Ernährung bei Morbus Crohn – Teil 3
Im dritten Teil meiner Serie rund um Ernährung bei Morbus Crohn geht es um Ernährungsberatung und wie man herausfindet, was einem gut tut und was man besser meidet.
Teil 1 der Serie findet ihr hier, Teil 2 hier.
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6.
Jeder muss für sich selbst herausfinden, was gut tut und was schlecht ist.
Das ist mühsam und läuft erwiesenermaßen nur mittels Trial and Error – also Schritt für Schritt ausprobieren.
Meist beginnt man dabei wirklich bei Null. Bei mir hat es sich nach einem sehr heftigen Schub von selbst angeboten. Über Wochen hinweg habe ich keine Nahrung mehr vertragen, auch keine breiige Schonkost – es lief sprichwörtlich durch mich hindurch. Man hat dann versucht mich mittels Venenfutter und sog. Astronautenkost zu versorgen.
Das ist nicht angenehm, schmeckt nicht besonders, aber es hält einem am Leben.
Mein körperlicher Tiefstand schlug sich damals mit knapp 45kg auf die Waage.
Heute habe ich um die 60kg, bei 1,61cm Körpergröße.
Als die Therapie endlich griff, kam auch der Appetit und ich begann wieder echtes Essen zu mir zu nehmen. Da habe ich dann ausprobiert was mir bekommt und gut tut. Begonnen habe ich mit dem, was allgemein als gut verträglich gilt (Reis, Karotten …) und mich langsam durch die Nahrungspalette gefuttert. Wenn etwas dabei war, was mir nicht gut getan hat, habe ich das sehr schnell gemerkt und dann versucht in Zukunft zu meiden. Was ich vorher nicht vertragen habe blieb auf der No-Go-Liste: Salatgurken, Knoblauch, größere Mengen Paprika …
Die darmreinigenden Klassiker, wie z.B. Sauerkraut, ließ ich aus verständlichen Gründen auch aus 😉
Vollkornprodukte mit ganzen Körnern, auch geschrotet, taten und tun mir gleichfalls nix Gutes – das ist so schwer verdaulich, dass mein Bäuchlein w/o gibt und mit beleidigtem Aufblähen reagiert. Es fühlte sich an wie Streusplit der über die Darmwand raspelt.
Vor meiner großen Darm-OP, als ich noch eine massive Stenose im Dickdarm hatte, wären Vollkorn-Produkte, Maiskörner, Trauben(kerne) & Co zusätzlich ein zu großes Risiko gewesen. Die können bei einer Stenose zu einem Darmversschluss kommen.
Das tut richtig.scheiße.weh.
Das ist lebensgefährlich.
Das will man nicht.
Auch ohne Stenose sind schwer verdauliche Nahrungsmittel keine sinnvolle Kost für Menschen mit einem empfindlichen Darm. Das es auch hier Ausnahmen gibt, muss ich, hoffe ich, nicht mehr erwähnen.
7.
Was Gesunden schadet, hilft auch Kranken nicht.
Junkfood, Unmengen Zucker, unregelmäßiges Essen, Schokoladen-Overload, extrem Fettes, Frittiertes, dunkel Gegrilltes (=Kohle) … tut einem Gesunden schon nicht gut. Wer eine Erkrankung hat, speziell im Verdauungstrakt, der/die tut sich mit dieser Nahrung aber erst recht nichts Gutes.
Das sagt einem an sich die Logik. Aber seit es den Hausverstand im Supermarkt an der Kasse, als Pappfigur, gibt, fehlt er im Alltag halt immer wieder.
Wie bei allem macht auch hier die Dosis das Gift. Wer hin und wieder, also wirklich selten, beim goldenen Doppelbogen einfällt, sich dann und wann (=selten) einen Schokoschock schenkt oder beim alljährlichen Familientreffen (=selten) Omis berühmten, deftigen Schweinsbraten inhaliert, der nimmt Seelennahrung zu sich. Denn der Verzicht auf dieses einmalige (=seltene) Vergnügen schadet mehr, als die Verträglichkeit der Nahrung.
Schlussendlich ist Essen ein gesellschaftliches Ereignis und wer davon ausgeschlossen ist oder durch eine besondere Diät gehandicapt, der hat schnell ein emotionales und soziales Problem. Wenn alle nach einer anstrengenden Bergwanderung in der urigen Hütte leckeren Kaiserschmarrn mampfen, dann wird die mitgebrachte Reiswaffel zu einem Würgeteil, das man auch mit viel Schnapps und gutem Zureden nicht in den Magen bekommt.
Jeder muss hier selbst wissen und spüren lernen, wo die gerade noch verträgliche Grenze liegt und wann es sich lohnt, sie zu überschreiten, weil man die Konsequenzen angesichts des Vergnügens in Kauf nimmt.
Ausnahmezeiten, wo ein Festhalten am Plan keinen Sinn macht, sind zum Beispiel wenn die Tage und Wochen länger bauchtechnisch mühsam sind, der Crohn im irren Freak-Modus unterwegs ist und man einfach nicht mehr weiß, was den Wahnsinn stoppen kann.
Wenn man hinterrücks nur noch auf der weißen Schüssel hängt und dazwischen den Kopf darüber hält, weil die Mediks einen gerade das letzte Futzelchen an Nahrung herauskotzen lassen, dann ist eine strikte, einschränkende Diät das letzte, was einem hilft. Im Gegenteil, da bringt es meiner Erfahrung nach mehr, wenn man sich bewusst etwas gönnt, wonach einem der Gusto steht, was die Lebensgeister und den Appetit hervorlockt.
Ich hatte so eine Phase unter anderem bei einer heftigen Antibiotikatherapie im Spital, wo ich unmittelbar nach dem Anhängen der täglichen Infusion zuerst in einen unangenehm bedöselten Halbkoma-Zustand versank und sofort danach jedes Tröpfchen Mageninhalt in eine Schüssel gespuckt habe, bis ich meiner Galle „Guten Tag“ zukrächzen konnte.
Als Konsequenz habe ich tags darauf, beim Frühstück, meinem traurigen, glutenfreien Brotersatz die Freiheit geschenkt und mir eine resche Kaisersemmel gegönnt, mit viel Nougataufstrich und extra Marmelade. Volle Kanne.
Im Wissen, dass mich diese Genusskombi kurz darauf unverdaut wieder am gleichen Weg verlassen würde, wie sie in mich gewandert war.
Aber ich hatte zumindest kurz ein paar geschmacksverursachte Glücksgefühle, einen Hauch Normalität und das gibt manchmal mehr Kraft, als es Kalorien vermögen.
8.
Ernährungsberatung KANN helfen.
Oder alles schlimmer machen.
Ich hatte in meinem crohnischen Dasein viele Ernährungsberatungen. Die meisten waren schlecht, ein paar sogar schädlich, eine zusätzlich besonders schmerzhaft. Doch die meisten waren hauptsächlich frustrierend, lebenseinschränkend und einige sogar komplett falsch.
Und ich hatte ein paar wirklich gute Ernährungsberatungen, von denen ich bis heute profitiere und die mir sehr geholfen haben.
Hier ein paar Tipps für alle, die wissen wollen, woran man eine gute Ernährungsberatung erkennen kann:
- Gute ErnährungsberaterInnen erkennt man daran, dass sie wissen, dass es keine allgemein gültige Crohn-Diät gibt.
- Sehr gute ErnährungsberaterInnen fragen vorweg nach den bereits gemachten Erfahrungen. Also ob man schon weiß, was einem gut und was einem nicht gut tut und bewerten das nicht. Und sie fragen nach Befunden, die sie lesen und auch verstehen.
- Super gute ErnährungsberaterInnen lassen einen im Anschluss an die Beratung nicht mit dem Endergebnis dastehen, sondern geben Tipps und Hilfestellung, wie man diese spezielle Diät, die man gemeinsam erarbeitet hat, im Alltag – im echten Leben – simple umsetzt und wie dran bleibt.Zum Beispiel:
- Wie man sich auch an miesen Tagen gut versorgt.
- Wie man sich während eines Schubs ernährt.
- Wie man sich unterwegs, auf Reisen, im Berufsalltag gut ernährt.
- Wie und wo man Rezepte findet, bei denen man keine Nouvelle Cuisine Kocherfahrung braucht oder den halben Biomarkt leerkaufen muss.
- Welche Lebensmittel man wo gut und günstig findet, ohne dass man einen Kleinkredit aufnehmen muss, um sich all die supertollen Nahrungsergänzungsmittel, die man un.be.din.gt. braucht, leisten zu können.
- Wie man sich das crohnische Kochen erleichtert, so dass es nicht den halben Tag dauert, sondern ruck zuck fertig und gut ist.
Wenn es ihnen dann noch gelingt, dass das Ganze auch Spaß macht und man sich wirklich freut, die Rezepte auszuprobieren UND diese Freude dann auch ein paar Wochen später noch da ist, dann hat mein seine persönliche, hilfreiche ErnährungsberaterIn gefunden.
Das muss auch nicht unbedingt hochpreisig sein. Wie bei vielen Dingen ist auch hier „teuer“ nicht mit „gut“ gleichzusetzen. Man kann auch auf Kassenkosten so jemanden finden. Glück gehört natürlich auch dazu und fallweise helfen die Erfahrungen von anderen.
Daher hier auch noch ein paar Tipps, wie man schlechte ErnährungsberaterInnen erkennt, um die man besser einen Bogen machen sollte:
Schlechte ErnährungsberaterInnen wissen alles, haben aber keine Ahnung, was Morbus Crohn ist.
Wen ich wem meine Erkrankung erst mal erklären muss, dann kann mir der nicht sagen, was mir da hilft, weil er/sie schlichtweg keinen blassen Dunst von dem hat, was in mir vorgeht.Schlechte ErnährungsberaterInnen haben die ultimative Methode ge/erfunden, mit der man allen (also wirklich ALLEN) helfen kann, weil alle die gleichen Fehler machen.
Das sind dann keine ErnährungsberaterInnen, sondern Gurus, die einen bekehren wollen.Schlechte ErnährungsberaterInnen wollen einem etwas verkaufen.
Natürlich immer zum Selbstkostenpreis, als Sonderangebot und das ist reeeiner Zufall, dass man gerade heute das bewusste Wunderprodukt im Haus hat und es einem gleich mitgeben kann … und man kann das gaaanz einfach im Web bestellen, muss nur den Beratercode dazu angeben, kommt alles frei ins Haus … usw. usf.
Finger weg – speziell, wenn hinter den superigen, tollen, einmaligen Produkten Firmen stehen, die ihre Waren nur mittels Empfehlungsmarketing/Pyramidensystem verkaufen. Das sind dann eher Sekten und die BeraterInnen gläubige, bekehrungssüchtige JüngerInnen.
Schlechte ErnährungsberaterInnen haben eine ganz besonders tolle Methode, mit der sie Unverträglichkeiten und Allergien austesten können.
Man muss da gar nichts mehr selber wissen, das Gerät macht das ganz von alleine.
Ich glaube schon, dass man mit Hilfe von Pendel, Tensor und Muten herausfinden könnte, ob einem etwas gut tut, oder nicht – weil einem das ja schon das eigene Körpergefühl/Unterbewusstsein sagt. Pendel und Tensor sind in dem Fall dann Zeigerinstrumente. Wir haben in Dingen, die uns persönlich betreffen, aber nicht immer die Ruhe um uns selbst gut „zuhören“ zu können und vertrauen diesen Infos dann auch nicht so, als wenn ein Fremder sie uns mitteilt.
Daher diese Sehnsucht nach Hilfe, wo dann ein/eine anderer das Pendel schwingt oder über eine Wundermaschine „abfragt“.
ABER:
Das ist kein medizinischer Test und das Ergebnis muss IMMER schlüssig hinterfragt und geprüft werden. Auch wenn das Wundergerät noch so toll ist und mit x-fachen Zertifikaten beklebt (von denen man noch nie was gehört hat), wird es nicht richtiger, wahrer oder besser.
Es steht immer ein Mensch hinter der Handhabung und die Geräte, die zum Einsatz kommen, sind nichts anderes als Zeiger, die das anzeigen, was der/diejenigen, der/die die Maschine bedient, spürt – heute, jetzt, in diesem Augenblick.
Besondere Vorsicht ist bei größeren „Massenaustestungen“ geboten, wo in einer Sitzung hunderte Substanzen „abgefragt“ werden.
Ganz besonders spannend wird es, wenn man als Ergebnis einen vorgedruckten Standard-Zettel in die Hand gedrückt bekommt, wo diese vielen, hundert unterschiedlichen Substanzen, die man in Zukunft meiden soll, schlussendlich auf eine Handvoll reduziert wurden.
Wenn sich unter den ab nun verbotenen Substanzen die unheiligen Klassiker Weizen, Gluten, weißer Zucker, Fructose, Histamin, Schweinefleisch, Ascorbinsäure & Co befinden, dann war der vorherige, teure Test schlicht für die Katz`: Das Verdammen dieser „Ernährungsgifte“ ist mittlerweile Standard in der energetischen Ernährungsberatungsszene und wird jedem aufs Aug´ gedrückt. Egal ob bei einem eingewachsenen Zehennagel oder Krebs im Endstadium.
Wer nun argumentiert, dass sich durch das Weglassen der unheiligen Mehrfaltigkeit der Zustand gebessert hat:
Wer weniger Weizen, Zucker, Schweinefleisch & Co. isst, tut seinem Körper ganz sicher Gutes. Weil wir westlichen Menschen einfach viele zu zuviel davon in uns hineinstopfen.
Das sagt aber ABSOLUT NICHTS über Allergien und Unverträglichkeiten aus und ist auch keine individuelle, krankheitsbezogene Diät, sondern schlichtweg Schonkost.
Ganz sicher wird man davon auch nicht geheilt, egal was man hat. Wenn der Körper solcherart auf Diät gesetzt wird, geht es ihm besser, er kann sich erholen und das sorgt für Wohlbefinden. Den Crohn (und andere schwere, chronische Krankheitszustände) bringt man damit aber nicht weg.
Das Geld dafür kann man sich sparen und besser auf das Wissen unserer Mütter und Großmütter vertrauen, die einem an kranken Tagen mit Süppchen und sanftem Brei genau das Richtige ans Bett geliefert haben – ohne vorheriges Abfragen mittels teurem Wundergerät.
Man braucht übrigens auch keine supertollen, neumodernen Küchengeräte, Heilsymbole oder Wundermagnete, die einem für ein mehrstelliges Sümmchen überlassen werden und dann auf gar mystische Weise für rundum wonnige Zeiten und Komfort sorgen.
Wer das haben will, dem sei es unbenommen. Aber „brauchen“ tuts niemand und helfen, also im heilsamen Sinne, tuts auch nicht.
Habt ihr noch Ergänzungen zu meiner obigen Liste betreff ErnährungsberaterInnen oder worauf man achten sollte? Dann her damit, ich freu ich über Tipps und auch über eure diesbezüglichen Erfahrungen!
Im vierten Teil meiner Serie rund um Ernährung bei Morbus Crohn gibt es einen persönlichen Erfahrungsbericht über Fern-Ernährungsberatung via Internet.