Schlagwort: Cartoons

Allgemein

Liebe Angehörige, Freunde, Bekannte … liebe alle:

Ihr seid – im besten Fall – bemüht, wollt das Beste und möchtet helfen. Das Problem dabei: Es gibt keine Anleitung, keinen Beipacktext und kaum brauchbare Informationen. Der*die Patient*in selbst ist auch nicht immer eine Hilfe – was weniger eine Schuld von irgendwem ist, sondern daran liegt, dass man man mit Überleben und anderen Kleinigkeiten beschäftigt ist.

Eine chronische, nicht heilbare Autoimmunerkrankung wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa, kurz CED (chronisch entzündliche Darmerkrankung) genannt, betrifft auch immer das Umfeld des*der Patient*in. Nur bekommt dieses Umfeld kaum Betreuung und was sich an Informationen ansammelt, ist auch nicht immer hilfreich.

Für alle, die helfen wollen, aber nicht wissen wie, gibt es nun auf mytherapyapp.com eine Serie mit Tipps und Infos auf mytherapyapp.com, mit mir als Gastautorin. Der erste Teil ist heute erschienen:

Leben mit Morbus Crohn: Liebe Angehörige, Ihr könnt helfen!
Schätzungen zufolge leben rund 440.000 Menschen in Deutschland mit einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED). In Österreich geht man von etwa 80.000 Betroffenen aus. Ein Mangel an Information über die Krankheit und das Tabu, mit dem Verdauungsprobleme nach wie vor verbunden sind, lassen Angehörige oft ratlos zurück, auf welche Weise sie einer geliebten Person nach einer Diagnose am besten den Rücken stärken können. Die Autorin und Illustratorin Michaela Schara, selbst seit über 10 Jahren die ständige Anwesenheit ihres Begleiters Herr Crohn gewohnt, teilt für uns Tipps und Erfahrungen für Angehörige und Betroffene. Erhalten Menschen die Diagnose, dass sie mit einer chronischen Erkrankung wie Morbus Crohn leben müssen, ist das nicht nur ein Schock für sie selbst. Auch Angehörige wissen oft nicht, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollen und wie sie Betroffenen helfen können. In der Reihe „Leben mit Morbus Crohn – Tipps für Angehörige“ gibt unsere Gast-Autorin Michaela Schara wertvolle Tipps und Tricks und verrät, was sich Betroffene wünschen. … zum Weiterlesen hier klicken!

Die weiteren Beiträge folgen im zweiwöchigen Abstand (und ich werde hier im Blog auch eine entsprechende Info rausgeben).

Ich hoffe, dass ich damit zumindest ein paar Infos liefern kann, die euch helfen, euren an CED erkrankten Angehörigen, Freunden, Bekannten so zu helfen, dass die das auch als Hilfe annehmen können und ihr wisst, das ihr so geholfen habt, dass niemand zu Schaden gekommen ist – auch nicht ihr selbst.

In diesem Sinne: Danke fürs Lesen und Umsetzen!

Herzlichst,

Michaela Schara

P.S.: Und ich danke mytherapyapp.com sehr für diese Möglichkeit und auch für die Bereitschaft, meinen (etwas 😉 über das normale Maß hinausgehenden Beitrag in bekömmlichen Happen zu veröffentlichen!

Allgemein, Cartoons

Therapeutisches Rumschlunzen

Bevor man sich zu sehr zerspragelt und damit den Tag verschwurbelt, ist es gut sich ein wenig oder mehr dem therapeutischen Rumschlunzen hinzugeben.

Nein, ich hab kein halluzinogenes Kraut geraucht und bin auch nicht gegen eine Wand gedonnert (oder habe mir das Köpfchen woanders innerlich geschädigt).

Therapeutisches Rumschlunzen hingegen ist meine Eigenkreation. Es ist heilend, inhaltlich gediegen und rundum hilfreich, wenn man gerne dann und wann über die Grenzen dessen geht, was gut für einen ist.

Das therapeutische Rumschlunzen  ist dem Prokrastinieren irgendwie ähnlich. Von der Wirkung her aber ist es völlig konträr. Während die akademische Aufschieberitis nur den inneren Schweinehund füttert, ist das therapeutische Rumschlunzen eine Kur für Körper, Geist und Seele. Die Kleidung spielt dabei schon auch eine gewisse Rolle. Denn sie darf durchaus sauber, muss aber möglichst bequem und bekömmlich sein – Wohlfühl-G`wand.

Wichtige Kernpunkte

  • Fünf gerade sein lassen und damit dem Perfektionsdrang ein Schnippchen schlagen.
  • Die To-Do-Liste den Göttern opfern und statt dessen auf situative Anlassplanung umsteigen (=das machen, was leicht geht und was man jetzt gut tun kann UND will).
  • Den aktiven Zeiten des Tages im gleichen oder gar größeren Maße höchst passive gegenüberstellen und trotzdem kein schlechtes Gewissen haben*
  • Statt konzentriert auf Bildschirme starren und krampfhaft kluge Satzgebilde zusammendrechseln wollen-sollen-müssen, lieber auf der Bank vorm Haus sitzen (besser: Knotzen) und ohne Fokus in die grüne Leere glotzen.
  • Statt Stress beim Abarbeiten von therapeutischen, physikalischen, bikinifigurformierenden Körperübungen zu haben, lieber gemütlich, wie ein „stinkertes Gsöchts“, in der Hängematte abchillen und befinden, dass die seelischen Bauchmuskeln anrecht auf ein gutes Training haben und es nur so erhalten.

Der wichtigste Punkt beim Therapeutischen Rumschlunzen: sich selbst den Druck nehmen, uuunbeeediiingt was tun wollenmuessenmöchtensollen. Und sich dabei auch von anderen nicht aus dem Tritt bringen lassen.

Therapeutisches Rumschlunzen hilft

  • Nach Situationen mit längerem, deutlich erhöhten Stressaufkommen
  • Bei innerer Orientierungslosigkeit, aus welchem Grund auch immer
  • Nach längerem, erfolglosen Sackgassen-Denken (Sackgassendenken ist immer erfolglos. Aber manchmal braucht man länger, um es einzusehen)
  • Bei mentaler Müdigkeit, die sich aus Punkt 1 und anderen Stressoren ergibt
  • An Sonntagnachmittagen und Feierabenden, damit man die abgearbeitete Anstrengung abbaut und Kraft für die kommende tankt; im Urlaub, zwischendurch, immer wieder für längere oder kürzere Zeit. Aber nicht auf Dauer, denn dann wäre es ja nicht mehr hilfreich.

Der Unterschied zum Prokrastinieren ist von Außen schwer zu erkennen. Man selbst aber spürt es und weiß, wann Zeit ist für das therapeutische Rumschlunzen.

  • … wenn man trotz aller motivierender Maßnahmen und/oder nach stressiger Phase, nichts G`scheites auf die Reihe bringt, dauermüde ist und Motivation nicht mal buchstabieren kann …
  • … wenn man sich dauerhaft vom Dasein überfordert fühlt, der Körper Müdigkeitssignale ohne Grund sendet und man sich im Hochsommer innerlich wie im Winter fühlt …
  • … wenn man das Gefühl hat, den 30jährigen Krieg gerade noch lebend überstanden zu haben, aber kein Siegesgefühl aufkommen will, weil der Anblick der verbrannten Erde im Inneren die Mutlosigkeit füttert und der Fokus kein Ziel finden kann …

In all diesen und vielen anderen, ähnlichen Fällen, ist es dann Zeit sich gezielt, bewusst und freudig dem therapeutischen Rumschlunzen hinzugeben:

  • Wohlfühlkleidung an – bunt oder einfarbig, bequem und luftig
  • Terminkalender aus – und auf situative Planung, frei nach Lust und Laune umschalten
  • Der Jahreszeit zum Trotz auf Winterschlaf umschalten
  • Handy auf lautlos, Lieblingsmusik auf  Genuss-Lautstärke und dazwischen dem Vogelgezwitscher und dem Wind lauschen, denn da steckt viel Weisheit drin
  • Die innere und äußere Hängematte aufspannen, die Seele in die eine, den Körper in die andere platzieren und dafür sorgen, dass beide im gleichen Takt schwingen.
  • Die Begegnung mit „interessanten“ Menschen meiden und sich statt dessen ausschließlich mit handverlesenen Lieblingsmenschen umgeben, die auch tierischen Ursprungs sein dürfen
  • Seichte Buchlektüre oder Filme mit einfacher Handlung – die Bildung darf mal Pause machen und sich mit Trivialliteratur beschäftigen

… ich könnte noch ewig weiterschreiben, aber ich denke, ihr habt es.

Therapeutisches Rumschlunzen ist etwas, dass man sich bewusst schenken muss. Dann – und nur dann!!! – wirkt es. Die Dauer ist abhängig von Grad und Umstand der Gründe. Das muss jeder für sich selbst bestimmen. Manchmal reichen ein paar Stunden, manchmal braucht es Tage oder gar Wochen dafür.

Hilfreich ist es, wenn man seine Umgebung davon informiert, dass man sich gerade in einem – außen nicht gleich erkennbaren – Regenerations-Umbauzustand befindet. Dann können die die unsichtbare Grenzen dieser Reha-Maßnahme entsprechend wahrnehmen und poltern mit Glück nicht hinein.

Woran man erkennt, wenn es genug ist?

Wenn die Fantasie sich Richtung Kreativität begibt und diese wieder nach konstruktiven Umsetzungsmaßnahmen lechzt. Dann wird es Zeit, sich die Kleckse aus der Wohlfühlkleidung zu waschen, die Hängematte dankend abzuhängen und sich wieder sanft – oh gaaanz langsam und sanft! – in den Strom der Mitmenschen einzugliedern.

In uralten, urgeschichtlichen Zeiten, war es noch üblich, dass jemand, der krank ist oder sich nicht wohlfühlt, für einige Zeit einen umsorgten Platz am gemeinsamen Feuer einnehmen konnte. Er*sie durfte liegen, ruhen, rasten und wurde von der Gemeinschaft vorurteilslos, liebevoll und hilfsbereit versorgt. So lange, bis es wieder besser ging.

Unser gewerkschaftlich erkämpfter Krankenstand und die Versorgung durch Krankenkasse und Pensionssystem sind ein Tropfen auf dem heißen Stein dagegen.

Denn das wichtigste an dieser uralten, immens effektiven Therapie: Das man es sich selbst zu- und eingesteht, sie zu brauchen, es zuzulassen, anzunehmen und zu genießen. Ohne schlechtes Gewissen, ohne missbilligende Blicke (von anderen oder von einem selbst, im Spiegel), ohne Ablaufdatum am Krankenstandsdatenblatt.

Also:

Ich bin dann bis auf Weiteres, zwischendurch und immer wieder, am therapeutischen Rumschlunzen.
Weil ich es gerade brauche und mir schenke.

Danke fürs Wahrnehmen!

*ok, daran arbeite ich noch, am Abbau des schlechten Gewissens. Aber es wird.

Briefe aus dem Leben mit CED

Back to normal Life? Vorwärts reicht völlig.

Exakt ein Jahr ist meine „große“ Bauch-Operation nun her. Meine Bucket-List vorm Cut off habe ich damals nicht ganz geschafft. Aber das macht nichts, denn: Mir bleibt nun Zeit, alle Punkte mit Genuss nachzuholen. Und noch weitere dazu. Und zwar langsam, ohne Deadline … weil die sich durch die OP um einiges nach hinten verschoben hat.

Die Hemikolektomie, die aus der geplanten OP schlussendlich geworden ist, war hochnotwendig. Die hässliche Stenose, die sich am Übergang aufsteigender, querliegender Dickdarm breit gemacht hatte, war dermaßen massiv und entzunden … „Ein dicker, faustgroßer Knubbel“ – so hat es die wunderbare Chirurgin benannt, und: „Es war höchste Zeit, dass der entfernt wurde.

Fazit

Ca. 25 cm Dickdarm, plus ca. 10 cm vom dünnen weniger, einige umfassende Umbauarbeiten im Bauchraum, eine – gemessen an der OP – winzige Narbe im Bauchnabel und ein unmessbarer Gewinn an Lebensqualität und -verlängerung.

Alles ist gut

Fast exakt ein Jahr danach geht es nun zur geplanten Kontrolle ins Spital. Eine weitere Koloskopie und mein Gefühl sagt mir: „Nothing to worry about – alles ist gut.
Das war auch mein Mantra, mit dem ich mich vor der Op in Trance gechantet habe. „Allesistgut – Allesistgut – Allesistgut – …“, in einem fort, immer wieder. Jedesmal, wenn das Angstgefühl an die Herzenstür gepumpert hat.

Und es hat gewirkt.
Zumindest Großteils und gemessen an dem, was vorher nicht gut war.

„Wie geht es dir?…“

… fragen mich Freunde, Bekannte, Unbekannte …

Gut – wenn ich meinen Maßstab nehme und Vergleiche zu der Zeit vor 1-2 Jahren ziehe. Meine Blutwerte sind wonnig, abgesehen von anämischen Aussetzern dann und wann und im Vergleich zu früheren Werten. Mein Glück, dass ich die Eiseninfusionen vertrage und das Übel so ausgeglichen werden kann.
Gut – wenn ich mir überlege, wie es aussehen würde, wenn ich diese OP nicht gemacht hätte. Korrigiere: verglichen damit, gehts mir ausgezeichnet, weil es mir die Möglichkeit gegeben hat, überhaupt noch Vergleiche anstellen zu können.
Gut – weil ich das Gefühl habe, dass ich nun wieder einen längeren Zeithorizont vor mir habe. So dramatisch das klingt: Gegen dieses Gefühl kommt medizinische Logik nicht an.

Nehme ich meinen Maßstab her und setze ich mich in den Mittelpunkt des Daseins, dass ich nun lebe, so geht es mir gut und ich bin dankbar, froh und demütig glücklich darüber.
Nehme ich mich allerdings raus aus meinem Glashaus und setze mich und mein jetziges Leben in den Vergleichskampf mit anderen, „normalen“, gesunden Menschen, dann … äh, tja, das geht nicht. Ich kann es einfach nicht. Weil es nicht fair ist und nie fair sein wird.

Das ist, als würde man einen Frosch und ein Nilpferd, auf Grund ihrer Fähigkeit Springen zu können, miteinander vergleichen wollen.

Ich bin in diesem Fall das Nilpferd. Die Frösche hopsen fröhlich, mit Speed und Pirouetten, um mich herum und ich bin froh, wenn ich mit meinen vier ungelenken Füßen einen halbwegs geraden Gang zusammenbringe. Große Sprünge gehen nicht, das kann ein Nilpferd nun mal nicht.
Aber wie erklärt man das einem Frosch?

Ich bin langsamer als früher, viel langsamer. Auch wenn ich brav täglich trainiere, mit der Wuffmadame durch die Wälder und Hügel streife, meine Physioübungen zähneknirschend und imho tapfer absolviere … ich werde nicht schneller und damit meine ich nicht die Geschwindigkeit beim Gehen. Es ist das Innere, was länger braucht, um mit mir wo anzukommen.

Ich werde schneller müde als früher und brauche mehr Pausen. Nicht nur im physischen Sinn, auch mental und psychisch. Reizüberflutung kostet immens viel Kraft, ich bin nicht mehr so belastbar, muss genauer haushalten mit dem, was ich an Energie habe. Ob das allein an der OP liegt, bezweifle ich. Es wird eine Mischung aus vielem sein – die Medikamente, die Jahre davor, die Narben im Inneren, außen und in mir drin … das nicht nur crohnische Leben, das seine Spuren hinterlassen hat.

Ich brauche Ruhe, Frieden und Ordnung um mich – das gibt mir Sicherheit und damit tue ich mir leichter. Hektik und Trubel, Chaos und schnelle Diskussionen … machen Stress und – siehe oben – dann drehen meine Sicherungen durch, ich verliere unverhältnismäßig viel Energie und spüre, wie die Verzweiflung, nicht Schritt halten zu können, mich lähmt.

Aber wenn ich in meinem gemütlichen Nilpferdtrab durch den Tag trotte, mir die Zeit gebe, bei den Blumen am Wegesrand stehen zu bleiben und nicht darauf beharre, mit den Fröschen Schritt halten zu müssen, dann geht es eigentlich ganz gut.

Gelegentliche Ausrutscher inklusive – wie zu Weihnachten, als die unheilige Dreifaltigkeit, bestehend aus dem Herrn Crohn, Madame Fatigue und Mrs. Migraine (siehe oben) meinte, sich ohne Einladung zu den Feiertagen einbringen zu müssen. In Kombination mit dem üblichen, weihnachtlichen Tohuwabohu, einer Mal-wieder-Anämie und den, am Jahresende wieder hochkommende Erinnerungsemotionen, war das dann ein Cocktail, den man seinem besten Feind nicht wünscht.
Mein persönliches Erfolgserlebnis: Ich habs überwunden, irgendwie. Mit Hilfe, mit Zeit, irr viel Kraft, Unterstützung meiner Familie, mit Medikamenten und mit viel Geduld. Aber überwunden und damit den drei Intimfeinden den mentalen Stinkefinger präsentieren können.

Man sieht es noch immer nicht

lookfeel 300x225 - Back to normal Life? Vorwärts reicht völlig.Den Crohn, die Kämpfe, die Müdigkeit, die Schmerzen. Man sieht sie nicht, aber manchmal kann man es erahnen. Die Blässe, die Ringe unter den Augen, die Verspannungen in den Schultern und die immer wieder ineinander verkrampften Hände, wenn ich nach Halt suche, weil die Wellen drohen, über mir zusammen zu schlagen.

Ein normales Leben zu leben ist schwieriger, als man glaubt. Vor allem, wenn man nicht weiß, was normal ist, oder es verlernt hat, weil anderes, was sich ein „Normaler“ nicht mal ansatzweise vorstellen kann, zum täglichen Alltag geworden ist.

Ich lerne, täglich, und ich glaube, langsam bekomme ich ein Gefühl dafür, was „normal“ für mich sein kann. Und ich wünsche mir, dass es mir gelingt, diesen so individuellen Normalzustand möglichst lange aufrecht zu erhalten.

Dazwischen beantworte ich Fragen.
Zum Beispiel:

„Und kannst du nun wieder alles essen?“

Das ist die mit Abstand häufigste Frage, die mir Bekannte und Freunde stellen, wenn sie wissen wollen, wie es mir nach der OP und allem drum und dran geht. Und ich bin immer wieder erstaunt, denn das ist ehrlich gesagt das letzte, was mich interessiert.

Ich lebe seit über 10 Jahren mit meinen diversen Nahrungsmittelunverträglichkeiten, meinen Allergien und dem, was ich mir nahrungstechnisch auf Grund meines eingeschränkten Verdauungssystems zumuten kann. Ich schwöre: Die Momente, wo ich mich darüber gräme, dass andere augenscheinlich mehr und anderes essen können, als ich, sind kaum noch vorhanden. Ich habe mich daran gewöhnt und es ist im Laufe der letzten Jahre auch organisatorisch wesentlich leichter geworden. Eine Weizenallergie oder Laktoseunverträglichkeit ist mittlerweile nichts exotisches mehr. Im Gegenteil: Viele legen sich eine entsprechende Abstinenz freiwillig zu, ohne medizinischem Grund.

Aber wenn es darum geht, das ein Außenstehender die Einschränkungen einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung für sich auf ein verständliches Niveau runterbrechen möchte, dann bleiben die Einschränkungen im Bereich der Nahrungsaufnahme als größtes Missgeschick hängen.
Und ich wundere mich immer wieder, wie hoch dieser Bereich, der bei mir mittlerweile bei „ferner liefen“ liegt, als Gradmesser für den Erfolg einer OP und den Verlauf einer schweren Erkrankung dient.

Aber weil ich nicht so bin, bleib ich nett und erkläre nimmermüde, dass ich mir nun zwar ein wenig leichter mit dem Verdauen tue, aber gewisse Einschränkungen nun mal da sind und voraussichtlich auch bleiben werden. Aber das ist ok für mich und gemessen an den anderen Dingen, die sich verändert haben bzw. beachtet werden müssen, nicht so schlimm.
Was dennoch nicht wirklich ankommt – weil Essen mit Einschränkungen als Minuspunkt für Gesunde leichter begreifbar ist, als eine komplizierte Erkrankung und ebensolche OP und sich daraus ergebende Umstände. Obs an der Maslowschen Bedürfnispyramide liegt?

Immerhin: Mittlerweile ist es mir egal.
Sowohl das mit dem eingeschränkten Essen, aber auch die ewigen Fragen danach.
Und dieses „Egal-sein“ sehe ich als große Fortschritt im persönlichen, mentalen Reifungsprozess. Weil ich mich von meinen nahrungstechnischen Restriktionen früher tatsächlich massiv eingeschränkt gefühlt habe, weil es ja auch eine reale und umfassende Einschränkung war. Aber eben nicht mehr ist. Irgendeinen Vorteil muss dieses älter und reifer werden ja auch haben.
Über manche Frustrationen wächst man hinaus und dann hat man Platz für schönere Dinge.

Eine wesentlich seltenere Frage, die mir fallweise gestellt wird:

„Und was machst du jetzt?“

Die ist aber auch einiges schwieriger zu beantworten. Weil „versuchen, wieder leben zu lernen“ versteht eben nicht jeder. Auch „den Tag so nehmen, wie er kommt und das beste daraus machen“ gilt gemeinhin nicht als Tätigkeit.
Es braucht auch hier Fakten, die auf „normales“ Niveau gebrochen werden müssen.
Also:

  • Ich bin in Berufsunfähigkeits-Pension, mit gutem Grund. Weil ich eben nicht mehr mithalten kann im täglichen Roboter-Alltag, 9-to-5 für mich der Wahnsinn ist und ich genug zu tun habe, mich und meine Krankheit zu managen.
  • Ich brauche nach wie vor Medikamente, damit der Herr Crohn in Schach gehalten wird. Einige nehme ich täglich, andere bekomme ich in regelmäßigen Abständen als Infusion. Das sind die, wo ich dann 1-2 Tage Sonderpause brauche, weil die richtig Kraft kosten. Andere, wie das erwähnte Eisen, kommen im Bedarfsfall auf die Liste.
  • Ich schaffe es, mich und meinen Haushalt, im Griff zu haben – wenn ich den Griff locker halte, dann und wann fünf gerade sein lasse und brav weiter am Abbau meines Perfektionsdranges arbeite.
  • Ich bin wieder mehr unterwegs – und zu meiner Freude nicht nur aus Krankheitsgründen. Dieses viele Unterwegs sein können ist einerseits Geschenk und als solches nehme ich es sehr dankbar an. Andererseits empfinde ich es als Training. Ich übe mich in Flexibilität und Minimalismus. Das war noch nie so meine Stärke, aber ich merke, dass ich genau das nun brauche. Mit kleinem Gepäck zu reisen ist um vieles einfacher, als jedesmal den gesamten Haushalt mitzuschleppen. Allein: Ich schaffe es noch nicht in dem Ausmaß, wie ich es mir wünschen würde.
    Nicht jede Reise dient der Erholung. Zum Beispiel zweimal eine Woche im schönen Bad Mitterndorf. Das war im Zuge einer intensiven Therapieeinheit, was mich zum nächsten Punkt meiner aktuellen Tätigkeiten bringt:
  • Ich bin im Renovierungs-Modus – wie bei einer romanischen Kirche haben sich im Laufe der Zeit einige Schäden an der baulichen Substanz ergeben. Zum Beispiel mein Kreuz mit dem Kreuz, was die gesamte Wirbelsäule betrifft. Die ist von Haus aus sehr wackelig, drei Auffahrunfälle (=zur falschen Zeit am falschen Ort gestanden) haben es nicht besser gemacht. Rheumatoide und crohnischen Gelenksschmerzen, die lange Zeit der körperlichen Schwachzustände, diverse Zerstörungen, die der Herr Crohn in seinem irren Wüten vollbracht hat … das ist in Summe wie der saure Regen, Erbeben und gut gemeinte, aber falsch ausgeführte Restaurierungsmaßnahmen bei einem ohnehin schon nicht so optimalen Fundament.
    Die ewigen Kreuzschmerzen sind mit Schuld am Vorhandensein der Mrs. Migraine und drum steht diese Sanierungsmaßnahme nun an erster Stelle meiner Prioritätenliste. Neuraltherapie ist das Stichwort und das ist absolut mehrdeutig gemeint: die funktioniert mittels Spritzen. Sehr viele kleine Injektionen dahin, wo es teilweise so richtig weh tut. Damit sich das Weh schleicht und in weiterer Folge normale Bewegung, Stabilität und Schmerzfreiheit erreicht wird. Als medizinische Großbaustelle geht das bei mir nicht mit einmal. Aber es hilft – auch wenns dauert und anstrengend ist. Was mich sehr demütig macht und der Grund ist, warum ich die schmerzhafte Prozedur gerne weiter auf mich nehme.
    Eine erste große Belohnung war der Tag, als ich zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder auf Skiern stand – inmitten der traumhaften Bergkulisse, im Sonnenschein, auf einer frischen, weißen Piste.
    Und es ist mir überhaupt nicht peinlich wenn ich gestehe, dass ich da ein paar Salzwassertropfen geheult habe. Weils einfach schön ist, wenn man sich bewegt, ohne Angst haben zu müssen, dann drei Tage mit Schmerzen zu liegen.
    Die weiteren Maßnahmen stehen auch schon am Kalender:
  • Mich auf die nächste Operation vorbereiten – das Wüten des Herrn Crohn hat, wie gesagt, einige böse Spuren hinterlassen. Manches konnte damals nur schnell und provisorisch repariert werden, ein Kompromiss. Aber einer, der zunehmend nervt und weitere Probleme verursacht. Kleine, lästige, nervende, schmerzende Probleme. Darum nun das, was ich flapsig als „kosmetische OP am anderen Ende der Fahnenstange“ bezeichne: Die Fistel-Drainage und deren Umgebung müssen saniert werden.
    Leider nicht in der endgültigen Version. Ein weiterer, aber besserer Kompromiss ist vorab nötig. So ganz trauen meine Chirurgin und ich dem crohnischen Frieden noch nicht über den Weg, also wird der Rückbau in mehreren Schritten erfolgen, sicher ist sicher.
    Die Zeit zwischen den oben genannten Dingen verbringe ich mit
  • Bloggen, Schreiben, Zeichnen und Nähen – weil meine Kreativität ein Ventil braucht und mich das vom zu viel Grübeln abhält. So langsam wächst das Manuskript rund um meine Briefe aus dem Leben mit CED. Das Warten und Reifen haben dem Buch und mir gut getan. Der Aufbau ist nun endlich klar und ganz anders, als ursprünglich angedacht. Nebenbei wächst auch ein zweites Buch wieder, denn das ist eines von den Projekten, das ich seit der Zeit vor diesem elend langen Schub begonnen habe. Nun hat auch das wieder Raum in meinem Leben und die Ideen wandern langsam in die Tasten. Das Zeichnen erfolgt immer wieder zwischendurch, meist schubweise – offenbar habe ich mir da doch etwas vom Herrn Crohn abgeschaut 😉
    Dafür ist eine alte Leidenschaft neu aufgeflammt: Nähen. Nach einigen exzessiven Ausflügen zum Stricken und Häkeln ist nun das Sticheln an der Nähmaschine dran. Ich kann-muss-brauche Textiles zwischen meinen Fingern, immer wieder. Damit bin ich aufgewachsen, das habe ich ja ursprünglich mal gelernt und auch beruflich ausgeübt und nun sorgt diese alte Leidenschaft dafür, dass ich meine Arzt- und Therapietermine in bunter, fröhlicher Kleidung, so individuell wie ich mich eben gern sehe, absolviere. Großer Vorteil: ich kann mir die bunten Shirts so schneidern, dass man locker eine Infusionsnadel darunter verstecken kann. Das ist wichtiger als viele glauben.
    Neben Shirts, Röcken, Kleidern und Hosen bastel ich mir außerdem aus den Resten der bunten BW-Jerseystoffe Frau Marlas. Superbequem, superbunt, Supersache – Was man von außen nicht sieht, aber ich weiß es und das macht das Dasein dann bei jedem Weg zum Thron, in die Therapie oder zum Arzt um ein kleines bisschen lustiger 😉

Leben lernen, stetig vorwärts.

Das ist das, was ich zur Zeit tue. Stolpern dürfen, individuelle Pausen und situative Richtungsänderungen inklusive. Garniert mit neuen Horizonten, Begegnungen mit alten und neuen Freund*innen, Daseins-Grenzerfahrungen und viel Dankbarkeit, weil ich in meinem Tempo leben üben darf.

Back to normal? – Das wäre, glaube ich, ein Rückschritt.
Vorwärts schaut es aber ganz interessant aus, also geh ich dann mal in diese Richtung und vertraue darauf, dass meine Füße und mein Bauch wissen, was gut für mich ist. Der Kopf wandert langsam mit und lässt sich tragen. Das ist was Neues und tut gut.

Und der Rest?

Wird sich finden.
Irgendwie.
Da bin mir zwar nicht so ganz sicher, aber doch zumindest sehr.

Cartoons, English Versions

Crohnbusters!

{full english version below}

If there’s something strange in your gut below
Who you gonna call? CROHNBUSTERS!
If there’s something weird and you don’t look good
Who you gonna call? CROHNBUSTERS!

Im vorigen Post habe ich mich mit meinen inneren Superhelden auseinandergesetzt. In diesem hier geht es darum, dass auch die tollsten Helden&innen dann und wann kräftig Unterstützung brauchen.

Es geht um ein großes

DANKE!

Während mein innerer Superheldenmix namens Pippi Hulk-Stocking eine reine Fantasiemotivation ist, sind meine Crohnbusters Realität:

  • Meine Ärzte, allen voran meine wunderbar-einfühlsame Gastroenterologin und meine herzhaft-erdige, geniale Chirurgin, die mich speziell heuer bei einem sehr heftigen Weg mutig begleitet haben.
  • Mein Hausarzt und sein Team, denen keine meiner Fragen zu blöd und keine meiner Infusionen zu spooky sind.
  • Die vielen Schwestern und Pfleger, die mich im Lauf meiner Krankenhauskarriere an guten wie auch an schlechten Tagen begleitet und unterstützt haben.
  • Die unbekannten, aber nichts desto trotz immens wertvoll-wichtigen Wissenschaftler*innen,  Forscher*innen und alle, die an der Entwicklung neuer Medikamente zur Bekämpfung von CED beteiligt sind und die das trotz der Tatsache tun, dass es sich möglicherweise finanziell nicht rentiert, aber menschlich dennoch auszahlt.
  • Den Freunden und Bekannten, zu denen ich auch dann noch Kontakt hatte, als ich mich selber nicht mehr gefunden hatte, die sich auf die Suche nach mir begeben haben und nicht eher Ruh gaben, bis ich wieder da und hier war.
  • Nicht zuletzt meine Familie, die das alles mit mir durchstehen muss und dennoch hinter mir steht und mich unterstützt.

Danke – jeder und jedem einzelnen von Euch.

Ohne meine Crohnbusters wäre ich jetzt nicht hier und wüßte ich nicht, wie ich den Rest dieses Daseins mit Leben fülle.

Danke.

Weil man es nicht oft genug sagen kann, aber in der Hitze des Gefechts oft vergisst.
Ihr seid meine wahren Superhelden und ich bin demütig dankbar, euch an meiner Seite zu haben.

Eure
Pippi Hulk-Stocking, vulgo MiA

P.S.: Keine Ahnung auf wen ich mit der Wortschöpfung Crohnbusters anspiele? Schon mal von den Ghostbusters gehört? Hier gehts zum Ghostbusters-Song – muss man gehört haben!



If there’s something strange in your gut below

Who you gonna call? CROHNBUSTERS!
If there’s something weird and you don’t look good
Who you gonna call? CROHNBUSTERS!

In my last post I introduced you to my inner superheroes. In this one you learn that every hero needs a helping team now and than. 
And it´s also about saying 

THANK YOU!

While my inner superhero Pippi Hulk-Stocking is just a fiction my Crohnbusters are reality:

  • My doctors, especially my wonderfull gastroenterologist and my genious surgeon who guided me bravely through a very heavy period.
  • My primary care physician who always answeres even my silliest questions and doesn´t fear my spooky infusions.
  • The nurses which guided me through my hospital-life, in good and in bad times.
  • All the unknown scientists and researcher who look for medics against IBD allthough it´s costly and might not pay but it´s human and thats what counts to them.
  • The friends I´m still in contact with even when I´ve lost myself – they looked after me and pulled me out of the rabbit-hole until I accepted to be here again.
  • Not least my family who has to go through this with me and is still standing behind me and supportive.

Thank you – every one of you.

Without my personal Crohnbusters I would not be here and would not know how to fill this beeing here with life.

Thank you.

Can´t be said to often but is often forgotten to be said in the heat of the moment. You are my true superheroes and I´m very humble to have you by my side.

Yours
Pippi Hulk-Stocking – MiA

P.S. Not knowing whom I´m insinuating with my Crohnbusters-creation? Have you ever heard about the film Ghostbusters? Here you can here the Ghostbusters-Song – must listening!

Cartoons, English Versions

Being Pippi Hulk-Stocking

{english version below}

Manchmal, wenn man viel Zeit zum Denken hat, dann beginnt man damit, sich zu fragen … zum Beispiel „Was wäre wenn“-Fragen.
In diesem Fall hier gabs sogar einen ganz gezielte Motivation, die mich zu einer sehr speziellen Frage gebracht hat:

Welcher Superheld wäre ich gern?

Grund für diese Frage ist die Aktion IBD Unmasked, wo es darum geht Patient*Innen mit CED und deren Angehörige moralisch zu unterstützen. Die dort vorgestellten Held*Innen sind so tough und smart und cool – WOW! Vor die innere Frage gestellt, welcher toughe und coole und smarte Held ich denn so sein wollte, habe ich dann aber auf eine Eigenmischung zurückgegriffen:

Der kreischgrüne, dauerwütende Hulk
und die very smarte, immer lustige und unendliche weise Pippi Langstrumpf:

Pippi Hulk-Stocking

Ich geb zu, eine schräge Mischung, zu der mich eine liebe Freundin ermutigt hat. Das optische Ergebnis ist schon sehr beeindruckend. Mag sein, dass auch meine Vorliebe für bunt, speziell rot-orange und grün, hierbei mitgespielt hat. Aber wenn ich ehrlich sein soll, ist es eher die exaltierte Wut und Unberechenbarkeit von Hulk und die – Verzeihung! – „hobt´s mi olle kreuzweis´ gern“-Philosophie von Pippi.

Wenn Hulk ausrastet, dann gehn ihm alle aus dem Weg. Da kommt keiner mit halbfertigen, pseudoweisen Ratschlägen, da sagt keiner „reiß dich z´samm, anderen gehts schlechter„. Niemand runzelt die Augenbrauen wenn der grüne Held in einem Anfall schlechter Laune die Gegend demoliert und alles kurz und klein schlägt, das sich ihm in den Weg stellt.

Pippi wiederum hat immer einen frechen Grinser drauf, stehts gute Laune und herrlich krause Ideen.
Motto:

Das habe ich noch nie vorher versucht. Also bin ich völlig sicher, dass ich es schaffe.

Und ihr 1×1 bringt auch heute noch jeden Mathelehrer zum Weinen (was bei mir eher umgekehrt war).

Die Kombination ist imho grenzgenial und ich denke, mit dieser Mischung ist es ein leichtes, dem lieben Herrn Crohn an den Kragen zu gehen – nicht nur im übertragenen Sinn, sondern so richtig handfest. Zabadoing und KAWUMM! Hulks monstergroße, unzerstörbare Betonfaust und Pippis krauses Grinsen – da kann der liebe Herr Crohn seine Zähne im Reiseköfferchen abtransportieren 🙂

Tja nun, das sind so Gedanken, die man dann und wann hat, wenn man viel Zeit zum Nachdenken und Spintisieren hat.

P.S. Keine Ahnung, um wen es sich bei Hulk und Pippi ursprünglich handelt? Hier gehts zur Geschichte von Hulk und hier zu der von Pippi Langstrumpf – voller Name: Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf.


 

Sometimes, when there is much too much time for thinking, one starts to ask questions. For example the „what if“-questions. And in this case I had an extra motivation guiding me to the not so strange question:

What kind of superhero would I like to be?

The main reason for this idea is the IBD Unmasked Action

UNMASK INFLAMMATORY BOWEL DISEASE (IBD) AND JOIN THE IBD UNMASKED TEAM OF HEROES AS THEY FACE OFF AGAINST THIS UNRELENTING VILLAIN.

The heroes there are so smart and tough and cool – WOW! And I really love the idea behind this action.
But asking me myself what kind of hero I would like to be, I created my own special mixture: 

The incredible, shocking green and always angry Hulk
and the very smart, always funny and very wise Pippi Longstocking.

Pippi Hulk-Stocking

Yes, it´s quite strange, a crazy mixture being inspired by a good friend of mine. The look is quite impressive. Maybe it´s also because of my colourlove to red-orange and green what made me chose this style. But when I´m honest it is more the exalted anger and the unpredictability of Hulk and – sorry to say –  Pippi´s „you can kiss my back***“ philosophy.

When Hulk explodes nobody is giving semi-wise tips, nobody dares to say „others are suffering worse“. Nobody is frowning eyebrows if the green hero starts to demolate everything around him when being in bad mood.

Pippi on the other hand always has a very naughty smile, is always in a happy mood and her ideas are extremly extraordinaire.
Motto:

„I haven´t ever tried it before. So I´m absolutly sure that it will work.“

And her 1×1 turns every mathematics teacher to tears (what was quite the other way around in my life).

The combination ist genious to me and I think this mixture is the best thing to fight Mr. Crohn – and I don´t mean that in a metaphorical sense. 
Zack – Boing – Wush! Hulks huge fist, Pippis crazy smile and Mr. Crohn can carry his teeth in plastik bag while creeping out of my way 😉

Well, that´s the kind of thoughts one has when having too much time to think and muse.

P.S.: No idea whom I´m talking about? Here you find the story about Hulk and here is Pippi´s

Allgemein

Soll man sich outen? – Liebe Gitte Härter, …

Liebe Gitte,

du hast dir in einem Blogbeitrag ein paar Gedanken dazu gemacht, ob man sich im Falle einer ernsthaften Erkrankung outen soll, wörtlich: Ernsthaft krank geworden und darüber bloggen? 5 Fragen, die ich mir stellen würde

Erstmal vielen Dank dafür! Denn damit berührst du eines der großen Tabuthemen in unserer vielzitierten Leistungsgesellschaft, wo man dauerhaft jung-gesund-glücklich-erfolgreich-happy durch eine perfekte Welt lustwandeln soll. Alt-krank-traurig-erfolglos-unglücklich ist hochgradig uncool, lästig und im höchsten Maße suspekt. Vielleicht isses ja sogar ansteckend? Sowas kehrt man lieber aus dem Weg und das am besten hinterm Rücken, dem eigenen.

Blöd wirds, wenn es einen dann selbst trifft und man auf einmal auf der anderen Seite seiner Vorurteile landet. Soll man das nun an die große, internette Glocke hängen oder lieber, in gehabter Weise, zudecken und still-schweigen?

Die wunderbare Sabine Dinkel hat sich deinen Fragen gestellt und ein paar Monate früher schon diesen Weg begangen: Sich im Internet outen – ja oder nein?

Und nun sitze ich hier, lese diese beiden tollen Blogbeiträge und grübel darüber nach. Ich habe mir so ähnliche Fragen gestellt und die Folgen sind unter anderem in diesem Blog nachzulesen. Im Vergleich zu Sabine war meine „Arschbombe in die Untiefen des Lebens“ ein eher langsamer Rutsch, der gemählich begann und dann ziemlich rasant wurde. Ich würds mit einer Achterbahnfahrt vergleichen, weil auch immer wieder Höhen dabei waren – die fast mehr weh tun, als die Tiefen, denn sie verbreiten (meist falsche) Hoffnung. Gehts danach wieder im Sturzflug nach unten, tut das dann doppelt weh.

Ist ein Outing hilfreich?

Das kann man weder pauschal beantworten noch jemandem raten. Das ist von Fall zu Fall, von Mensch zu Mensch unterschiedlich und kommt immer auch auf die jeweilige Situation an. Und öfter als man glaubt ist es nicht freiwillig, sondern von den Umständen her notwendig.

Ich mach es mir nun einfach und werde versuchen, das aus meiner Sicht anhand deiner 5 Fragen zu beantworten (und weil die Sabine das auch so gemacht hat und das eine gute Idee ist 😉 *

Die Antworten sind rein aus meinen eigenen, persönlichen Überlegungen und Erlebnissen heraus und sollen lediglich dazu auffordern, sich ein paar Gedanken zu machen, falls man mal in die Lage geschubbst wird, wo sowas notwendig ist … oder wenn man wissen will, warum da einer-eine sich hinstellt und laut sagt, was man so vielleicht gar nicht hören wollte.

1. Wen möchte ich in dieses sehr persönliche Thema einweihen?

Bei mir verlief das so, wie es bei den meisten Outings abläuft: Von innen nach außen. Zuerst kam die Familie dran, naturgemäß, die mussten das als erstes erfahren und haben es auch als erstes miterlebt. Danach kamen enge Freunde, sehr viel später dann der weitere Freundeskreis, fast gleichzeitig mit Kunden und Netzwerkpartnern. Aber das war dann schon so, dass es auch nimmer zu verheimlichen war, dass mit mir „was nicht in Ordnung ist„.

Jeder Crohn-Schub ist anderes, es gibt kleine, die man fast nebenbei erledigt. Es gibt massive, die gar nicht aufhören wollen und dann ganz viele dazwischen. Was da an die Klotür klopft und wie lange das nun dauern wird, kann man immer erst nachher sagen.

Das ich Morbus Crohn habe, haben meine Familie und enge Freunde genauso lange gewusst, wie ich selbst die Diagnose kenne. Aber da gab es eben auch immer wieder gute Phasen und in denen vergisst man schnell, dass da „was“ ist. Ein Beiwagen, dass man unsichtbar mit sich mitschleppt und bis ans Ende aller Tage nicht los wird. Und fallweise kommt einem das dann in die Quere und übernimmt die Steuerung.

Als mein crohnischer Beiwagen die Lenkung übernahm, dachte ich noch, dass ich das mit ein bisschen Auszeit und den üblichen Therapien in den Griff bekommen. Wie schon die paar Male davor. Doch diesmal wars anders und um vieles schlimmer. Was mit einer massiven Verschlechterung während einer Kur 2012 begann, wuchs sich im Verlauf von mittlerweile knapp vier Jahren zu einer kompletten Lebensänderung aus, körperlich, psychisch und natürlich auch vom sozialen Umfeld her.

Vor vier Jahren hatte ich meine kleine Werbeagentur, war als Marketing-Beraterin und Coach hochaktiv, leitete in meiner Freizeit Kult- und Kraftplatzwanderungen, organisierte zusammen mit einer lieben Kollegin einen monatlichen Unternehmerinnen-Treffpunkt und war auch sonst very busy – Kurz: mit einem A*** auf mehreren Kirtagen unterwegs, so sagt man hier bei uns, und das triffts ganz gut. Den lieben Herrn Crohn dachte ich gut im Griff zu haben. Aber das war eine Täuschung.

Nun, vier Jahre später, bin ich um ein paar schmerzhafte Teile meines Darms ärmer und meine Werbeagentur ist ebenso wie meine gesamte berufliche Tätigkeit Geschichte. Das Leben, das ich hatte, ist verschwunden, auch mein soziales Umfeld hat sich komplett verändert. Viele Freunde und Bekannte sind mit dem Ende meiner aktiven, gesunden Zeit zurückgeblieben, haben sich zwar nicht direkt verabschiedet, aber dennoch Abschied genommen.

Das dafür nun andere Freunde in mein Leben getreten sind, ich neue Interesse und Lebensschwerpunkte entdeckt habe und mein Leben neue Qualitäten aufweist, ist die zweite Seite dieser crohnischen Reise – der schöne Teil.

Um auf deine Frage, liebe Gitte, zurückzukommen, wen ich in dieses persönliche Thema einweihen möchte: da gibts gar nicht so viel „möchte“, als man meinen könnte. Es ist vielmehr ein „muss“ und ein „ist passiert“. Sobald absehbar ist, dass man längere Zeit ausfällt, nicht verfügbar ist und es beim Fertigstellen von Aufträgen zu Schwierigkeiten kommen kann, hat man irgendwie eine Verpflichtung das zu kommunzieren. Klar kann man da den wahren Grund verschleiern, aber macht das Sinn? Für Selbständige ist es naturgemäß hochgradig geschäftsschädigend, wenn man auf unbestimmte Zeit ausfällt und da meine ich nicht nur die traurige, finanzielle Seite. Man muss seine Kunden in andere Hände abgeben, Aufträge ablehnen und kann – wie in meinem Fall – oft nicht sagen, wie lange es dauern wird. Das tut weh und es macht auch Angst. Aber gibt es eine Alternative?
Als Angestellte hat man es auch nicht leichter. Da gibt es zwar Krankengeld, was schon mal ein Riesenvorteil ist (was man den Selbständigen bei uns darunter vorgaukelt, ist nur eine Farce) . Aber ein längerer Krankenstand ist für das Unternehmen ein finanzieller Verlust und auf Dauer trägt das nicht. Man kann übrigens auch im Krankenstand gekündigt werden, das ist gar nicht mal so schwer und kommt sehr häufig vor, ist bei lang anhaltender Krankheit meist sogar die Regel.

Ein Geheimnis draus zu machen, macht das Ganze nicht leichter. Arbeiten kann man nicht, wann man wieder arbeitsfähig ist, weiß man nicht und irgendwie erwarten alle Antworten. Es ist ein Zeichen von Fairness, dass man die dann auch liefert, damit sich die Umwelt auf die Situation einstellen kann, mit allen Konsequenzen. Auch wenns schwer fällt.

Familie, Arbeitsumfeld und enge Freunde zu informieren – das ist die erste Phase eines Outings. Und erfahrungsgemäß die schwerste.
Es dann in voller Bandbreite publik zu machen, ev. in Form eines Blogbeitrages, könnte ein nächster Schritt sein. Bei mir waren es eine Reihe von Erlebnisse und der daraus folgenden Entschluss, dass ich das nun öffentlich mache und einen Blog ins Netz stelle. Nicht alles natürlich, aber doch so viel, dass ich weiteren (teils sehr dämliche) Fantasiemeldungen und Gerüchten einen Riegel vorschieben kann. Abgesehen davon hat es mich genervt immer und immer wieder erklären zu müssen, was ich eigentlich habe und nein, das kann man nicht mit etwas Qi Gong und einer größeren Menge Heidelbeeren kurieren.

2. Ist es gut für mich, wenn ich das, was mich gerade bewegt/beeinträchtigt/umtreibt, öffentlich mache?

Mein Lebensumfeld, mein ganzes Leben haben sich zuerst durch meine Erkrankung geändert – nicht durch mein Outing. Meine Briefe aber haben mir geholfen, dass zu akzeptieren was da ist, und mit dem, was mich belastet, besser umgehen zu können. Nebenbei habe ich Antworten auf Fragen geliefert, die man nicht so leicht stellt. Insofern: Ja, es war und ist gut für mich, dass ich das, was mich bewegt hat, öffentlich gestellt habe.

3. Warum möchte ich mich „outen“?

Meine Briefe an den lieben Herrn Crohn und andere waren und sind auch Teil einer Selbsttherapie. Mir hat es gut getan diese Gedanken loszuschreiben und als ich mich dazu entschlossen habe, sie in Form eines Blogs und in weiterer Folge irgendwann mal in Form eines Buches zu veröffentlichen, hatte ich zwar schon ein bisschen Bauchweh (zur Abwechslung mal aus anderen Gründen ;), aber es hat mir auch Mut gemacht und ich hatte plötzlich wieder eine Aufgabe, die mich im täglichen Krankheits-Trott positiv motiviert hat.

Wenn ich damit nun anderen Mut machen kann, sich ebenfalls damit auseinanderzusetzen, oder dazu beitragen kann, dass ein paar mehr wissen, was Morbus Crohn ist, dann habe ich damit einen wunderbaren Effekt erzielt – wie der Chaos-Theorie-Schmetterling, der in China mit den Flügeln schlägt und in Amerika einen Wirbelsturm auslöst. Mein Flügelschlag sind meine Briefe, meine Blogbeiträge – mein Outing, wenn man so will. Der  daraus entstandene Wirbelwind hatte für mich bisher nur gute Auswirkungen. Ein paar verstaubte Ansichten sind gelüftet worden, Gedanken wurden angestoßen, dustere Wolken weggepustet und einiges ist in Bewegung gekommen.

Ein Beweggrund zu Beginn war auch, dass ich nicht mehr um Worte ringen muss, wenn mir mal wieder eine*r seine*ihre ultimative Therapie für mein Leiden andrehen will, ohne Rücksicht und meist ohne Wissen, was ich eigentlich hab. Ich brauche nun nicht mehr höflich zu sein, ich kann dem*derjenigen diabolisch grinsend einfach den Link zu meinem Blog geben 😉

4. Bin ich bereit für die Reaktionen, die kommen?

Ehrlich: dafür ist man nie wirklich bereit – denn die sind so vielfältig und oft aus Richtungen, wo man sich gar keine erwartet hat. Umgekehrt aber kommen dafür dann auch oft null Reaktionen von denen, wo man vielleicht in Gedanken bewusst hingeschrieben hat. Da macht man sich die Mühe, seine Ideen, Wünsche und Flappsigkeiten in Worte zu tippen, und der*diejenige, die man damit eigentlich informieren will, checkt das nicht mal, bekommt es gar nicht mit.
Dafür sind dann viele andere da, die man erst durch diese Worte kennenlernt und die lesen das sehr aufmerksam, fragen nach und reagieren.

Und das ist richtig toll.
Ganz besonders schön ist, dass die Reaktionen, die ich bisher bekam, durch die Bank alle positiv waren. Da gab es keine blöden Meldungen, keine dummdreisten HeilHilfsSegens-Angebote und auch keine Gehässigkeiten. Im Gegenteil, es war mehr wie der berühmte „Heisse Stuhl„, man sitzt und liest und dann hat man plötzlich Pippi im Auge, weil die Rührung und die Freude sich die Hände schütteln und einen umarmen.
Das. Tut. Gut.
Wenn man mit dem lieben Herrn Crohn oder andere blöden Maladitäten tagein tagaus zu tun hat, dann sind Dinge, die einem gut tun, sehr willkommen. Bereit ist man nicht dafür, aber positiv überrascht alle mal.

5. Habe ich die Kraft, Lust und Zeit, auf Nachrichten zu antworten?

Das ist etwas, was man sich durchaus gut überlegen muss – vorher! Ich kann und will nicht dauerverfügbar sein. Meine Mailbox nimmt zwar willig alle Nachrichten an, aber ich schaffe es aus unterschiedlichen Gründen nicht (mehr), alles rasch und flott zu beantworten.

Und das ist ok so. Ich muss nicht 24/7*365 reagieren, ich hab ein Leben zu leben und das spielt sich eben nicht (mehr) nur am PC und im Internet ab.
Klar, das muss man kommunizieren und man muss auch damit rechnen, dass das der*die andere nicht gleich versteht bzw. mitbekommt. Wir sind leider schon so konditioniert, dass wir sofortige Antworten erwarten. Aber die gibts bei mir nun mal nicht mehr – das geht einfach nicht.
Das war allerdings auch ein Lernprozess und der dauert nach wie vor an. Es ist wunderschön, wenn man Reaktionen auf seine Blogbeiträge und Postings bekommt. Doch die Gefahr, dass man sich dann damit unter Druck setzt, ist recht hoch und das tut einem einfach nicht gut. Auch hier muss sich jeder seinen eigenen Weg finden und zwar vorher.

Fazit

Es kommt immer auf den Fall selbst an und auch, ob es sich um etwas Vorübergehendes handelt oder eine dauerhafte, chronische Beeinträchtigung da ist. Abgesehen davon kommt man ab einem gewissen Zeitraum nicht mehr ohne Erklärungen für sein Umfeld aus – das hat sich die Umgebung verdient und man hilft auch sich selbst damit.

Inwieweit man das dann ausdehnt, ob man dazu bloggt oder in Social Media aktiv wird … das liegt an der Persönlichkeit und der inneren Einstellung. Ich habe mich für die Form des Bloggens entschieden, wo ich bestimmte Infos publiziere, mir aber dennoch genug privaten Rückzugsraum lasse, der mir heilig ist und den ich nicht öffentlich stellen will. Auch via Social Media bin ich im Gegensatz zu früher nur noch sehr sporadisch unterwegs, poste wenig und behalte mehr für mich, als ich preiszugeben hätte. Mein Blog reicht mir, hilft mir und auch anderen und tut mir in diesem Rahmen gut.

Liebe Gitte,

Vielen herzlichen Dank für deine mutigen Fragen, die mich dazu motiviert haben, mir (im Nachhinein) ein paar analytische Gedanken rund um mein Tun zu machen. Ich wünsche mir und uns allen, dass dein Beitrag viel und oft gelesen wird, damit mehr sich mit diesem Thema auseinander setzen. Denn es ist wichtig und wird immer wichtiger – man muss akzeptieren, dass das Leben Tiefen hat, die man nicht wegklicken kann. Für manche kommen sie in Form von Krankheiten und das Reden-Schreiben darüber kann helfen. Wie so oft ist aber auch hier die Dosis entscheidend und ich habe für mich dieses Zitat hier immer in Blickweite:

„Bewahre mich vor der Einbildung, bei jeder Gelegenheit und zu jedem Thema etwas sagen zu müssen.“
Teresa von Avila

Alles Gute, liebe Gitte, und ich wünsche dir eines sehr: Dass du dich nie diesen Fragen stellen musst!

Michaela

* Es kann natürlich nun sein, liebe Gitte, dass du damit ein Blogstöckchen geschaffen hast, mit diesem Beitrag. Und wenn das so ist, dann ist das sehr toll 🙂

 

CrohnSchublade 1000 150x150 - Soll man sich outen? - Liebe Gitte Härter, ...Die Zeichnung entstand 2015: „Crohn passt in keine Schublade„. Bissl kompliziert, der Titel, ich weiß, man muss darüber nachdenken. Aber so ist der Crohn nun mal.

 

Allgemein

„Wie ist es dir ergangen?“

Das Telefon läutet, ich hebe reflexartig ab und eine Stimme fragt: „Du bist schon wieder daheim? Wie ist es dir ergangen, wie war die Kur? Bist du froh wieder da zu sein? …

Ich schaue auf den Wäscheberg, den ich gerade versuche zu sortieren und überlege, ob mein Anrufer eine ehrliche Antwort erwartet. Aber der hat zum Glück keine Zeit für sowas und redet ohne Abwarten weiter. Ich gestehe, ich habe keine Ahnung wovon und nach ein paar Minuten murmel ich was von „Sorry, da kommt ein Anruf rein, auf den ich gewartet habe …“ – „Alles klar, man sieht sich, hört sich – bis später dann!Klack – und Ruhe kehrt wieder ein.

Mein schlechtes Gewissen über die Notlüge hält sich in Grenzen. Mehr noch: es sitzt in der Ecke und winkt nur müde ab, hat keine Lust aktiv zu werden.

„Wo bist du denn zur Zeit?“…

…fragt eine Freundin via Whats App und ich hab gute Lust zu antworten: „Keine Ahnung.
Rein geografisch bin ich zuhause, nach einer vierwöchigen Reha, nach insgesamt acht Sommerwochen, von denen ich sechs nicht daheim und in den beiden restlichen auch nicht richtig „anwesend“ war.
Daheim gelandet, nach insgesamt drei Monaten, die mir sehr viel abverlangt haben und in denen sich mein Leben – einmal mehr – von Grund auf geändert hat. Nur weiß ich noch nicht so ganz in welche Richtung.

Daheim, nach gut vier Jahren dauerkranksein mit kurzen, weniger kranken Unterbrechungen.

Daheim und am Überlegen, ob das nun der Beginn eines neuen Lebensabschnittes ist oder gleich ein neues Dasein wird.

Ich habe keine Ahnung.
Und das ist ganz ok so, jetzt im Moment.

Der Wäscheberg erinnert mich an die Gegenwart und auch, dass ich ursprünglich vorhatte, mein dreckiges Zeug noch in der Reha-Klinik zu waschen, damit ich dann eben nicht mit einem Wäscheberg starte.

Aber vor die Wahl gestellt, mein Zeug in der professionellen Waschküche einer Reinigung zuzuführen, oder eine Runde in den herrlich kühlen Wäldern, vor der traumhaften Bergkulisse, zu drehen, war mein alter Entschluss grau. Bei einem abschließenden Besuch in der Konditorei meines Vertrauens hab ich den hehren „Ich fahr mit sauberer Wäsche heim“-Gedanken dann unter einem Berg Eis und Schlagobers (Sahne) begraben. Der Wäsche ist es egal wo sie gewaschen wird, also kann es auch mir gleich sein.

Heute schaut dasGanze ein wenig anderes aus, aber von Reue keine Spur.

Septemberbeginn

…das bedeutet Herbstbeginn im Kalender, rundum färbt sich auch das Laub schon ein wenig, und die Schule hat begonnen. Nicht für mich, nicht für meine Kinder. Immerhin bleibt mir dieser Stress erspart.

Neumond war auch, genau einen Tag nach meiner Rückkehr und angeblich hat irgendwo auf der Welt auch die Sonne gefinstert, an diesem Tag – nicht bei uns, hier schien und scheint sie golden und gemütlich. Nicht zu heiß, nicht zu wenig, gerade richtig.

Eine gute Zeit für einen Neubeginn“, schreiben die AstrologInnen reihum, und erklären gleich lang und mit wohlgesetzten Worten, warum-wieso-weshalb JETZT der beste Zeitpunkt ist, sein Leben zu ändern.

Meines hat es von selber getan, da hab ich nur daneben stehen und zuschauen können.

Ich finde es immer toll, wenn man von solchen astrologisch begünstigten Lebensmaßnahmen liest und warum man sein Leben jetzt am besten verändern soll. Es erinnert mich an den alten, sehr weisen Spruch:

„Wer die Götter zum Lachen bringen will, der erzählt ihnen von seinen Plänen.“

John Lennon hat es mit mehr Style und ein wenig hippiesker gesagt:

„Life is what happens while your making plans.“

Der Jahreskreis steht auf Erntedank

…eine gute Zeit für einen Kassasturz, wie ich immer sage, schreibe, erkläre … pardon: wie ich immer gesagt, geschrieben und erklärt habe.

Nun stehe ich vor der völlig unwichtigen Frage, ob man im Herbst auch was Neues beginnen kann, während man gleichzeitig das alte bedankt und verabschiedet.

Unwichtig deshalb, weil es nur rein rhetorisch ist – das Neue beginnt und wie der Wäsche ist es ihm (oder ihr?) gleich, was ich für eine Meinung dazu habe.

„Du hast sicher schon einen Plan, wie immer.“, hat mir eine Bekannte aus früheren Zeiten geschrieben. Leider, nein, den hab ich nicht. Die letzten Pläne die ich hatte, waren die Tagestherapiepläne in der Reha und die hab ich nicht selbst erstellt, sondern täglich in die Hand gedrückt bekommen. Am Abend jeweils für den nächsten Tag.

Ja, aber da kann man doch gar nicht planen! Da weißt du ja heute nicht, ob du übermorgen Zeit hast für keine-Ahnung-was!
Ja und? In Wahrheit weiß man das auch mit einem Quartalsplan nicht. Siehe oben, der Götter-Spruch.

Heute zu wissen, was morgen – möglicherweise! – am Tagesplan steht hat mir vier Wochen lang genügt und ich habe dabei die Erfahrung gemacht, dass es sich immer so fügt, wie es gut ist und für mich passt.

Das kurzfristige Planen hat mich Vertrauen gelehrt. Vorsichtig und mit nach wie vor vorhandener Skepsis, aber dennoch ist da ein sanftes, zartes Vertrauen gewachsen.

Was hat sich für Sie verändert in den letzten Wochen?“ hat mich die Psychologin in der letzten Stunde gefragt. Viel und auch nichts und ich kann es kaum in Worte fassen und das ist schon mal was gänzlich Neues. Denn Worte fassen, Bilder entstehen lassen, Geschichten finden ist ja das, was ich gut kann.
Kann ich es noch? Und vor allem: Kann ich es auf diesen, meinen neuen Status bezogen?

Von den vier Wochen Reha habe ich gefühlt drei gebraucht, um meine Füße wieder auf den Boden zu bekommen, den es mir in den Wochen zuvor weggezogen hat. Fünf Wochen nach meiner großen Bauchoperation ist meine Mutter völlig überraschend innerhalb von nicht mal 10 Tagen an einer Hirnblutung verstorben. Eben noch mitten im Leben und auf einmal – Aus.
Und falls wer fragt: Ja, es tut noch immer verdammt hässlich weh.
Dem Bauch aber geht es gut nach der OP.

Das Gefühl, dass ein Leben endet, während für mich ein anderes beginnt, war teilweise so grausam schmerzhaft, dass es mir die Luft beim Atmen abgeschnürt hat.
Warum?“ ist eine idiotische Frage. Immer, denn eine hilfreiche Antwort bekommt man so gut wie nie.

Darum.“ ist der Standardspruch, den man als Mutter seinen Kindern serviert, wenn einem die ewige Fragerei nervt.
Mein „Darum“ hat mir das Leben selbst hingeworfen, wie einen Knochen, und ich mag nicht mehr darauf herumkauen, das bringt nichts.

Eines der Dinge, die ich in den letzten Jahren, im Kampf mit und gegen Herrn Crohn gelernt habe, ist die, dass To-Do-Listen nichts bringen. Ich habe gelernt, meine Tätigkeiten und Wünsche in Prioritätenlisten einzuteilen (siehe hier: Aus dem Bauch, vom Hirn aufs Blatt). Die Methode der Reha-Klinik, den Therapieplan immer nur einen Tag im voraus zu erstellen, ist da ähnlich und vielleicht übernehme ich das in meinen Alltag.

Damit bleibt mir genug Spielraum, in dem sich die unzähligen Hindernisse, Zufälle, Gegebenheiten und Chancen einen Platz finden können.

Nichts tun, einfach dasitzen und atmen, abwarten und dazu Tee trinken – oder ein Eis mit viel Schlagobers genießen. Das ist ein Punkt auf dieser Liste, vorerst. Die anderen werden sich finden, sobald mir im Nichts-Tun etwas begegnet, was sich lohnt eine Priorität zu bekommen.

Fixtermine sind vereinbart, aber wie immer mit einem „kann sich kurzfristig ändern“ Stempel versehen und ich habe mich daran gewöhnt, kein schlechtes Gewissen deswegen zu haben.

„Schreib auf, was du für heute vorhast und dann streich davon die Hälfte!“

Ich habe keine Ahnung, woher dieser Ratschlag auf einmal gekommen ist, er war plötzlich da, eines Morgens, beim Aufstehen. Ich befolge ihn und die Methode tut mir gut.

Alles andere, dieser „große Lebensplan“, die Sache mit den Zielen die man sich setzen soll, wird sich finden, wenn es soweit ist. Momentan suche ich den Boden, am liebsten barfüßig, den da spürt man ihn besser, intensiver, näher. Das gibt Sicherheit und tut gleichzeitig den Reflexzonen gut, was sich wieder auf den Rest des Körpers auswirkt.

Was ich hingegen schon habe, sind Wünsche. Vor allem weil ich gelernt habe, dass die beim Universum besser ankommen, als wenn man hehre Ziele proklamiert. Das Wünschen muss man zwar lernen und es ist wesentlich schwieriger, als man gemeinhin glaubt. Aber dafür ist ein gut formulierter Wunsch schon mal die halbe Erfüllung, den Rest besorgt die Vorsehung, oder was auch immer dafür zuständig ist.

Was für Wünsche das sind?
Sorry, aber die wachsen im Stillen und sind noch nicht bereit laut genannt zu werden. Man sagt ja auch, dass man den Wunsch, nachdem man ihn geäußert hat, vergessen soll, ihm ja nicht nachblicken oder gar immer wieder bekräftigen darf. Wünsche sind sensibel, die brauchen eine besondere Pflege, die haben einen ganz eigenen Spleen. Und vielleicht fühl ich mich ihnen gerade deshalb so verbunden, weil es mir ähnlich geht.

Ich bin wieder da.

Und langsam wachsen meine Wurzeln wieder in den heimatlichen Boden, finden Halt und geben mir die Kraft die ich brauche, damit ich mich in diesem neuen Dasein zurecht finde.

Mein Crohn-Blog ist aus dem sommerlichen Dornröschenschlaf erwacht (und auch mein Kraftplatz-Blog ist wieder aktiv). Das Buchmanuskript rund um die Briefe aus dem Leben mit Herrn Crohn & Co. liegt auf meinem Schreibtisch und bekommt den letzten Schliff und – HURRA! – ein Ende, ein gutes Ende! Darauf habe ich gewartet, ohne dass ich gewusst habe, was mir im Konzept noch fehlt.
Ich bin ein Hollywood-Film-Fan, ich brauche immer ein Happy End, wenn ich mir einen Film ansehen. Im echten Leben sind die Happy Endings ja nicht immer gegeben. Für mein Crohn-Buch aber habe ich mir ein solches Happy End gewünscht und eines gefunden, das dem am nächsten kommt.

Und damit hat sich schon mal einer meiner Wünsche (siehe oben) erfüllt 😉

Stay tuned – es geht weiter. Weil irgendwie gehts immer weiter.

FuckingGreatJob 1024x768 - „Wie ist es dir ergangen?“

 

FuckingGreatJob Acryl 150x150 - „Wie ist es dir ergangen?“You are doing a fucking great job!“ – die Zeichnung ist schon letztes Jahr entstanden. Einmal digital, am Zeichenbrett, und einmal Acryl auf Leinwand. Die Inspiration dazu kam von dieser Seite: Emily McDowell

Das Bild oben ist ein Aquarell, dass ich auf Reha gemalt habe: Licht am Ende des Tunnels.

Cartoons

Rückblick, Vorschau und Überhaupt

Uff.

Die letzen Wochen waren dicht – an Erlebnissen jeder Art, an Vorkommnissen drumrum und generell scheint 2016 ein sehr intensives Jahr zu sein, für viele. Für mich auf jeden Fall.

Nach einer großen OP, die mir einiges an Angst beschert, aber auch viel Übel genommen hat, geht es mir vorsichtig gesagt leicht stabil besser und das ist schon sehr viel. Ich wünsche mir jedenfalls, dass mein Herr Crohn diesen Einschnitt als Ausstiegskarte für einen laaangen Urlaub nutzt.

Kurz danach hat es mich dann anderes gebeutelt – das Leben schenkt einem fallweise wirklich nichts und wenn, dann nur Dinge, an denen man länger zu kauen hat. So mein Eindruck aktuell. Darum habe ich beschlossen, mir für die nächsten Wochen eine selbstbestimmte, erholsame und vor allem (hoffentlich!) friedliche Auszeit zu schenken. Warum, wieso, weshalb kann man auf meinem anderen Blog nachlesen: Rückzug in die Villa Sehnsucht.

Good News

Es war aber auch viel Schönes dabei, in den letzten Wochen. Zwei dieser Schönheiten will ich hier besonders vorstellen:

Artikel auf Volkskrankheiten.at & in Mediaplanet Austria

Diese Woche ist ein Artikel von mir auf volkskrankheiten.at erschienen. Ich war eingeladen einen kleinen Einblick in das Leben mit Morbus Crohn zu schreiben. Der Artikel (inklusive einiger Zeichnungen 😉 ) ist am 24.6.16 online gegangen und hier zu finden:

Klo-fixiert und kompliziert:
Morbus Crohn und die Nebenwirkungen

Ein sehr herzliches Danke an die Organisator*Innen und die Medien, die dem wichtigen Bereich Darmgesundheit und -erkrankungen einen schönen Rahmen und somit Beachtung schenken! Ich hoffe, dass mein Beitrag einen kleinen Teil zur Wahrnehmung beigetragen hat (und yes, please: der Artikel darf gern intensiv überall verbreitet werden 😉 )

Nachtrag: Kaum war der Artikel online, hat die Post mir die Belegexemplare der Mediaplanet-Beilage von „Der Standard“, vom 24.06.16, gebracht. Da ist die Kurzform meines Artikels im Rahmen der Kampagne „Innere Medizin & Gesundheitsvorsorge“ erschienen und ich freu mich sehr narrisch toll darüber 🙂
Wers verpasst hat: so schauts aus:

Der Lange Tag des Darms 2016

Ganz besonders freue ich mich auch über den Langen Tag des Darms, der am 11. Juni zum zweiten Mal stattfand. Ich durfte ein bisschen aus meinen Briefen vorlesen und einige meiner Zeichnungen wurden ausgestellt. Das war dann doch ein sehr berührender Moment für mich, als ich die Bilder so groß auf den Staffeleien gesehen habe. Die Rückmeldungen auf die Lesung waren durchwegs positiv und in vielen Fällen bestätigend. (und die Arbeit am Buch wird auch in den kommenden Wochen endlich wieder aufgenommen, versprochen!)

Besonders toll auch der neue Besucherrekord: Mehr als 2.000 Menschen nutzten die Chance, sich umfassende Infos rund um den Darm zu holen. Das ist sehr, sehr toll und ich gratuliere einerseits den Veranstaltern, dem Verein darmplus.at, und Vortragenden und andererseits allen, die sich für das wichtige Thema interessiert haben!

Meine ausgestellten Cartoons beim Langen Tag des Darms

Happy Summertime!

Ich wünsche abschließend allen meinen Leser*Innen einen erholsamen und vor allem ruhigen Sommer, mit viel Zeit und Raum für Muße, Genussstunden, Spaß und vor allem Gesundheit!

In den kommenden Wochen werden vielleicht noch ein paar kleinere Beiträge hier erscheinen. Aktiver geht es dann im Herbst weiter und ich hoffe, dass wir uns dann gesund und fröhlich wieder lesen! Stay tuned und passt auf auf euch 🙂

Cartoons, English Versions

In the Summertime …

Gestern hat der Sommer begonnen und – was Wunder! – der Dauerregen hat aufgehört. Es ist warm, richtig heiß und ich beginne an sowas wie „Sommerurlaub“ zu denken. Das ist mit dem Herrn Crohn im Gepäck immer eine besondere Herausforderung… wie man im Cartoon sehen kann.

Mal sehen, welch schöne WC-Anlagen ich diesen Sommer so kennenlerne. Und hoffentlich kann ich auch das Drumherum genießen. 😉

Yesterday summer has begun and – a true wonder! – the endless rain stopped. It is warm, nearly hot and I start to think about something like „summerholiday“. What is not easy, when having Mr. Crohn in your baggage … as you can see in the cartoon.

So I´m kind of curious about the nice toilettes I´m going to visit this year. And hopefully I can also enjoy the environment 😉

Allgemein

Hochsensibel? Vielleicht. Sicher aber ein Buchtipp.

Bin ich hochsensibel?

Ich gestehe: Ich habe ein Problem mit psychologischen Neuheiten. Vor noch nicht allzu langer Zeit wurden Kinder, die aufgeweckter als andere waren, viele Warum-Fragen stellten und sich nicht mit einem einfachen „Darum“ zufrieden stellen ließen, als ADHSler abgestempelt. Mit allen Konsequenzen. Noch früher hieß das Zappelphilipp oder man sprach davon, dass da ein Kind eben Hummeln im Hintern und Flausen im Kopf hatte.

Durch das, was man so gemeinhin „gesellschaftliche Entwicklung“ nennt, bekamen manche Kids dann noch andere Symptome aufgedrängt und eine Vermischung von dem, was behandelnswert wäre, und dem, was schlicht eine normale Entwicklung war, sorgte dafür, dass man eine bequeme Diagnose hatte, mit der man Kinder schubladisieren und Eltern, Lehrer, Aufsichtspersonen beruhigen bzw. abkanzeln konnte.

Die Grenzen waren schwammig und auch wenn Ritalin in Europa nicht so exzessiv verteilt wurde, hatten noch genug Familien mit dem Stigma bzw. der Auszeichnung zu kämpfen. Für manche war und ist es ein unstimmiges Urteil, für andere eine gute Ausrede und für weniger als vermutet eine richtige Diagnose.

Ein paar Jahre darauf gewann das Schlagwort „Asperger Autismus“ in der Diagnosenreihung an Ansehen und wenn man nicht plötzlich mindestens 5 Kinder im Umfeld hatte, die das als Ursache ihrer „gesellschaftlichen Auffälligkeiten“ im Lebenslauf stehen hatten, dann lebte man vermutlich auf einer abgeschiedenen Alm, als Eremit.

Ich möchte damit bitte ganz sicher nicht behaupten, dass es die beiden psychologischen Phänomene nicht gibt – im Gegenteil: ich bin sicher, dass die beiden Krankheitsbilder (darf man das so sagen?) tatsächlich existieren.
Aber es ist auch ein Fakt, dass man die beiden Begriffe gießkannenartig über all diejenigen geschüttet hat, die sich nicht in die üblichen Schubladen des Erziehungssystems pressen ließen (und lassen). Und die „üblichen Schubladen“ wurden in den letzten Jahren leider immer mehr auf ein stumpfes, bewegungsreduziertes, nicht-nachfragen-nur-akzeptieren-Niveau gedrückt.
Das ist meine sehr persönliche Meinung als Mutter, Tante und Mensch, die mit solchen Aussagen die eigene Schulzeit und die ihrer Kinder hindurch immer wieder zu Grundsatzdiskussionen aufgefordert wurde.

Ich habe aber auch noch die Aussage einer Betreuungslehrerin im Ohr, die man nach einigen nicht so prickelnden Vorfällen zwecks Supervision in die Volksschule holte: „Das ist ein ganz normales, liebes Kind und wenn`s wütend wird, ist das absolut nachvollziehbar. Das Problem liegt hier ganz woanders.

Und nun gibt es ein neues Schlagwort: Hochsensibel.

Du bist sicher auch hochsensibel, das erklärt alles – deine Erkrankung, deinen Umgang mit anderen, deine Lärm- und Nahrungsmittelempfindlichkeit, das du eben so bist, wie du bist …“

Geständnis Nr. 2: Bevor ich noch wirklich wusste, was das war, diese Hochsensibilität, war ich schon dagegen und fand das ganze unsympathisch.
Die nächste Schublade im Kästchendenken der Mitmenschen, ein weiterer Stempel, den man sich aufs Aug drücken lassen muss … oder will, je nachdem wie man dazu steht.

Ich habe eine recht lange Liste an Diagnosen, Morbus Crohn ist nur eine davon. Dazu kommen noch sog. Differential-Diagnosen. Das sind die, wo noch nicht ganz raus ist, ob sie auf mich zutreffen oder nicht, aber der begründete Verdacht besteht.

Hinzu kommt eine lange Liste an Allergien und Unverträglichkeiten, hauptsächlich was Medikamente betrifft. Meine Birken-Allergie hat sich in den letzten Jahren dafür immer mehr zurückgezogen. Ich vermute, die Dränglerei, wer nun grad dran ist mit Unannehmlichkeiten machen, war ihr zu viel.

Dann gibt es natürlich noch die psychologischen Hinweise, die sich mit dem Faktor Traurigkeit versus Depression beschäftigen und regelmäßig zu interessanten Diskussionen mit Psychologen und Psychotherapeuten führen. Ich bin ja der (überholten?) Meinung, dass man ein gewisses Recht auf Traurigkeit und Trauer hat, wenn einem das Leben unterm Arsch wegbröckelt. Und das man eben so seine Zeit braucht, damit man damit fertig wird. Sein Leben zu verlieren, während man noch lebt, ist ja schon eine der eher mühsamen Erfahrungen um Dasein. Sich dann ein neues aufzubauen, mit auf den Rücken gebundenen Händen (um das mal poetisch zu umschreiben), im Wissen das es jederzeit wieder den Bach runter gehen kann … also das sorgt in Summe dann doch für fallweise unfreudige Tage.

Meine Meinung, dass einem da Glückspillen weniger helfen, als eine 100er Packung Taschentücher und ein Freund, eine Freundin, die zum Hand halten und mitheulen bereit sind, wird leider nicht von allen psychologisch-therapeutisch-medizinisch Tätigen geteilt. Von der sich immer schneller drehenden Gesellschaft als ganzes fallweise noch weniger.

In Amerika soll sich die zugestandene Trauerzeit nach einem Todesfall im nahen, persönlichen Umfeld, auf ca. drei Wochen beschränken. Alles was darüber hinaus geht, wird als behandelnswerte Depression gesehen und mit ein paar Pillen wegtherapiert.

Ich bin ein Dinosaurier, was solche gesellschaftlichen Direktiven betrifft, und finde das schlichtweg vertrottelt. Ein Jahr war die Trauerzeit in früheren Tagen, nicht mehr und nicht weniger. Unter dem tu ichs bittschön auch nicht.

Das mag Hobby- und Berufspsychologen nun genussvoll schmatzen lassen, aber – Obacht liebe Leut! – zieht euch warm an, denn es kommt noch intensiver:

  • Ich war als Kind sehr schüchtern und auch wenn mir das keiner (mehr) glaubt: ich bin es noch. Ich verstecke es nur sehr gut und kaschiere es mit dem, was allgemein unter Selbstbewusstsein und „scheiß drauf“ bezeichnet wird.
  • Außerdem bin ich olfaktorisch leicht aus der Fassung zu bringen – starke Gerüche hauen mich sprichwörtlich um.
  • Ich hasse Lärm und das kann auch schon zu laute oder die „falsche“ Musik sein.
  • Ich hasse kratzende Pullis und scheuernde Etiketten am Hals – aber wer liebt die schon?
  • Menschenansammlungen sind mir ein Gräuel, speziell wenn es dann noch laut ist und die Luft zum Schneiden.
  • Einkaufstempel und Supermärkte sind für mich eine moderne Form der Folter, aber Genuss-Shoppen in kleinen Geschäften liebe ich.
  • Ich habe ein Faible für Ordnung, aber leider nicht die umfassende Begabung dafür. Will heißen: Ich habs schon gern hübsch, aufgeräumt, klar und sauber. Aber mein innerer Chaot ist meist mit dem Aufrechterhalten des Zustands überfordert, speziell wenn mehrere Menschen im Spiel sind, die so ihre eigene Form von Chaos mitbringen.
  • Ich bin tageweise extrem empfindlich, spüre die Emotionen anderer als wären es meine eigenen, reagiere manchmal aufbrausend, wenn mir alles zuviel wird, oder ziehe mich in ein dornrösiges Schneckenhaus zurück.
  • Social Media sind für mich Fluch und Segen zugleich. Gut, weil ich so auch aus horizontaler Krankenlage mit anderen in Kontakt treten kann und einen (wenn auch verzerrten) Blick in die Welt behalte. Schlecht, weil die Infoflut mein Hirn überschwemmt und mir bei den Bildern und Nachrichten, die da unreflektiert gepostet werden, in 70% der Fälle die Grausbirnen aufsteigen (ostösterr. Ausdruck für „das Grauen bekommen“).
  • Ich arbeite gern in einer ruhigen Umgebung, speziell wenn ich schreibe oder zeichne und wenn man mich dann öfter stört oder sich Störfaktoren einschleichen, reagiere ich mitunter sehr gnatschig und werde leicht unrund.

Bin ich also doch hochsensibel? 

Oder nur ein normaler Mensch, der mit der Welt und dem Dasein fallweise seine Zugangsprobleme hat?
Wenn es nach den Meinungen mancher Mitmenschen geht, die mit Schubladen schnell zur Hand sind, dann gehöre ich zu den sog. HSPs – Highly Sensitive Persons, also zu den Hochsensiblen Persönlichkeiten.

Meine Aversion wuchs jedenfalls in dem Ausmaß, als ich den unsensiblen Stempel als ultimative Erklärung für alles präsentiert bekam.

Dann kam Sabine.

Und ihre supertollen Bassets Wilma und Frieda (die sind ja sooo süß!!!)

Sabine Dinkel ist Coach und lebt in Deutschland, im hohen Norden. Kennengelernt hab ich sie via Twitter und später dann haben wir uns auch auf Facebook ausgetauscht. Wir kennen uns nur virtuell, aber sie ist einer der wenigen Menschen, bei denen das funktioniert und wo ich mir sagen traue, dass eine echte Freundschaft entstanden ist.

Sabine bekennt sich dazu hochsensibel zu sein und hilft anderen, denen es ähnlich geht. Aus ihrem Arbeitsdasein als Coach und Beraterin heraus hat sie nun in Zusammenarbeit mit dem Informations- und Forschungsverbund Hochsensibilität e. V. (hochsensibel.org) ein Buch herausgebracht: Hochsensibel durch den Tag.

Mach doch mal einen Test, sprich das doch mal bei deinen Ärzten an, les dich doch mal ein …“ usw. usf. bekam ich von Gutmeinenden immer wieder, immer häufiger gesagt und geschrieben. Insofern kam Sabines Buch gerade zum richtigen Zeitpunkt.
Ich habs heute mit den Geständnissen, darum gleich noch eines: Ich war sehr skeptisch. Lebensratgeber-geschüttelt und -gebeutelt stand mir der Sinn absolut nicht nach einem weiteren „So sollst du leben und nicht anders“-Buch. Darum habe ich via Leseprobe und auf ihrer Website erst ausgiebig ins Buch hineingeschaut, bevor ich es mir bestellt habe.

Angesprochen hat mich – neben dem sehr klaren und angenehmen Layout – der Satz: Raus aus der Reiz-Überflutung.
Holla die Waldfee – das klingt ja gleich ganz anders als „du bist hochsensibel und musst dich eben an diese oder jene Regel halten“.

Mein Fazit von „Hochsensibel durch den Tag“

Es ist egal ob man es ist oder nicht: das Buch hat viele hilfreiche Tipps für alle, die mit der einen oder anderen Alltagssituation fallweise überfordert sind.

Sehr angenehm ist der vorgeschlagene Ansatz, die Tipps und Infos als Buffet zu sehen, von dem man sich das nimmt, was einem aktuell hilfreich erscheint.
Damit das gut geht, sind die Tipps nach Situationen geordnet. Vom ganz normalen Alltag, über das Arbeiten im Home-Office oder am Arbeitsplatz. Partnerschaft und Netzwerken werden ebenso angesprochen wie – superfein! – der Besuch beim Arzt und die damit verbundenen Aufregungen.

Die Texte sind gut gegliedert, mit persönlichen Geschichten oder Erlebnissen vermenschlicht und es gibt immer eine Tippsammlung für Notfälle.

Der Test.

Und es gibt natürlich auch einen Test, wo man auf die Schnelle reinschnuppern kann, ob man sich nun zu den sog. HSPlern zählen soll-darf-muss-kann oder eher nicht.

Gekoppelt mit dem Hinweis, dass das kein Diagnose-Sheet ist, sondern nur eine erste Hilfestellung.

Wer nun darauf wartet, dass ich hier mein Testergebnis rausposaune: Sorry, es gibt Intimitäten die gehen nur me, myself and I an. Allenfalls vielleicht noch den Herrn Crohn, aber dem ist das herzlich wurscht (egal).

Mein Lieblingskapitel …

… ist übrigens „Schöne Dinge tun und Energie tanken“. Da hab ich einiges gefunden, was ich mal ausprobieren will und werde.

Fein fand ich auch die Hinweise auf andere Bücher, Websites und Infos im Netz, da kann man sich dann zielgerichtet weitere Tipps und Erklärungen holen. Unter anderem habe ich so herausgefunden, dass ich chronotypologisch ein „Leichter Frühtyp“ bin – das bedeutet, dass ich eigentlich zu den Lerchen zähle (Hah! In your face ihr quietschfidelen Early-Bird-Menschen!), auch wenn ich daseinstechnisch am frühen Morgen nicht zu denen gehöre, die frohgemut und munter auf der Suche nach dem frühen Wurm herumhoppsen. Sondern alle frohgemuten Hoppser mit Blicken und wenns sein muss auch verbal erstummen lasse. Aufstehen ist ok. Aber Gespräche bitte erst nach 10 Uhr. Der Morgen ist heilig, schreckhaft und sehr sensibel. Ich kann ihn verstehn, mir gehts genauso.

Buchtipp & Kaufempfehlung

Ich mag das Buch und hab es bei denen stehen, die ich immer wieder zwischendurch in die Hand nehme, was soviel bedeutet wie: es gehört nun zu meiner Liste an Nachschlagwerken, die ich auch gerne anderen in die Hand drücke, wenn mir Erklärungen rund um meine Spleens und Special Effects zu mühsam sind.

Ich denke, es ist ein gutes Buch für alle, egal ob man sich als hochsensibel empfindet oder nicht. Es kann einem helfen Klarheit darüber zu finden, aber mehr hilft es einem, einen mitunter anstrengenden Alltag in kleine, bekömmliche Happen zu teilen, damit einem der Tag am Abend nicht auf den Magen schlägt.

Speziell wenn man ohnehin schon eine diagnostische Liste an Besonderheiten angesammelt hat und ein klein wenig mehr Unterstützung im Dasein sucht, finden sich in den Tipps zahlreiche Hilfen, mit denen man sich die Umwelt besser gestalten kann.

Bin ich nun hochsensibel?

Möglicherweise.
Aber vielleicht ist nur das Leben und die Umwelt ein wenig zu unsensibel und ich eben ein verschrobener Dinosaurier der alten Zeit, mit einer Vielzahl an Spleens und Empfindlichkeiten, die sich sowohl in Zickereien und Grant äußern können, als auch im kompletten Verstummen und Rückzug.

Hochsensibel ist dann die Kurzbezeichnung, für mich und andere.

Hochsensibel durch den Tag

Sabine Dinkel
Verlag Humbold
ISBN 978-3-86910-514-7
19,99 € (D)

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Leseprobe und Verlag: Hochsensibel durch den Tag – Humboldt
Website & Blog von Sabine Dinkel: www.sabinedinkel.de
(da gibts übrigens einen wirklich sehr toll-feinen Newsletter, die Weekly Wilma – sehr empfehlenswert!)

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