GartenhuetteHerz sm - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?
Crohnisch Alt

Wofür sind Frauen über 50 noch gut?

Ich habe vor ein paar Monaten beschlossen meinem Blog hier eine klein wenig neue, angepasstere Ausrichtung zu geben, getreu dem Motto: Crohnisch alt. Das ist jetzt … nun ja, paar Wöchlein her. Das Leben hatte zwischendurch ein paar andere Termine mit mir – gute und weniger gute, wie das halt so ist.

Anfang November, rund um meinen 55. Geburtstag, bin ich im Netz auf die Blogparade von Mia Brummer gestoßen und es hat „Klick“ gemacht – da muss ich was dazu schreiben! Denn Mia stellt ein paar spannende, provokante Fragen und wünscht sich ernsthafte Antworten dazu:

… wie wird man in der Gesellschaft als Frau 50+ wahrgenommen?
Wie darf man sein oder soll man sich verhalten? Was geht Dir dabei durch den Kopf?

Da ging mir einiges dazu durch den Kopf und spontan habe ich alle Fragen, die Mia als Beispiel für mögliche Beiträge gestellt hat, genommen und meine Antworten dazu geschrieben.

Voilá, hier nun meine Sicht zum großen Thema „Wofür sind Frauen über 50 noch gut?

Ist man mit 50 endlich erwachsen?

Wenn ich von mir ausgehe: Nein und ich glaube, dass ich das auch niemals werden möchte – im Sinne von dem, was ich als Kind unter dem gesellschaftlichen Status von „erwachsen“ verstanden habe. Meine Interpretation dieses Begriffes ist: Gesetzt, statisch, angepasst … auf Spur gebracht, ohne besondere Extravaganzen, die Emotionen sind unter Kontrolle und da bleiben wir, mit Fixanstellung, bis ans ultimative Ende. Furchtbar!

Dieses Bild ist mir zu statisch. Je älter ich werde, desto mehr wachse ich in mein inneres Kind hinein: Neugierig, immer am Lernen (in der guten Version, nicht in der schulischen!) und auf der Suche nach Geschichten. Mit den Jahren werden der Raum und die Freude, mit der ich mich auf dieser Reise sehen, immer mehr. Mit 30 hatte ich meine „Ich bin erwachsen geworden“-Phase und habe mich wie oben beschrieben gesehen. Inklusive „vernünftiger“ Schuhe und einer Kittelschürze, damit ich beim Kochen die gute Kleidung schone. Was bin ich froh, dass ich schon 2-3 Jahre später wieder weit weg davon war und seit damals von Jahr zu Jahr realisiere, dass ich noch so viele kindliche Anteile in mir habe, die darauf warten gelebt, bestaunt, erforscht zu werden. Wenn überhaupt, dann werde ich mit jedem Jahr immer weniger „erwachsen“ und das ist richtig toll – denn nun bin ich alt genug, damit ich mir das bewusst leisten und mir selbst beim Wachsen zusehen kann. Irgendwann wird sich dann hoffentlich, vielleicht, möglicherweise ein Status einstellen, der nix mit dem knöchrigen Erwachsenendasein zu tun hat, aber viel mit dem, was man unter einer weisen, wilden Alten versteht, die Hand in Hand mit ihrem inneren Kind Abenteuer erlebt – das lockt mich viel mehr.

Findest Du als junge Frau Frauen 50+ eher peinlich oder cool?

AlterCrohn sm 300x225 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Ich transportiere diese Frage in die Vergangenheit und ja, da waren mir manche Ü50-Frauen peinlich. Seltsamerweise weniger die im eigenen Umfeld, Sondern eher die, die ich nicht näher kannte. Ich glaube auch, dass es weniger wegen des Alters war, denn wegen ihres Auftrittes und Charakters.

Die alten Frauen in meinem Familienumfeld waren für mich absolut nicht peinlich – sie waren Ikonen und Matriarchinnen, der Hafen meiner Kindheit und Jugend. Sie waren weise, kraftvoll von innen heraus, und wissend, über das theoretische Wissen hinaus. Klar hatten sie fallweise auch eine sehr robuste eigene Meinung, die meiner widersprach. Doch im Vergleich zu meinen Eltern habe ich mir von ihnen mehr sagen lassen und die Ratschläge wurden nie aufgezwungen.

Sie hatten unglaublich viel er- und überlebt und dennoch war da noch so viel wildes, waches, lachendes Leben – soviel Interesse an Neuem, soviel Flexibilität sich Neuem zu stellen und zugleich die Stabilität, die ich als Kind so hilfreich gefunden habe. Sie umsorgten ihr Umfeld und hatten zugleich ihren Platz im Leben gefunden, mit natürlicher Autorität, ohne innerlich auszubrennen. Ob sie sich als erwachsen gesehen hätten? Ich weiß es nicht.

Ich bin sehr glücklich, dass ich diese weisen Frauen in meinem Leben zur Unterstützung hatte. Aber als cool hätte und würde ich sie nicht bezeichnen – das wäre … unpassend, nicht stimmig. Sie waren tough, vif, klug, verschmitzt, listig, furios, gewitzt, liebevoll sarkastisch und mitunter auch ein wenig hantig – also vielleicht doch auch cool. Nur eben in anderen Worten.

MiAAvatar2020 262x300 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Als meine Kinder in dem Alter waren, wo die Elter peinlich werden, habe ich die pubertären Ausrufe a la „MAMA!!! Du bist sooo peinlich!“ immer mit „Nix da – wenn schon peinlich, dann zumindest URPEINLICH, weniger ist nicht!“ quittiert und mich innerlich gefreut, dass ich etwas zu einer gesunden, normalen Kindesentwicklung beitragen darf und dabei auch noch meinen Spaß habe 🙂

Ich bezweifle aber sehr, dass mich das in den Memoiren meiner Kinder zu einer coolen Mutter macht.

Gewinnt das Leben jenseits der 50?

FuckingGreatJob 300x225 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Ich denke nicht, dass man etwas gewinnt, denn das impliziert, dass man auch etwas verliert. Ich denke es verändert sich – es gibt mehr vom einen, weniger vom anderen. In Summe bleibt es gleich, aber vom Inhalt her ist es in vielen Bereichen anders. In meiner Vorstellung ist es wie bei einer guten Saucen-Reduktion: Die Erfahrung kocht sich ein, wird konzentrierter und damit gibt es mehr Raum für neue Interpretation, neue Erfahrungen aus angelerntem Wissen. Die Perspektive kann sich ja nur neu ausrichten, wenn man ihr diesen Raum zugesteht und das ist vermutlich das, was man als „Gewinn“ bezeichnen kann.

Wie erlebst Du diese Zeit?

Fordernd, wild, unberechenbar – manche Tage sind grausam, weil der Körper mir klar zu verstehen gibt, dass Ü50 und mehrere chronische Erkrankungen eine miese Kombination sind. Das sind Tage, da fühle ich mich sehr sterblich und das ist erschöpfend.

Andere Tage sind reiner Genuss, weil ich Zeit, Kraft und die Möglichkeit habe, in mein Tempo, meine Interessen zu sinken. Dazwischen sind die Tage mal so, dann wieder anders und um es mit den Worten meiner nun auch schon über 50jährigen Schwägrin zu sagen: „Das letzte Mal war mir, glaub ich, in den 70ern langweilig.

Ich habe einerseits einen unglaublichen Lernhunger. Ich will endlich all die Orte besuchen, die ich schon lang auf meiner Löffelliste habe, all das Lesen und Lernen, was mich interessiert. Zugleich aber weiß ich, dass ich weise wählen und behutsam planen muss, alles geht einfach nicht. Nicht nur wegen meiner Gesundheit, sondern primär wegen der Kosten – der materiellen und der Nicht-Materiellen. Erholphasen einzuplanen ist mittlerweile immens wichtig. Diese Erkenntnis, dass ich neue Erfahrungen mit viel Ruhe ausgleichen muss, damit Körper und Geist alles verarbeiten können, ist etwas, wo ich noch Training brauche. Aber wie gesagt: Ich will noch so viel lernen … vielleicht finde ich ja auch Geduld am Weg 😉

Welche Vision hast Du für Deine Zeit 50+?

MichaelaSchara Profilbild2022 SW 300x300 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?

Auch diese Frage lege ich in die Vergangenheit. Meine Vision vor dem Überschreiten dieser „magischen“ Grenze war sehr schwammig. Ich dachte, dass es einfach so weitergeht wie bisher, nur eben mit mehr Jahren am Buckel und rein körperlich ist man das leidige monatliche Bluten los. Halleluja.

Das es nicht so einfach ist, hat mich der Wechsel gelehrt. Meine tiefste Hochachtung gebührt dem Wunderwerk des weiblichen Köpers, der am Ende der so called „fruchtbaren Jahre“ einen kompletten Umbau vornimmt. Das ist definitiv nix für Feiglinge und so individuell, wie Menschenfrauen eben sind – für jede also anders. Ich hatte keinen Erfahrungsschatz, der mich auf die Pubertät des Alters vorbereitete – auch nicht in meinem Umfeld. Ich wusste auch nicht, dass ich mir beizeiten einen hätte zulegen sollen, um vorbereitet zu sein.
Dummerweise hatte (und habe, seuzf) ich die Schranken des antrainierten guten Benehmens intus, was im Gegensatz zur jugendlichen Pubertät doch eine Beschränkung ist, wenn man nach 4-5 Jahrzehnte wieder in der Hormonbaustelle andet. Wutanfälle, depressive Verstimmungen und alles, was mit hormonellen Wirbelstürmen einhergeht, kann man als Jugendliche normalerweise leichter ausleben. Mit Beginn der Lebensmitte hat man meist gelernt sich im Griff zu haben und solche Probleme mit sich allein, zuhause, im stillen Kämmerchen, auszumachen.

Eine rückblickend sehr blöde Ausgangslage, die nicht hilft. Austausch mit anderen wäre zu diesem Zeitpunkt sehr, sehr willkommen und hilfreich gewesen. Ich hatte 2-3 ältere Freundinnen, die ich fallweise en passent gefragt habe, aber eher nur am Rande, dezent, in der Hoffnung in kein Fettnäpfchen zu steigen. Denn schließlich trägt kaum eine Frau ein Schild „Vorsicht Leute, ich bin im Wechsel!“ am Revers und manch eine, der man es innerlich unterstellt hat, ist noch meilenweit davon entfernt. Es ist also ein wenig ein Minenfeld.

In besonders bittersüßer Erinnerung ist mir die Antwort einer Freundin, die mir einige Jahre voraus hat, die ich nach der Dauer der elenden Hitzewallungen gefragt habe. Ihre Antwort: „Ich sags dir, wenn sie bei mir vorbei sind.“ Das hat mir dann zwar bestätigt, dass auch andere mit weit mehr Lebenserfahrung als ich damit kämpfen. Aber betreff Motivation wars dann weniger hilfreich.

Heute weiß ich: Auch da gibt es kein „Reglement“ – das verläuft bei jeder so was von anders, dass der Crohn im Vergleich dazu ein durchstrukturierte, grundstabiler und höchst pedantischer Zeitgenosse ist.

Kommt denn Deiner Ansicht noch was nach 50?

LebenLernen sm 300x225 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Na aber Hallo! Sicher doch – und zwar sowas von 🙂

Ich hab seit einiger Zeit das Gefühl, als würde ich erst jetzt in die Schuhe hineinwachsen, die mich auf meinen Lebensweg bringen. Wohin der geht? Keine Ahnung, aber ich weiß, dass da noch einiges an besonderen Stationen am Weg wartet. Schönes, Spannendes, Wildes, Trauriges, unglaublich Lustiges, unglaublich Schmerzvolles – eine Mischung so bunt wie das Herbstlaub im Indian Summer. Leben eben.

Lebt man jenseits der 50 nur noch in der Vergangenheit?

Wenn man nicht bereit ist dem Wandel die Tür zu öffnen, dann bleibt einem gar nichts anderes über, als in der Suppe der Vergangenheit zu dünsten. Manchen reicht das und manche klammern sich panisch an jeden Zentimeter dieser Zeit, besonders was Äußerlichkeiten betrifft. Andere wieder verschließen die Tür vor Neuerungen, egal ob technischer oder gesellschaftlicher Natur. Ihnen reichen die Erkenntnisse und Errungenschaften „ihrer“ Zeit.

Wandel ist eine schwierige Sache und man wird nicht wirklich flexibler, wenn man in jungen Jahren schon unflexibel war. Wandel macht Angst, lotst er einen doch in unbekanntes Gelände. Da kann man schnell stolpern, sich die Knie verletzten und das Aufstehen dauert einfach länger, je älter man wird.

UnterbergHuettenhang 300x300 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Ich stehe im Winter manchmal am Rande von Schipisten, bei denen ich vor Jahrzehnten nicht mal ansatzweise gestoppt hätte. Mit einem „Hurra!“ hätte ich mich die schwärzeste Piste hinunter gestürzt. Vollgas natürlich, denn wer bremst ist feig. Helme hatten wir damals noch nicht, was soll schon groß passieren? Stürze wurden mit einem Achselzucken abgetan, sie waren die Medaillen am Ende des Tages – wenn sie gut ausgegangen sind.

Heute graut mir vor dem steilen Stück. Ich wähle bewusst eine sanftere Route oder gleite am Rande des Steilstücks hinunter. Ich weiß wie weh die Eisplatten tun, wenn man auf ihnen aufschlägt, wie es sich anhört, wenn ein Band im Knie reißt, wie lange es dauert, bis ein Cut auf der Stirn verheilt. Ich habe meinen Anteil an Verletzungen erlebt – es reicht. Ich weiß wieviel Kraft es mich kostet, wenn ich mir hier etwas Ernsteres zuziehe und wie wenig mir mein labiler Rücken verzeiht. Aber ich weiß auch, dass ich nichts verliere, wenn ich stattdessen auf der gemütlichen Piste die Aussicht in meinem Tempo genieße. Unten angekommen warte ich mit allen anderen darauf, wieder nach oben gebracht zu werden und da fragt keiner, welchen Weg ich hinunter genommen habe.

Unterberg Gipfelkreuz 300x225 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Wer sich mit Ü50 dazu entschließt solche Dinge aufzugeben, hat vermutlich eine vernünftige Entscheidung getroffen. Ob sie einem auch glücklich machen, ist eine andere Geschichte. Und genauso ist es mit der Entscheidung, ob man in der Vergangenheit leben mag oder nicht. Aus meiner Sicht gibt es auch im Leben ab 50 schwarze, rote und blaue Pisten – also die Möglichkeit sich den Weg zu suchen, bei dem man gut mitkann und die rasanten, wilden Strecken denen zu überlassen, der Knie noch heile Bänder haben oder denen die Konsequenzen weniger ausmachen. Schlussendlich enden alle Pisten im Tal und man hat immer die Wahl, wie man das nächste Mal abfährt.

Gibt es überhaupt noch ein Leben jenseits der 50?

Natürlich, sonst wären die Friedhöfe ja voll mit lauter Menschen, die an der 50er-Schwelle den Löffel abgegeben haben 😉

Die Frage ist nur, ob sie auch wirklich ein Leben leben, mit allen Konsequenzen, oder nur am Leben sind, mit aktiven Vitalfunktionen, aber innerlich … leer.

Für was sind Frauen ab 50 überhaupt noch gut?

Dazu fällt mir spontan dieses Zitat ein 😉

Keiner ist unnütz, man kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen.

Ich denke aber auch, dass das eine Frage ist, die man Männern in diesem Zusammenhang (Überschreiten der 50er-Schwelle) kaum bis nicht stellt. Da sind Phrasen wie „Je älter der Wein, desto mehr Charakter hat er“ eher gebräuchlich. Warum hört man das nie in Zusammenhang mit älteren Frauen?

Aus meiner Erfahrung und Beobachtung heraus weiß ich, dass Frauen mit dem Älterwerden deutlich besser zurechtkommen als Männer. Auch wenn ein Lebenspartner wegfällt, ist die Resilienz auf der weiblichen Seite stärker ausgeprägt, als bei Männern.

img 1041 300x224 - Wofür sind Frauen über 50 noch gut?Frauen haben Zeit ihres Lebens mit unzähligen Umbrüchen und Veränderungen zu tun, auf körperlicher Seite, gesellschaftlich, familiär. Damit liegt uns die Flexibilität in den Genen, wir mussten uns schon sehr früh immer wieder anpassen und haben gelernt, das alles neben dem „normalen“ Leben zu schaukeln.

Insofern kann die Gesellschaft von der Fähigkeit der weisen Alten nur profitieren und die wahre Frage sollte eher lauten: Warum wird dieses Potential noch so gar nicht bis kaum genutzt? Warum wird es klein geredet, mies gemacht, ins Lächerliche gezogen – woher kommt die Angst vor den alten Frauen? Wann haben wir die Kraft der weisen Alten ausgeblendet aus dem Reigen des Lebens und vor allem: Warum? Vielleicht ist es endlich an der Zeit, hier klar Schiff zu machen, denn wir brauchen diese Kraft einfach – nicht nur wir Frauen, sondern alle. Darüber könnte man zum Bespiel bei einem Glas alten Weines philosophieren 😉


Liebe Mia, 

vielen Dank für die tolle Idee und den „virtuellen“ Schubbser, mal wieder schreibend aktiv zu werden 😉 Ich bin schon sehr auf die anderen Beiträge und dein Resümee gespannt!

Herzliche Grüße, 
Michaela (oder auch MiA – fallweise 😉 )


Alle Infos rund um Mia Brummers Blogparade findest du hier:

Blogparade: für was sind Frauen ab 50 überhaupt noch gut?

Hast du andere Antworten auf die obigen Fragen? Oder Ergänzungen? Dann schreib es in die Kommentare  – ich bin gespannt auf deine Sicht der Dinge!

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