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Shitstorm im Darm

Outtake: Über das Klo und Klopapier, den Welttoilettentag und eine tolle Buch-Verlosung

Am 19. November ist Welttoilettentag. Initiiert wurde er 2001 von der Welttoilettenorganisation (ja, sowas gibt es) und am 24. Juli 2013 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen, auf Vorschlag Singapurs, einstimmig bestätigt.

Der Hintergrund für diese, auf den ersten Blick eher skurrile Aktion: 40% der Weltbevölkerung hat auch in heutiger Zeit keinen Zugang zu hygienischen Sanitäreinrichtungen – das sind ca. 2,5 Milliarden Menschen.

Buchvorstellung 070220 0015 300x225 - Outtake: Über das Klo und Klopapier, den Welttoilettentag und eine tolle Buch-VerlosungUnd der Grund für diese Info und diesen Blogbeitrag: Der CED-Kompass feiert diesen Tag und verlost nicht nur 5 Exemplare meines Buches „Shitstorm im Darm – gut leben trotz Morbus Crohn“, sondern auch – HALTET EUCH FEST! – 5 Rollen Klopapier, mit von mir gestalteter, absolut limitierte und nirgends käuflicher,  heiter-sarkastisch-crohnischer Verzierung (die man, im Gegensatz zum Klopapier, mehrfach verwenden kann ;-).

Alle Infos dazu gibt es am Ende dieses Blogbeitrages, denn ich will euch vorher noch ein paar wichtige Fakten und Infos rund um den Ort mitgeben, den angeblich auch der Kaiser zu Fuß aufsucht und der für Menschen mit CED im Schub zum Hauptaufenthaltsort werden kann.

Der Text ist weitgehend ein weiteres  „Outake“ aus meinem Buch  „Shitstorm im Darm“, der es aus Platzgründen nicht ins Buch geschafft hat. Alle Outakes findest du unter diesem Link: #outake

Das Klo: Der natürliche Lebensraum des Homo Crohniensis

Shitstorm - Outtake: Über das Klo und Klopapier, den Welttoilettentag und eine tolle Buch-Verlosung

Die Toilette ist ein Ort, den man mit CED im Bauch viel öfter besucht als andere. Will oder muss man dann und wann im Schub auch das eigene Heim verlassen, lernt man schnell, sich den Weg von da nach dort anhand frei zugänglicher WCs zu planen. Damit lernt man auch eine Welt und Kultur kennen, die man ohne Crohn & Co so nicht wahrgenommen hätte. Wer meint, dass das Innere einer Tasche oder ein Browserverlauf viel über einen Menschen aussagt, der wird erstaunt sein, was man anhand von Klo-Ambienten alles herauslesen kann.

Hier ein paar spannende Fakten rund um den sog. stillsten Ort, wo es bei Crohnies mitunter auch mal laut werden kann:

  • 3 Jahre seines Lebens verbringt ein gesunder Mensch im Badezimmer, davon ungefähr ein halbes Jahr auf dem Klo. Wie das bei Menschen mit CED ausschaut, hat noch keiner untersucht. Desgleichen inwieweit die Nutzung von Smartphones am WC diesen Zeitrahmen ausdehnt.
  • 48% aller ArbeitnehmerInnen nutzen die Toilette auch als Rückzug
    für eine stille Pause.
  • Die Angst vor dem Besuch einer öffentlichen Toilette
    nennt man „Paruresis“. Dabei geht es nicht darum, sich vor der möglicherweise nicht vorhandenen Hygiene zu ekeln, sondern das mitunter andere Menschen dort anwesend sein können, was unbeherrschbare Panik auslöst.
    Eine psychische Belastung, die eine Darmerkrankung brutal verschlimmern kann – denn wenn du dich nicht auf öffentliche Toilette wagst, stehen speziell im Schubfall die Chancen schlecht, dass du viel vor die Türe gehst und dein Heim verlässt.
  • Das höchste Klo der Welt steht am Mont Blanc, auf 4.260m. Also keine Angst, wenn du mal hoch hinaus willst: dort ist vorgesorgt.
  • Der Name „Klo“ , für Klosett, ist eine verdeutschte Abkürzung aus dem englischen „Water Closet“, was Wasserspülung bedeutet und der volle Text für die erleichternde Buchstabenkombination „WC“ ist.
  • Das Wort „Toilette“ kommt aus dem Französischen, wo es „kleines Tuch“ bedeutet. Das wurde nicht zum Wischen verwendet, sondern als Sichtschutz. Der Begriff „Toilette“ umfasst übrigens den Raum, in dem sich ein Klo befindet. Wohingegen das Klo nur das Klo meint, also den Porzellanstuhl mit Wasserspülung.
  • Andere Bezeichnung für den heiligen Ort des ultimativen Loslassens:
    Stilles Örtchen, Thron, Häusl (aus der Zeit, als es noch separat vom Wohnhaus, in Form eines Plumpsklos, also eines kleinen Häuschens, errichtet wurde), Lokus (lateinisch für „der Ort“), im amerikanischen „Rest Room“, in Italien „Gabinetto“, anderswo 00, Abort, Latrine, Leibstuhl (als man noch keine WCs kannte), Scheißhaus (vom mittelhochdeutschen schîzhûs) …Der nur mehr selten verwendete Begriff „Donnerbalken“ stammt aus dem Militärischen und bezeichnet eine sog. „Reihenklosett“ im Feld. Ich überlasse es deiner Fantasie, wie man sich das vorstellen darf. Im Raum Hamburg sagt man zum Klo fallweise auch „Tante Meier“. Dieser Begriff ist eine Verballhornung des Begriffes „Tente Majeure“, aus der Hamburger Franzosenzeit (1806-1814). Die französischen Besatzungssoldaten verschleierten den Gang zum Donnerbalken mit einer Umschreibungen: Tente majeure, das bedeutet Hauptzelt. Die Hamburger aber hörten „Tantmajör“, woraus sich „Tante Meier“ entwickelte.
  • Die ersten Toiletten mit Wasser sind aus dem Altertum überliefert. Damals hatten allerdings nur reiche Leute ein solche Einrichtung, wo die Körperausscheidungen sofort nach ihrem Austritt aus dem Körper weggespült wurden. Das war übrigens eine sehr gesellige Zeit, was diesen Akt betraf. In den öffentlichen, römischen Toiletten saß man ohne Trennwand nebeneinander und unterhielt sich gemütlich, auch beruflich, während man sein Geschäft erledigte. Was dem Begriff „Geschäftsbeziehung“ eine spannende Zusatznote gibt.Im Mittelalter ist das Wissen in Europa rund um diese hygienischen Maßnahmen komplett verschwunden. Man hatte mit Glück ein Plumpsklo, das bei herrschaftlichen Burgen fallweise auch als kleiner Anbau in hoher Höhe eingerichtet sein konnte, mit freiem Plumps nach weit unten. „Abtritt“ nannte man das dann, weil man hier zum „Austreten“ herkam, und wer sich zu weit vorgewagt hatte oder zu tief ins Loch sah, der tat mitunter genau das: abtreten, final.
  • Das erste moderne WC, wie wir es heute kennen, wurde um 1800 entwickelt und hat die sanitäre und hygienische Lage der Menschheit entscheidend verbessert.
  • Beim Spülen werden je nach Modell zwischen 12 und 6 Liter Wasser
    verbraucht.
  • Es gibt auch einen Schutzpatron der Latrinenreiniger: Papst Julius I.
    Vielleicht hilft es dir ja, wenn du ihn beim nächsten Mal Kloschrubben um spirituelle Unterstützung bittest.

Die Angst vorm fremden Klo

Viele fürchten sich aus hygienischen Gründen davor fremde oder öffentliche Toiletten zu benutzen. Man könnte sich hier ja mit was-weiß-ich anstecken.

Muss es dann doch mal sein, dass man wo muss, wo man nicht sein und schon gar nicht müssen will, werden entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen: Man deckt den Sitz mit Unmengen Papier ab oder versucht, kraft der Beine, nicht mit ihm in Berührung zu kommen, was ein gutes Training für Bauch, Bein und Pomuskulatur ist.

Fakt ist: Beides beruhigt das Gemüt, hat aber kaum schützenswerten Sinn, denn es ist äußerst unwahrscheinlich, dass man sich auf fremden Toiletten mit Krankheiten infizieren kann – sofern man sich nach der Nutzung gründlichst die Hände wäscht.
Denn das ist die Methode, wie mögliche Krankheitserreger in uns gelangen könnten. Im Crohnfall und unter Immunsuppression empfiehlt es sich, zusätzlich die Hände nach dem Waschen zu desinfizieren.

Falls die Toilette jedoch sehr versifft oder von einem rüden Vorgänger massiv verunreinigt wurde – was auch einem Crohnie passieren kann, bei sehr eruptivem Stuhl – dann wärs gut, die Location zu wechseln und/oder zur Sicherheit so viel Abstand wie möglich zu halten. Zwar braucht es auch hier einen oralen Kontakt mit möglicherweise vorhandenen Krankheitserregern, damit man Schaden davon trägt. Aber der ist bei dermaßen verschmutzen Toiletten leichter möglich, als bei sauberen.

Hinzu kommt der Wohlfühlfaktor: es graust einen ganz einfach, Entspannung ist hier einfach nicht möglich.

Ein weiterer Punkt, der fallweise bedenklich sein kann, an den aber wenige denken, sind Handtaschen und ähnliches, was am Boden abgestellt werden. Auch wenn man seinen VorsitzerInnen die beste Gesundheit unterstellt, ist der Boden einer Toilette nicht der Ort, von dem man bedenkenlos speisen würde. Die Tasche aber steht da, wird dann wieder in die Hand genommen und hat so die Möglichkeit potentielle Erreger, auch nach gründlichem Händewaschen, weiterzugeben.

Sofern kein Haken vorhanden ist, wo man sein Täschchen aufhängen kann, wäre es besser, das gute Stück in Händen zu halten, sich sofern möglich umzuhängen oder einer allfälligen Begleitpersonen zu überlassen. Bist du alleine unterwegs, dann nimm statt einer Handtasche einen Rucksack. Damit hast du auch am stillen Örtchen in der Fremde die Hände frei und dein Zeug ist gut und sicher aufgehoben.

WASH YOUR f***ing HANDS!

Weil es wirklich wichtig ist, hier noch eine fachliche Experteninfo betreff „gründlich Hände waschen“:

Seife und Wasser in die Hände geben und 30 bis 60 Sekunden (2 Happy Birthday lang) gründlich schrubben, kneten, reiben – dann ebenso gründlich spülen und abtrocknen – in öffentlichen Toiletten besser mit Einmalpapierhandtüchern.

Schluss mit Häuslbesetzung: Räumt! Das! Klo!

Es gibt Menschen, die dünsten ewig auf der Muschel, surfen dabei durchs WWW oder lesen die Zeitung. Diese Menschen sind ein natürlicher Feind des Homo Crohnienensis: Sie blockieren das Klo.

Vielleicht braucht ihr Darm länger für den Download oder lässt sich nur nach gemütlicher Lektüre dazu bitten. Aber wenn nur ein Klo vorhanden ist, bewirkt die Sitzungsblockade eine Panikattacke bei denen, die auf flotten Zugang zum WC angewiesen sind.

Durchfall kann man nicht aufhalten, veratmen oder verschieben bis das Kapitel zu Ende oder das Handy stromlos ist. Wenn sich ein bekannter Langsitzer der Klotüre auch nur nähert, beginnt bei mir der Darm sofort zu rumpeln.

Bei mir und meinen WC-KonkurrentInnen, spielt beidseits eine psychische Komponente mit. Bei mir ist es Panik, keinen Zugang zu haben und mir in die Hose machen zu müssen.

Bei dem/der LangsitzerIn sind es antrainiertes Verhalten und die Flucht in eine Region, wo man endlich mal ungestört und alleine ist. Das entspannt, die Hockhaltung tut das ihre und während man sich durch die weite Welt liest, bequemt sich der Darm dazu, seine Arbeit zu erledigen.

Liebe Langsitzer: das ist Folter!

Grausam, schlimm und ganz sicher gegen die Menschenrechte. Lasst das Handy weg, legt das Buch zur Seite, sucht euch einen anderen Escape-Room. Wer mit Crohn im Darm lebt, braucht zu jeder Zeit ein freies Klo oder das Wissen, dass der Zugang nur KURZ eingeschränkt ist.

Wer auf gemütlichen Dauersitzungen nicht verzichten will, sollte die in der Zeit verrichten, wo man allein ist oder ein zweites Klo einbauen. Bei uns war es letzteres, was endlich für Entspannung auf allen Ebenen sorgte.

Danke!

Hero Kopie - Outtake: Über das Klo und Klopapier, den Welttoilettentag und eine tolle Buch-Verlosung

Klopapier

Wer seinen Po liebt, nimmt nur das weichste Papier zur Pflege und Säuberung. Erfahrene Crohnies haben ihre Lieblingsmarken, die sie mitunter auch auf Reisen mitnehmen. Bis vor gar nicht langer Zeit war das aber ein Luxus und darum hier eine kleine Geschichte dieses Kulturgutes, das nicht nur in Pandemiezeiten sehr geschätzt wird:

Das erste Klopapier wurde 1391 in China für den Kaiser entwickelt. Der Rest der Welt schrubbte bis ins 19. Jhdt. mit Gras, Blättern, Muschelschalen, Heu und Stroh, eingeweichten Maiskolben, Wolle, Schwämmen auf Stöckchen, flachen Steinen, Kokosnussrinde, Schnee, Moos … oder gar nicht. Im französischen Königshaus nahm man eine zeitlang sogar Seide.

Das erste industrielle WC Papier gab es 1857 in den USA. Joseph Gayetty ließ einzelne Blätter in Aloe Vera tränken und abpacken. Eine Wohltat für maiskolbenstrapazierte Pöpsche. Seit 1890 gibt es das Papier auf Rollen, erstmals hergestellt von der Scott Paper Company.

Schließen wir diese Helden in unsere Nachtgebete ein, sie haben den Nobelpreis verdient.

Erst ab1928 nutzte man auch im Raum Deutschland eigens produziertes Klopapier. Anfangs nur sehr widerwillig. Weil es vielen peinlich war, in den Geschäften nach Toilettepapier zu fragen, riet man den Kunden einfach nur die Marke zu nennen.

Das war damals aber noch kein vierlagiger Doppelflausch, sondern derber, rauher Krepp. Aber immer noch besser als das zu dieser Zeit übliche Zeitunspapier.

Klopapierorigami und Verbrauch

In Europa wird das Papier eher gefaltet, in Amerika geknüllt. Denn in den USA ist das Papier dünner und flacher und in Europa dicker, meist mit bauschiger Struktur versehen.

Im Durchschnitt verbraucht man 2.100 Rollen innerhalb der ersten 65 Jahre seines Lebens. Außer wenn man Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa und einen Schub hat. Dann ist es mehr.

Duftstoffe

Es gibt auch beduftetes Klopapier, das industriell mit chemischen Duftstoffen versetzt wird. Das klingt nett, ist aber für empfindliche Popos nicht zu empfehlen, denn mitunter kann es zu Reizungen kommen. Abgesehen davon sind manche Duftrichtungen grenzwertig: Vanillekipferlduft am Klo sorgt bei mir dafür, dass ich für den Rest des Advents keinen Bock mehr auf Kekse habe. Was möglicherweise gut für die Figur, aber mit Sicherheit schlecht für die Laune ist.

Die richtige Abrollrichtung!

Im Klopapier Originalpatent von 1891 ist die richtige Abrollvorrichtung vermerkt: Das Papier sollte vorne abgezogen werden, nicht hinten. Nur damit das auch ein für alle Mal klar ist.

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DIE VERLOSUNG!

Ich freu mich ganz viel sehr über die Buch-Verlosung des CED-Kompass und drück dir die Daumen. Die Teilnahmebedingungen sind recht simple, alle Infos dazu findet ihr auf Instagram, direkt im Account des CED-Kompass (Klick hier 🙂!


Buch mitZertifikat - Outtake: Über das Klo und Klopapier, den Welttoilettentag und eine tolle Buch-VerlosungWeitere Infos rund um das Leben mit Morbus Crohn, wie man ExpertIn in eigener Sache wird, warum es wichtig ist, den Humor zu locken und auch über Nebenwirkungen abseits einer chronischen Erkrankung Bescheid zu wissen, kannst du in meinem Buch „Shitstorm im Darm – gut leben trotz Morbus Crohn“ nachlesen.
Alle Infos zum Buch findest du hier,  hier gehts zu einer Leseprobe und hier erfährst du, wo und wie du das Buch bestellen und kaufen kannst.

Allgemein

Buchtipp: Krebs ist, wenn man trotzdem lacht – Sabine Dinkel

Ich muss gleich mal den Titel korrigieren, denn das ist kein Buchtipp, sondern eine hyperdringendsupernotwendige Leseempfehlung!

Ich kenne Sabine Dinkel schon ein paar Jährchen. Sie ist eine meiner wenigen internetten Freundinnen, die ich live noch nie gesehen hab, mit der ich aber dennoch dauerhaft in Kontakt bin und via Tastatur oder am Handy lachen, weinen, reden, philosophieren kann.
Ihr erstes Buch „Hochsensibel durch den Tag“ hat mir sehr gut gefallen (hier gehts zur Rezension). Via Facebook habe ich dann ihren Lifetime-Comic „Arschbombe in die Untiefen des Lebens“ mit einem lachenden und weinenden Auge verfolgt – ich sach´ ma´ so: Den Mut, die Herzensliebe und die Seelenstärke, sich diesem wahrlich beschissenem Thema so zu nähern … ach, ich will ja gar kein Scheibchen davon, ein Krümmel täte mir schon reichen.

Das neue BuchKrebs ist wenn man trotzdem lacht durfte ich beim Entstehen mitverfolgen und ich war zwischendurch auch eine der ersten Probeleserinnen (worüber ich mich noch immer irr freue). Nun ist das Werk fertig und ich hab es noch vor Erscheinen zum Lesen bekommen (doppelirrfreugeehrtbin!).

Inhalt & Thema

Das Thema „Krebs“ ist heftig und hilfreiche Literatur gibt es zuhauf. Aber die ist teilweise arg trantütig, mühsam überesoterisch, unangenehm hochwissenschaftlich oder es handelt sich um faszinierende Autobiographien, die zwar interessant sind, aber eben nur einen einzelnen Weg zeigen.
Ein Buch, das die Schwere des Themas aufgreift, harte Fakten so erklärt, dass man sie versteht UND akzeptieren kann, aber auch gleichzeitig sanft und liebevoll Tipps und Hilfestellung gibt, ohne den Zeigefinger mahnend zu heben – das hat bis jetzt gefehlt.
Nun gibt es eines: Krebs ist, wenn man trotzdem lacht – ein Motto, das zum Programm wird. Denn Lachen ist eine Medizin, die immer hilft, nur positive Nebenwirkungen hat und wie das Licht einer Kerze geteilt werden kann, ohne weniger zu werden.

Im Detail

Es ist ein Querlesebuch – man kann irgendwo einsteigen, es von vorne nach hinten oder umgekehrt lesen, je nachdem was man gerade braucht und wissen will. Die Kapitel sind in sich abgeschlossen und rund, man findet sich leicht zurecht, was ja gerade in einer solchen Situation wichtig ist.

Es macht nicht nur Mut – es erdet, gibt Kraft und spricht einem aus der Seele. Man kann lachen, darf weinen, wird angeregt Blödsinn zu machen und bekommt hilfreiche, mutmachende Übungen, Infos und Tipps.

Es ist herrlich weit weg von Jammerei, medizinischem Hochgeschwafel oder esoterischem Schlagmichglücklich-Schmafu: Sabine berichtet aus ihrem Leben mit Krebs (sorry: Schnieptröte), von der Diagnose, über die ersten Stolperstufen, dem Umgang mit der Chemo, den Ängsten die immer wieder hochkommen können, der Reha, bis hin zu den Fragen, um die man sonst gern einen gesellschaftlichen Bogen macht, weil man „darüber“ nicht spricht. Sie schreibt darüber und man kann es lesen, ohne sich gleich nach einem Holzpyjama umsehen zu wollen. Im Gegenteil: man findet hilfreiche Unterstützung.

Die Wortakrobatik ist gelungen – wenngleich man als alpenländisch-deutsch sprechende Leser*in hier eventuell andere Begriffe braucht 😉
Egal, denn man wird motiviert sein eigenes Vokabular zu entwickeln und da wird dann aus der Schnieptröte vielleicht die Bauchtrutschn. Diese Technik hab ich ja auch genutzt, als ich aus meiner Diagnose Morbus Crohn den Lieben Herrn Crohn gemacht habe. Damit wird das ganze an- und begreifbar, der Schrecken schrumpft, bekommt eine Form und man kann leichter damit umgehen.

Die Zeichnungen!!! <3 hoch 10!!! Ehrlich: HUT AB! Ich knie nieder, Kotau und wasweißichnoch: die kleinen Comics sind einfach super. Punktgenau getroffen, in der richtigen Anzahl und so, dass man mit einem Blick erkennt, was Sache ist. Es gibt zusätzlich auch Postkarten, die zwecks Marketing entwickelt wurden und die aktuell viral gehen – ich sag nur: Bullshit-Krebs-Bingo (das im Buch auf Seite 64 zu finden ist).

Man muss nicht Krebs haben, um es zu lesen und davon zu profitieren – es hilft einem auch bei anderen kranken Grausigkeiten, die man sich nicht bestellt, aber dennoch bekommen hat. Und es hilft den Angehörigen, die haben sogar ein eigenes Kapitel bekommen haben.

Einziger Minuspunkt – ich vermisse ein wenig die Adressen mit den Tipps für Österreich und die Schweiz. Da würd ich mir eine Ösi/Schwyz-Ergänzungsbeilage wünschen, ginge ja auch in virtueller Form 😉

Fazit

Der Stil und Sabines Heransgehensweise an dieses undankbare Thema gefallen und imponieren mir immens. Es geht NIE darum tough, cool und „WirSchaffenDasMitVerve“ zu sein. Man wird ermutigt, bestärkt, begleitet, getröstet und bekommt erprobte, handfeste Tipps, die wirklich was bringen.

Sabine zeigt klar und deutlich, dass einen das Leben mit einer solchen Erkrankung durchaus an Grenzen führt, man fallweise scheißdrauf, aber dennoch lebendig sein kann und wie man sich profanen wie auch existentiellen Fragen stellt, auf die sie Antworten aus ihrem Erfahrungsspektrum anbietet, ohne zu belehren (Klugscheißfaktor kleiner gleich Null).

Und sie macht das so liebevoll, sensibel, mit irr viel Charme, Witz und Zartheit – genau daraus entsteht dann diese unheimlich tolle Kraft, die beim Lesen Mut macht und einem die Lefzen zum Grinsen verzieht, auch wenn das Leben aktuell vielleicht gerade zum Heulen ist.

Liebe Sabine, ich fühl mich tief geehrt, dass du mich unter deine Vorbilder gereiht hast! – Danke auch für die Zitate, die du übernommen hast (machtmichehgarnienichtverlegen) … das hat mich sehr berührt und gefreut.
In Wahrheit ist es aber umgekehrt: Im Lauf dieser Buchbegleitung, an der ich an deinem Wegrand stehen durfte, bist du mir zu einem großen  Mutmach-Vorbild geworden. Ich bin sehr froh, dich in den Weiten des internetten Netzes gefunden zu haben.
Auf noch ganz viele fröhliche Jahre und ich bestehe drauf irgendwann, so jenseits der 80, mit dir kichernd und Sekt schlürfend unseren Hunden beim Blödsinn machen zuzusehen: Slainté!

Fakten und weitere Infos

Sabine Dinkel
Krebs ist, wenn man trotzdem lacht
Wie ich von heute auf morgen Krebs hatte und wieder zu neuem Lebensmut fand
ISBN 978-3-86910-412-6
Humboldt Verlag

q? encoding=UTF8&MarketPlace=DE&ASIN=3869104120&ServiceVersion=20070822&ID=AsinImage&WS=1&Format= SL250 &tag=midesign 21 - Buchtipp: Krebs ist, wenn man trotzdem lacht - Sabine Dinkelir?t=midesign 21&l=am2&o=3&a=3869104120 - Buchtipp: Krebs ist, wenn man trotzdem lacht - Sabine Dinkel
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Klappentext:
Krebs. Von heute auf morgen verändert sich das Leben von Businesscoach und Buchautorin Sabine Dinkel („Hochsensibel durch den Tag“) radikal. Schnell wird klar: Das Ratgeber-Angebot ist für Sabine Dinkel zu sachlich, medizinisch, betroffenheitsduselig. Kurzerhand beschließt sie, selbst etwas zu schreiben. „Krebs ist, wenn man trotzdem lacht“ ist ein tröstlicher roter Faden durch diese schwere Zeit. Er ist lesefreundlich in Häppchen geschrieben, damit er auch in Phasen verminderter Aufmerksamkeit („Chemobrain“) und prima während Wartezeiten beim Arzt gelesen werden kann: Zur Orientierung, zur Bewältigung, zum spielerischen Umgang und zum Wiedergewinn der eigenen Souveränität.

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Allgemein

Linktipp: Erforschte Häuslverweilzeiten

Es gibt Dinge, da fragt man sich erst nach der Antwort, warum man sich das noch nie gefragt hat.
Im folgenden Fall gibt es nicht nur Antworten auf Fragen, von denen man gar nicht wusste, dass man sie hatte – es gibt sogar Forschungen dazu. Endlich hat sich mal jemand mit dem befasst, was wir unbewusst schon immer wissen wollten, uns aber nie zu fragen getraut haben: die Dauer der stoffwechseltechnischen Geschäftszeiten und das Warum dahinter.

Forscher ermitteln verblüffende Konstanz der Kack-Dauer

„Die meisten Säugetiere – egal ob Maus oder Elefant – defäkieren in rund zwölf Sekunden. Fürs Wasserlassen brauchen sie dagegen neun Sekunden länger …“

Eine meiner unbewussten Wissenslücken wurde endlich geschlossen – und ich hab was mit dem ich meine Phantasie füttern kann, für die Zeit, die ich nicht durchschnittlich damit verbringen muss, dass zu tun, was man eben so tun muss.

English Versions

Linktipp: „You Don’t Need Pain Medicine“ – Wenn man Schmerzen hat und nicht ernst genommen wird

Chronisch entzündliche Darmerkrankungen und Schmerzmittel sind ein teuflisches doofes Ding – weil einerseits braucht man was, damit man im Fall des Falles nicht nur auf hilfloses Zähnezusammenbeißen angewiesen ist. Andererseits aber tun einem die nun mitunter auch nicht wirklich gut und können  den Schmerz vielleicht eindämmen, andererseits aber auch den Crohn anheizen.

Eine sorgsam überlegte Schmerzmedikation ist also etwas, das man gut mit seiner*seinem Gastroenterologen*in besprechen soll. Und der*die sollte gut zuhören und auch die Erfahrungen des*der Patient*in berücksichtigen. Teamwork – einmal mehr.
Dumm ists aber, wenn der*die Doc einem nicht ernst nimmt und weder die Erfahrung noch den möglichen Bedarf in Erwägung zieht.

Hier ein (englischer) Fallbericht mit einem herzlichen Appell an Mediziner*innen und Patient*innen:

When You’re Told ‚You Don’t Need Pain Medicine‘ for Your Chronic Illness

When you´r dealing with a chronic disease such as Crohn`s you definitly need pain medicine now and then. And you need a doctor who also knows that. But what if your doc doesn´t want to listen to your need for pain killers?

Allgemein

Links der letzten Zeit, Teil 3: englische Infos – links from english sites

Nr. 1 ist ein berührender Artikel über die Gefühle, die einen überkommen, wenn man erfährt, dass es keine Therapie gibt.
What It Feels Like When You’ve Been Told There’s No Cure

Nr. 2 ist ein kleines Quiz über CED (IBD)
IBD Quiz! Test Your Knowledge of Crohn’s and Colitis!

Nr. 3 CED (Chronisch Entzündliche Darmerkrankungen) bedeutet im englischen IBD und steht für Inflamatory Bowel Disease – und noch für einiges anderes:
Urban Dictionary – IBD

Allgemein

Links der letzten Zeit, Teil 2: neues aus der Studienwelt

Nr. 1 bringt News aus dem Bereich Impfen, was ja mitunter für viele CED Patient*innen mit künstlicher Immunsuppression ein Thema ist.
Empfehlung: Anders impfen bei Immunschwäche

Nr. 2 versucht der Frage auf den Grund zu gehen, ob eine glutenfreie Ernährung grundsätzlich besser ist.
Glutenfrei für alle?

Nr. 3 ist dem Mysterium des löchrigen Darms auf der Spur:
Leaky Gut Syndrom: Mythos löchriger Darm

Allgemein

Links der letzten Zeit, Teil 1: schräg & informativ

Nr. 1 kommt aus der Wissenschaft und ich wage zu behaupten, dass das für alle, die immer wieder mit Durchfall zu tun haben, ein Segen sein könnte. Zumindest würde sich damit eine neue Einnahmequelle eröffnen:
Exkremente sollen Autos antreiben

Nr. 2 geht in eine ähnliche Richtung, vom Thema her. Hier gehts darum, das mögliche Konsumgut von oberhalb fachgerecht zu klassifizieren.
Wie gut kennst du deinen Stuhl? – Infokarte
Scherz ohne: Das macht durchaus Sinn. Schon alleine, damit man bei entsprechenden Untersuchungen auch eine fachlich hilfreiche Antwort abliefern kann.

Nr. 3 bleibt dann auch gleich beim Eingangs begonnenen Thema. In diesem Video lernt man, wie man richtig sitzt, bei der nächsten Sitzung. Weils eben nicht sch***egal ist:
Richtig sitzen auf der Toilette

 

English Versions

Note to Self – Notiz an mich selbst

„None of us are getting out of here alive, so please stop treating yourself like an afterthought.
Eat the delicious food. Walk in the sunshine. Jump in the ocean. Say the truth that you´re carrying in your heart like hidden treasure.
Be silly. Be kind. Be weird.
There´s no time for anything else.“

No more words needed.
Do as told above!

Notiz an mich selbst

„Keiner von uns kommt hier lebend raus, darum hör auf dich selbst wie ein unwichtiges Detail zu behandeln.
Iss die Köstlichkeiten. Spazier im Sonnenschein. Schwimm im Ozean.
Sag die Wahrheit, die du wie einen gut behüteten Schatz in dir trägst. 
Sei albern. Sei gütig. Sei seltsam.
Für alles andere ist keine Zeit.“

Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
Mach es so. 

Allgemein

Zitat: Ärztliche Kunst und was weiß ein Chirurg

„Die ärztliche Kunst besteht darin, so viel NICHTS zu tun, wie nur möglich. Das gilt für Psychiater wie für Chirurgen. Ein Chirurg braucht 2 Jahre, um zu wissen, wie eine Operation zu machen ist. Und 20 Jahre, um zu wissen, wann die Operation NICHT zu machen ist.“

Aus dem Buch: „Irre – Wir behandeln die Falschen„, von Manfred Lütz. Das Zitat selbst ist von Dr. Eckart von Hirschhausen, im Vorwort zum Buch.

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