich an und alle Medikamente, deren Kosten darunter liegen, werden zwar um den günstigeren Grundpreis hergegeben, ABER – und das ist ein riesengroßes ABER – sie rutschen damit NICHT in die Berechnung für die Rezeptgebührenbefreiung hinein*. Denn ab einem bestimmten Betrag, den man für gebührenpflichtige Rezepte ausgibt, ist man von der Gebührenpflicht befreit. Das sind aktuell 38 Rezepte, die man in einem Jahr zu bezahlen hat (mit besagten 6,22 Euro je Medikament). Hat man diesen Betrag bezahlt, hat man den Rest des Jahres „gebührenfrei“. Bis auf die Medikamente, die unter der Gebühr sind und alle anderen Medikamente, die man sich privat zahlen muss, weil sie von Seiten der Krankenkasse als nicht wichtig erachtet werden (Z.B.: Nahrungsergänzungsmittel, so gut wie alle Vitaminpräparate, auch wenn sie ärztlicherseits verordnet werden, diverse Schmerzsalben, die meisten Cremen und Salben für Hautprobleme, etc.).

Es bleibt damit noch immer ein großer Brocken, der von den PatientInnen selbst gestemmt werden muss. Doch immerhin: Man bekommt einen Teil, vor allem auch die richtig teuren Mediks, für den Rest des Jahres ohne Rezeptgebühr.

Außer es passiert etwas beim Einbuchen. Was ich dieser Tage erlebt habe und plötzlich, obwohl seit Oktober schon „befreit“ , eine richtig fette Rechnung bezahlen musste, um an meine Medikamente zu kommen. Auf meine leicht fassungslose Frage, warum das so sei, kam als Antwort, dass das im System eben so eingetragen ist und „man“ da grad nix machen kann. Ich sollte mich an die ÖGK wenden, die könnten den Knopf lösen. Das tat ich, der Knopf wurde umgehend gelöst, die Ursache habe ich nicht wirklich verstanden, und das Geld ist dennoch weg. Doch es wird mir netterweise fürs nächste Jahr „gut geschrieben“. Ich rutsche dann um diesen Betrag früher in die Gebührenbefreiung.

Wer da welchen Fehler gemacht hat, wird nie geklärt werden, außer: Meiner ist es nicht. Aber ich bin die, die dafür bezahlt. Zinsen gibt es logischerweise keine.

Das mögen manche jetzt vielleicht als Jammern auf hohem Niveau sehen. Doch wenn du chronisch krank bist und dauerhaft Medikamente nehmen musst, dann ist ein recht großer Teil deines Einkommens fix gebunden für diese Dinge. Womit das Ende des Geldes oft früher kommt als das Ende des Monats.

Ich bin wirklich glücklich, dass ich in einem Land lebe, das ein einigermaßen gut funktionierendes Gesundheitssystem hat. Ehrlich. Auch wenn dieses System zunehmend kriselt, ist es um vieles besser als das, was man in vielen anderen Ländern der Erde hat. Aber das bedeutet nicht, dass man es nicht optimieren kann.

Darum mein obiger Wunsch. Darum die Bitte, das Chaos zu beheben und es wäre nicht nur toll, sondern echt sensationell, wenn man auch die Medikamente in diese Gebührenrechnung einfließen lässt, die unter der Rezeptgebühr liegen. Und wenn ich schon dabei bin, wünsche ich mir auch ganz frech und wild, dass man die gebührenbefreiende Einkommensgrenze für chronisch Kranke auf ein realistisches Niveau bringt. Von ausreichend Kassenpraxenterminen für Physio- und Psychotherapie in sinnvoller zeitlicher und räumlicher Reichweite ganz zu schweigen – DAS wäre toll, sensationell und megaaffengeil. Der Himmel auf Erden quasi.

Vielleicht hilft es ja, wenn ich diese Wünsche dem Universum mitteile. Und wenn sich das noch ein paar andere auch wünschen, tja, DAAAANN könnte ja vielleicht ein universelles Wunschmolekülchen in Bewegung kommen und möglicherweise etwas in Gang setzen, was dann irgendwann zu einer Wunscherfüllung führt.

Lacht nur 😉 Träume und Gedanken sind bekanntlich frei und ich glaube, dass Wünsche auch dazu gehören. Geschadet ist damit jedenfalls niemand, also: Lasst uns fröhlich wünschen!

Aber nun zu den wirklich wichtigen Wünschen. Nämlich die von mir für DICH:

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, …

  • dass du jederzeit eine freie, bequeme und saubere Toilette in der Nähe vorfinden, wenn du sie brauchst.
  • dass du immer genug weiches WC-Papier in Reichweite hast.
  • dass dich bei deiner nächste Koloskopie schöne Träume begleiten und die ausführenden ÄrztInnen ein zartes Händchen haben, damit sie dich nicht zwischendurch wecken.
  • dasss deine Medikamente gut, dauerhaft und nebenwirkungsfrei wirken.
  • dass sich deine Blutwerte aufrichtiger Norm erfreuen.
  • dass dein Calprotectin auf Normalniveau residiert.
  • und vor allem: dass dein Crohn in einem laaaaangen, tiefen Remissionsschlaf versinkt!

Hab es hübsch, warm und fein, mach es dir so gut es geht gemütlich in der berühmten Zeit zwischen den Jahren, aber unbedingt auch davor und danach. Lande sanft im neuen Jahr und möge sich all das, was DU dir wünscht, zu deiner Zufriedenheit erfüllen!

Herzlichst,

Michaela


Es gibt auch eine Rezeptgebührenbefreiung, die man automatisch bekommt, wenn man vom gemeinsamen Familieneinkommen her unter einer bestimmten Grenze liegt. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Grenze sehr, sehr niedrig angesetzt ist und man wirklich sehr, sehr wenig Geld zur Verfügung haben muss, damit man dauerhaft Gebührenbefreit ist. Oder wie es jemand unlängst sagte: Zum Glück liegen wir darüber, sonst wäre das Leben unleistbar. 

Briefe aus dem Leben mit CED

Öhm, … noch wer da?

Hallo …?

Räusper … hm … also, ich weiß nicht, wie ich beginnen soll.
Bin etwas eingerostet, innerlich und äußerlich.
Was, mangels Regen, nicht an der Luftfeuchtigkeit liegt, sondern an einer sehr, sehr langen Pause. Einer immens langen Pause, in internetten Blog/Social Media-Zeiten.

Der letzte Beitrag kam Mitte November 2021. Nun haben wir die Iden des März 2022 – also den 15.03. und das sind somit … ach, rechne das mal ein anderer aus, mein Kopf mag noch keine Zahlen jonglieren.

Jedenfalls isses megalange her, dass ich ein Lebenszeichen via Blogbeitrag ausgeschickt habe und es ist viel passiert in dieser Zeit. Andererseits auch wieder nicht so viel, verglichen mit dem, was in diesem wundervollen Habitat geschieht, das man Planet Erde nennt und auf der eine Spezies namens Mensch gerade ihre Spezien-Pubertät auslebt. Was bei manchen Exemplaren dieser Spezies zu sehr verrückten Zügen führt, was wiederum andere Exemplare dieser Spezies in arge Not, Angst und Bedrängnis bringt und in Folge dann zu anderen Verrücktheiten motiviert.
Aus Notwehr oder aus Berechnung, je nachdem.
Womit eine grausige Kettenreaktion an Ereignissen entsteht, die dafür sorgt, dass sich die Mehrheit dieser Spezies täglich beim Wachwerden fragt, ob die Welt noch steht und ob man es wagen kann, die Augen zu öffnen.

Also ich frag mich das zumindest aktuell tagtäglich. Und nicht immer hab ich das Gefühl, dass es gut war, dem Morgen ins Gesicht zu blicken. Speziell dann, wenn der zweite Blick Richtung Nachrichten geht. Was ich mittlerweile großteils vermeide, womit der zweite Blick in den Tag deutlich an Qualität gewonnen hat.

Wenn es mir gelingt die Katastrophen der menschlichen Spezies aus meinem Gesichtsfeld auszublenden, ist es eigentlich ganz ok. Also mir geht´s eigentlich ganz ok. Womit sich ein egozentrisches, fragiles, aber nichts desto trotz auch wieder sehr schönes, weil heiles, individuelles Weltbild ergibt. Meistens.

Ok, nicht meistens. Aber immerhin doch recht oft und das ist an sich schön.

Eigentlich.

Weil: Darf ich sagen, dass es mir … gut geht? 
Oder darf man das nicht mehr, weil es so vielen schlecht und schlechter geht?

Darf ich mich zart, still und leise darüber freuen, dass meine Kraft zart, still und leise wieder am Wachsen ist? Und die unliebsamen WeggefährtInnen meinereiner, die ich im Lauf eines (in den letzten Jahren ziemlich kranken) Lebens aufgegabelt habe, gerade eine chillige Pause einlegen bzw. relativ friedlich geworden sind?

Darf es mir gut gehen, wenn die Welt täglich aufs Neue droht zu zerbrechen?

Darf ich sagen, dass es mir gut geht, obwohl ich dennoch krank bin und es bis an mein Leben sein werde, weil die obigen, unliebsamen WeggefährtInnen fiese Kackbratzen sind und sich so fix-fest eingenistet haben, dass man sie als chrohnisch und unheilbar tituliert?

Geht es mir überhaupt objektiv gesehen gut, so lange ich Medikamente nehme … nehmen muss? Weil es ohne nicht lang gut geht und ich trotz geht-gut auch hin und wieder Schmerzhämmerchen* brauche? Und weil es mir nur deshalb gut und besser geht, weil ich mit Therapien und TherapeutInnen und diversen Lebensfreude-Motivationen tagtäglich darum kämpfe, dass es mir grundsätzlich gut geht?
Auch an Tagen, wo es mir nicht gut geht? Weil die gibts ja auch noch zur Genüge und auch darum weiß ich nicht ob ich mit Fug und Recht sagen kann, dass es mir gut geht, wenn es mir doch nicht immer gut geht?

Ist es denn dann überhaupt ein Gut-Gehen, wenn es nicht von selbst gut ist oder gut geworden ist?

Und darf man heute überhaupt noch mit solchen Dingen die Aufmerksamkeit seiner Mitmenschen in Anspruch nehmen, darüber schreiben, sich dazu äußern? Weil es ja wahrlich genug anderes gibt, was furchtbarer ist und dessentwegen mehr Aufmerksamkeit braucht?

Interessiert es noch jemand? Weil an der Phrase „Und, wie geht´s dir so?“ kann man das ja nicht aufhängen und ich bin sehr froh, dass man darauf keine ehrliche Antwort geben muss, keine ehrliche Antwort erwartet wird, denn ich wüsste nicht, was ich ehrlich darauf sagen soll.

Außer, dass es mir heute besser geht als noch vor ein paar Monaten. Und vielleicht gehts mir in ein paar Wochen noch besser, wenn mir nicht das Schicksal der Menschheit in mein Leben hineinkrätscht oder sich mein Karma hinterrücks zu irgendwas Konspirativem entschieden hat, was meiner wackeligen Lebensplanung einen Strich durch die Rechnung machen könnte.

Jedenfalls:

Ich lebe noch und die meiste Zeit bin ich heute glücklicher darüber, als noch vor nicht allzu langer Zeit, wo mich Madame Migraine die Hälfte der Tage mit ihrer Anwesenheit gequält hat und dem Wort „Todessehnsucht“ eine gewisse Schönheit verliehen hat.
Wer schon mal Migräne hatte, wird verstehen, warum das so ist. Wer Migräne nicht kennt, kann hier reinlesen. Vielleicht kommt das sowas wie Verständnis auf.

Ich habe mich nach meiner geplanten Doppel-Op im November genussvoll in die Ruhe und Stille plumpsen lassen. Sehr unelegant und mit einem grunzenden, leicht röhrenden Seufzer aus tiefster Kehle – um es metaphorisch auszudrücken. Meine Chirurgen hatten mir 4 Wochen Ruhe verordnet, dann war Weihnachten und dann … war keine Ausrede mehr da nix zu tun, außer das durch das vorherige Nixtun keine Kraft mehr da war, um etwas tun zu wollen oder können. Als ob jemand den Stecker gezogen oder auf Reset gedrückt hätte und damit all das, was ich über den Sommer an Konditiönchen** aufgebaut habe, gelöscht hat. Ich würde gerne „fies gelöscht“ sagen, aber das wäre eine Wortwiederholung und ich will meine ehemaligen DeutschlehrerInnen nicht aufwecken. Aber es war fies.

Denn das Fiese daran ist, dass es unvermeidlich war. Ich hatte 2021 drei Operationen, eine im März und eine Doppel-OP im November, mit insgesamt zwei Vollnarkosen. Ich bin keine 27 mehr, sondern 54 und da sind solche Abenteuer am Op-Tisch eine ziemliche Strapaze, vor allem wenn das zugehörige Körperchen schon einiges an Erlebnissen in der Vita stehen hat. Meine gesammelten 54 Jahre standen nach Weihnachten vor mir und haben die Rechnung präsentiert – KO.

Müde, ausgelaugt, keine Kraft mehr für irgendwas.
Keine Motivation für was auch immer.
Keine Lust auf alles.

Ich würde mich bei der mentalen Müdigkeit nun gern auf den putinösen Kolchosen-Mafiosi ausreden, der gerade die Welt in Atem hält. Aber der hat damals noch im Geheimen seine bösen Pläne geschmiedet und wir waren alle mit dem großen C und seinen pandämlichen Folgen beschäftigt. Immerhin kann ich einen Teil meiner inneren, lahmen Lust- und Freudlosigkeit diesem blöden Ding ins Portfolio schieben – Danke Corona, für nichts! Hast mich zwar nicht infiziert, aber dank deinereiner sind wir alle traumatisiert und mental matschmüde.

Tja …

So sah es aus und darum war hier Ruhe im Talon.
Als ich bei einer hausärztlichen Kontrolle mal zart auf meine Matschmüdigkeit hinwies und wissen wollte, ob es dafür vielleicht einen medizinischen Grund gäbe oder zumindest einen guten Rat, der mir den Weg zu einer Leiter aus diesem Loch weisen könnte, erhielt ich den nonchalanten Tipp, dass ich dazu einfach nur rausgehen müsste, an die frische Luft, am besten täglich.

Unser Hundemädchen, das täglich mehrmals erfolgreich dazu auffordert genau das zu tun, freuen solche Hinweise. Sie hofft dann auf eine Verdopplung ihrer Spazierzeit. Denn ich ging und gehe jeden Tag mit ihr raus, tagtäglich, in der frischen Luft, bei wirklich jedem Wetter. Egal ob ich fit bin oder mich münchhausentechnisch am Schopf selbst durch die Landschaft hinter ihr herziehe.

Die tagtäglichen Hunderunden im matschmüden Zustand haben aber weder die Laune noch die Matschmüdigkeit selbst zu beheben vermocht. Ehrlich gesagt kam ich mir bei dem sicher gut gemeinten Rat meines Arztes sehr verar***t vor. Was ich so nicht gesagt, sondern lediglich nett umschrieben habe mit „Mach ich schon, hab Hund und Garten, muss also raus, ob ich will oder nicht. Was kann ich noch tun?
Aber mehr an Rat kam nicht.

Und das tat weh.
Irgendwie.
Es schmerzte tief im Inneren, wo ich sowas wie Hoffnung auf Unterstützung von klassischer Seite gehegt habe. Um zu erkennen, dass man mit kleinen Problemen in Zeiten, wo die Welt größere hat und Menschen mit Problemen immer mehr werden, irgendwie alleine ist, wenn man sich den eigenen kleinen Problemen stellen will.

Und dann kam die Wut, was vielleicht nicht nett, aber hilfreich war. Wut auf alles und jeden, weil mir alles und jeder iwie … na ja, du weißt schon, es gibt so Momente, da könnte man …
Aber man tut´s nicht und weiß auch, dass man nichts tun wird. Aber man denkt, man könnte, wenn man wirklich wollte.

Meine Wut hat mir den Ar***tritt verpasst, der mich aus dem Münchhausigen-Schopf-Schlurf-Sumpf gekickt hat und der Flug endete, dem Glück sei Dank, auf einem Pfad, der mich zu dem brachte, was mir gefehlt hatte.

Soll bitte keiner mehr was über die Vorsehung schimpfen, Madame Zufall hat´s noch drauf und kann, wenn sie will!

Bei mir waren es meine lahmen Latschen, die mich auf den richtigen Weg gebracht haben, der mich aus diesem matschmüden Tief herausgeholt hat. Meine beiden Hallux taten weh, ich ging zum Orthopäden und lernte dort die Mehrzahl von Hallux (Hallucis) und eine nette Therapeutin kennen und erfuhr zum anderen, dass man hierorts sog. Vitalinfusionen anbot, die für meinen Zustand maßgeschneidert waren.

Manchmal kann die Lösung so einfach und nah sein. Durch die OPs, die lange Ruhe/Rekonvaleszenz in den dunklen Wintermonaten, die langen, oftmaligen Migräneanfälle und meinen crohnisch geschädigten Darm habe ich mir einen Vitamin- und Nährstoffmangel eingehandelt, der mich in Kombi mit dem chronischen Schmerz unserer verrückten Welt körperlich und mental ko geschrumpft hat. 10 Infusionen, von denen ich die Hälfe schon intus habe, und eine Physiotherapie, die mich liebevoll und streng auf Schiene schubste, haben mich zumindest soweit wieder hergestellt, dass ich das Gefühl habe, in Bälde kleine Bäume ausreißen zu können. Was ich nicht tun würde, weil ich liebe Bäume. Aber ich könnte, wenn ich wollte, und das ist ein schönes Gefühl.

Und nun ist Mitte März und ich dachte, ich melde mich mal mit einem Blogbeitrag.
Und dann waren da diese Gedanken, siehe oben.
Und tja, ich hab keine Entschuldigung für die lange Pause.
Vor allem weil ich denke, dass man sich für das, was das Leben einem ungefragt schenkt und zumutet, nicht entschuldigen kann oder muss.

Aber leid tut es mir dennoch, denn: Ich habe euch vermisst, liebe LeserInnen, liebe BlogabonnentInnen, liebe Alle, die hier dann und wann reinschauen. Ich habe mich sehr über die Mails gefreut, die in den letzten Wochen dann und wann eingetroffen sind, und über die kurzen Nachrichten via Instagram, Facebook & Co. Und über die vielen schönen Rückmeldungen zu meinem Buch „Shitstorm im Darm„, die direkt oder über andere an mich gekommen sind. Und über ein paar Anfragen und Kooperationen, die in dieser Zeit eingetrudelt sind.

All das waren und sind wunderbare Sternchen, die einen in matschmüder Dunkelheit Mut machen und Freude. Das ist mindestens so aktivierend wie die erfrischenden Vitalinfusionen und die Hunderunden mit der Wuff-Mamsell und ihren (fallweise anstrengenden) Frühlingsgefühlen.

Also:

Ich trau mich jetzt es zu verkünden, egal ob es gut ist oder nicht: Es geht mir meistens gut und gerade täglich besser. Ich bin wieder da und vielleicht kommen nun wieder öfter Beiträge, denn zu berichten gäbe es einiges und es kommt euch einiges, was vielleicht berichtenswert ist.

Ich freu mich, wenn ihr hier wieder mitlesen wollt und hoffe ansonsten, dass es euch auch zumindest gut und im besten Fall täglich besser und grundsätzlich wunderbar geht.

Das wünsche ich euch, allerherzlichst!

P.S.:

Für eine Zeichnung, einen neuen Cartoon, hat es diesmal noch nicht gereicht.
Aber beim nächsten Mal, hoffentlich 🙂

*Schmerzhämmerchen ist kein Rechtschreibfehler. Es ist meine Kreation für die Medikamente, die dem Schmerz bei seinem liederlichen Auftreten eins überbraten, damit er sich flugs zurückzieht. Zum erfolgreichen Überbraten ist ein Hammer ein ganz formidables Werkzeug. Darum hämmern meine Schmerzhemmer mit Umlaut-A.

**Konditiönchen: Sowas ähnliches wie Kondition, nur in klein und gerade soweit ausreichend, dass man glaubt, man würde bald eine richtige Kondition haben, in stabil und kraftvoll. 

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Hamster-Knock-Out

Alle sechs Wochen trete ich an.
Nicht als Boxer(in), nicht als RichterIn.
Nein: ich bin der Ring, in dem gecatcht wird.
Für einen guten Zweck und mit gutem Erfolg.

Das einzig Doofe daran: Ich bin die, die danach ko am Boden liegt.

Die Sparringpartner matchen sich, mein Favorit gewinnt und haut den Gegner, den lieben Herrn Crohn, in den Gulli. Das ist toll.
Aber der Side-Effect dabei ist, dass der Ring, mein Körperchen nämlich, dabei auf die Reservebank geschickt wird und ich einen Tag im halbdusseligen Dösdaumel verbringe.

Der Favorit, der sich hier so schlagkräftig durchsetzt, ist das Wundermittel, das seit mittlerweile über 3 Jahren die tragende Säule meiner Crohn-Therapie ist: Vedolizumab – Markenname Entyvio. Eine Infusionslösung, die alle 6-8 Wochen, je nachdem wie ko-resistent der Crohn ist, verabreicht wird.

Vedolizumab zählt zu den sog. Biologika, eine relative neue und sehr potente Medikamentengruppe, die bei Autoimmunerkrankungen zum Einsatz kommt. Dieses hier ist speziell für Morbus Crohn und Colitus Ulcerosa entwickelt worden. Es setzt direkt im Darmbereich an und soll daher weniger Auswirkungen auf den Rest des Systems haben, als andere, schon länger im Anti-Crohn Einsatz befindliche, Biologika. Damit sind auch die Nebenwirkungen geringer.

Biologika“ bedeutet, dass das Medikament biotechnologisch hergestellt wird und durch gezielte Eingriffe in der Biologie des Körpers da ansetzt, wo die kranken Probleme entstehen. Das nennt man dann biologische Therapie. Was nach „grün“ und „öko“ klingt und nicht nach chemischer Keule. Fakt ist aber, dass dieses Medikament im Labor entwickelt und produziert wird, wie jedes andere, und nicht am Wiesenrand, unter blauem Himmel, wächst oder im recycelbaren Jutebeutel geliefert wird.

Vedolizumab/Entyvio hat als Wirkungsbasis bestimmte Antikörper, die aus den Ovarialzellen des chinesischen Hamsters entwickelt wurden. Das klingt megaschräg und meine Kopfkino hat mir sofort Hamsterfarmen gezeigt, wo Hamsterweibchen gemolken werden (grusel).
So funktioniert es zwar nicht (uff), aber der Kontext zum Hamster ist bei mir seither fix abgespeichert und darum hat die Wunderinfusion für mich den Titel „Hamster-Ko„.

Ein sehr potentes, gut trainiertes Hamsterchen, wohlgemerkt. So putzig die Vorstellung eines boxenden Flauschnagers auch ist: dieser hier hat Ninja-Turtles-Potential, Muckis aus Stahl, einen rechten Hacken wie ein Hammer und Superman kann bei ihm in die Lehre gehen. Ganz zu schweigen von seinem Biss, der Dracula vor Neid erblassen lässt und Beton zu Käse verwandelt.

Ein Power-Hamster, in flüssiger Form, und ich habe ihm nur deshalb noch keinen Kosenamen gegeben, weil ich viel zu viel Respekt vor ihm habe. Putzi ist der einzige Name, der mir für einen Hamster spontan einfällt – und ehrlich: Superputzi ist nicht so der Bringer. Dem traut man höchstens das Großreinemachen zu.

Mein Power-Hamster ist also der aktuell mein wichtigster und kraftvollster Verbündeter im Kampf gegen den fiesen Herrn Crohn. Doch wie bei echten Superhelden braucht es auch hier ein paar zusätzliche Unterstützer, die ihm im endlosen Fight zur Seite stehen.

Denn mein Crohn dürfte seinerseits einen galaktischen Mega-Schurken-Sixpack haben und Muckis ohne Ende. Er muss alle 6 Wochen vom Hamsterchen niedergebügelt werden und zusätzlich gibts täglich eine gute Dosis Mesagran und Imurek. Das eine ist eine Art „Aspirin“ für den Darm, das andere ein Immunsuppressivum, dass die restlichen Schranken, hinter denen sich der crohnische Mistkerl verstecken könnte, niederreißt. Das ist der Bodyguard, der mir für die Zeit zwischen den Infusionen und zu deren Unterstützung zur Seite gestellt wurde.

Allerdings ist dies ein Bodyguard, der stur nur das macht, was er aufgetragen bekommen hat und das ist: Das Immunsystem ausschalten. Rigoros, ohne Zwinkern, ohne Ausnahmen.

Ganz egal, ob es den Herrn Crohn betrifft, dem damit die Spielwiese abgestellt wird, oder eben mal vorbei flanierende Schnupfenviren, die die Tür in mein Inneres unbewacht finden. Die körpereigene Firewall ist dauerdown, die kleinen Mistbiester müssen sich nicht mal die Schuhe ausziehen, wenn sie in meine Bodybude reinwollen.

Kein Vorteil ohne Nachteil, wie man so schön sagt: Der Crohn wird intern am Wüten gehindert, dafür haben die restlichen Krankheitsviecher freies Spielfeld.

Ein Szenario, auf das man in keinem Superhelden-Science-Fiction-Fantasy-Filmroman vorbereitet wird. Denn da sind die guten Heros immer nur hilfreich, beschützen die Kleinen gegen die Bösen und holen im Vorbeigehen auch noch die Katze vom Baum.

In der echten Welt aber hinterlassen die tapferen Kämpfer für ein crohnfreies Leben verbrannte Erde, die man zwischen den Battles liebevoll pflegt und am besten so schützt, dass man sich möglichen Gefahren erst gar nicht aussetzt.
Was immerhin ein Vorteil des immer wieder kehrenden Einsamkeitsblues´ ist.

So ist das mitunter, wenn der Crohn beginnt, sich ins Lebensdrehbuch zu schreiben: Alle sechs Wochen der Gang zum Arzt, eine dreiviertel Stunde auf der Liege, ein Tag beduselt im Bettchen.

Vorteil: Ich komme endlich dazu, mir all die Filmchen anzuschauen, die ich zwischenzeitlich als „will ich mir beizeiten mal ansehen“ notiert habe. Und da kann ich mir dann neue Science-Fiction-Märchen und Superhero-Szenarien ins Köpfchen laden, damit das Hamsterchen nach seinem Kampf etwas hat, mit dem es sich taktisch auf den nächsten vorbereiten kann.

Hamster - Hamster-Knock-OutMein Hamster-Knock-out

Eine Endlosserie im sechswöchigen Intervall.
Wenig neue Handlung, kaum Protagonisten, selten Überraschungen, meist der immer gleiche Ablauf und zur großen Erleichterung aller: Bis dato immer ein Happy End.

Auch wenn das für Serien-Junkies nach mega Langeweile klingt: Ich bin dankbar darin mitspielen zu können und nehme das Ko-Dasein im Anschluss gern in Kauf. Denn damit kann ich dann wieder sechs Wochen halbwegs crohnreduziert durchs halbwegs normale Leben laufen.

Und mich um den Müll kümmern, den der Bodyguard dauernd reinlässt.
Aber das ist eine andere Geschichte.