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In dieser Kategorie findest du die Mehrzahl der Beiträge im Blog: Worum es im Blog geht, Linktipps und Buchempfehlungen, generelle Infos rund um Morbus Crohn und andere CED, Ernährung und Diät, Videos, Frust und Freude, neue Mediks und Geschichten aus dem Leben mit einer CED – eine bunte Mischung aus allem!

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Der liebe Herr Buch

So.
Nun hab ichs getan.
Ich habe unterschrieben.
Was? Den Vertrag.

Und damit ist es fix: Das, was ich in den letzten Monaten und Jahren an Infos zusammengetragen, an Erlebnissen überlebt, an Begebenheiten erfahren und vor allem das, was ich gelernt habe und von dem ich mir gewünscht habe, dass ich es anders erfahren hätte … all das wird nunTADAAA!!!ein Buch.

Ein richtiges, mit Deckel, Rücken und Seiten dazwischen, mit ISBN Nummer, meinen Texten und mit meinen Zeichnungen. Und mit einem Verlag, der mich so herzlich charmant gefragt und motiviert hat, dass ich eine Woche lang nur mit „OhmeinGottOhmeinGottOhmeinGott…!“ neben der Spur herumgelaufen bin.

Hach 🙂

Erscheinungstermin ist Jänner 2020 und wer nun meint, dass da noch jeeede Meeenge Zeeeit hin ist, dem*der sei gesagt: Das Manuskript muss-darf-soll bis zum Sommer (2019!!!) fertig sein. Mit allen Punkten, Buchstaben, Kommas und Zeichnungen.

SO.
Und Sinn soll es auch machen, sonst wärs ja sinnlos 😉

Offizieller Arbeitstitel ist „Leben mit Morbus Crohn“ – mein interner Hashtag ist „Der liebe Herr Buch“ #ausGründen.

Wie es schlussendlich dann wirklich heißen wird, wird sich noch herausstellen. Das ist ähnlich wie bei einem Kind: da hat man auch jede Menge Namen in peto, um dann nach der Geburt festzustellen, dass keiner passt und das fertige Produkt nicht wie Sybilla, Toniette oder Gurkbert aussieht.

Der Verlag, der mich gefunden hat (was ich ein, zwei gaaanz lieben zukünftigen VerlagskollegInnen verdanke – HACH!), ist der wunderbare Humboldt Verlag – was meine Synapsen zusätzlich zu übereuphorischen Glückspurzelbäumen motiviert hat, neben dem hypereuphorischen „OhMeinGott„-Ausnahmezustand.

Hach hoch ganz viel <3

Und nun Tachles:
So ein Buch, das schreibt sich nicht von selbst und so ein Buch, das will-muss-soll gut bedacht, durchdacht und auch erdacht werden. Und so ein Buch braucht Zeit, Liebe, Lektorat, gnadenlose ProbeleserInnen und daaaannn, DAAANNNNN braucht es auch Leute, Menschen, Erdenwesen, die bereit sind, es zu kaufen, zu lesen, sich darüber mehr oder weniger zu amüsieren, aber vor allem: davon zu profitieren. Das wär der Punkt, wo ich ganz viel auf all jene setze, die hier mitlesen … ich meine damit dich, DICH und natürlich ganz besonders Dich 🙂

Leben mit Morbus Crohn betrifft nicht nur die PatientInnen, die zum ersten Mal vom Herrn Crohn hören. Der Crohn begleitet einem ja ab dann bis zu dem Punkt, wo sich alle Wege final trennen. Es wird somit ein Buch für Newbies, Inbetween-Crohnies und CED-VeteranInnen.

Bei einer chronischen Erkrankung ist aber auch das Umfeld immer mitbetroffen. Sei es als Angehörige, FreundIn, PartnerIn oder im weiteren Umfeld als Arbeitskollegen, Vorgesetzte und MitarbeiterInnen. Darum wird es auch Infos, Tipps und Tricks für Seit-Betroffenen geben. Als Unterstützung, wie man den lieben Herrn Crohn verstehen lernt und seine unerwünschte Anwesenheit so ins Leben integriert, dass sich seine Belästigungen nicht zu mehr als nur gesundheitlichen Probleme auswirken.

Zusätzlich ist es mir wichtig, auch denen ein paar Einblicke geben, die sich auf medizinischer Seite um Crohn-Betroffene kümmern: das medizinische Personal, Ärzte, TherapeutInnen, Pflegepersonal …
Da der Crohn das Leben meist sehr umfassend umkrempelt, kann es hilfreich sein, wenn die, die bei der medizinischen Betreuung an vorderster Front stehen, auch einen Blick auf jene Bereiche erhalten, die neben der Gesundheit das Leben ihrer Patientinnen betreffen.

Und das alles soll natürlich leicht lesbar, in weiten Teilen heiter und vor allem motivierend rüberkommen. Weil fürs Trübsal blasen, Jammern und Rumraunzen braucht man bekanntlich keine Bücher, sondern Taschentücher und Klopapier.

SO.

Das wäre dann mein Programm für die nächsten Wochen und Monate: ein Mehrfach-Spagat, zwischen dem, was unbedingt gesagt werden muss und dem, was man darüber nicht vergessen sollte, garniert mit dem, was gut daran ist. Alles so aufbereitet, dass es verständlich ist und einem auch an besch***eidenen Tagen ein Grinsen hervorlockt.

Falls ich mich also in den nächsten Tagen, Wochen und Monaten in meinen Blogs und auf Social Media ein wenig rar mache, dann wisst ihr nun, dass ich auf der Suche nach einem hübschen roten Faden bin und mich in gedanklichen Yoga-Übungen trainiere, um oben genannten Spagat geschmeidig in Worte zu fassen. Ich werde aber auf jeden Fall versuchen, euch auf dem Laufenden zu halten!

Es kann auch sein, dass ich laut und überdeutlich um Hilfe brülle, weil mir der Tunnelblick die Sicht trübt und ich Unterstützung brauche, wenn es um Einblicke von Außen geht. Dann wärs supernetttollfein, wenn ich mich an euch, liebste Leser*Innen wenden dürfte!

Wenn ihr eine Idee habt, was UNBEDINGT und auf jeden Fall in diesem Buch über das Leben mit Morbus Crohn reingehört, dann teilt es mir BITTE mit! Entweder unten als Kommentar oder als Mail an michaela@schara.at

Ich danke jedenfalls schon jetzt allen, die mich immer wieder und jetzt ganz besonders bei dieser Idee unterstützt haben und es auch gerade aktiv tun!

Und ganz besonders danke ich dem Humboldt-Verlag, für das nette Willkommen und die tolle Unterstützung.

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Behindertenklo-Behinderung

Es ist Neuraltherapietag – was soviel heißt wie: am Morgen ab in den Zug, Rucksack schon am Vorabend gepackt. Eineinhalb Stunden später 20-30 Spritzen da hinein, wo es richtig weh tut (aber es hilft und nur das zählt).
Dann habe ich Zeit, um ein bisschen herumzustromern, ein schnelles Mittagessen und wieder retour zum Bahnhof.

Und dort, wie das „Amen“ im Gebet:

Ich muss. Jetzt. SOFORT.

Aber „don´t panic“ – denn hier gibt es Toiletten, wie üblich auf Bahnhöfen.
Gleichfalls üblich heutzutage: eine kostenpflichtige Sperrschranke. Mit Ticket möglicherweise kostenfrei, aber meines ist am Handy gespeichert und ob das funktioniert? Kleingeld ist, wie immer, nicht vorhanden – aaaaber: TADAA! Ich habe ja den Euro-Key, den Schlüssel für die Behindertentoilette.

Weil ich behindert bin.
Was man mir nicht ansieht.
Was aber so (50%) in meinem Behindertenausweis steht.

Weswegen ich, als Crohnpatientin, auch ein Anrecht auf den begehrten, behinderten Häuslschlüssel hab.
Was aber leider nicht bedeutet, dass ich den überall einsetzen kann.

Es gibt immer wieder Behindertentoiletten, wo er nicht funktioniert. Wie zum Beispiel damals in Innsbruck, als es mal wieder … ihrwißtschonwie … eilig war. Und ich mit Sack und Pack schweißgebadet vor der verschlossenen Tür stand. Die nicht aufgehen wollte. Ums verrecken nicht.
Also in meiner Not (Ha. Ha.) den Notrufknopf vor der Tür gedrückt und meine Notsituation (Ha. Ha. Ha.) geschildert: „Sorry, ich steh vor der verschlossenen Tür, habe einen Euro-Key, als den Behindertenkloschlüssel. Aber die Tür geht nicht auf und …„.
Worauf ein aschtreiner Tiroler mir sanft-barsch erklärte:Des isch nua füa Behindate.*“ „Ja, ich weiß, und ich bins auch, also behindert, habe einen Ausweis UND den Schlüssel dafür, aber …
Dann wirds hoit zua sein. Wortens halt. Oder gehns zur richtigen. Weil die hier ist NUR FÜR BEHINDERTE!**“ … und weg war er.
Also seine Stimme.

Hass.
Himmelkreuzfixlujanochamal!

Die Tür blieb zu. Die zufällig des Weges kommende Klofrau meinte (nachdem sie mir in sanft gebrochenem Deutsch erklärte, dass diese Toilette NUR FÜR BEHINDERTE ist und ich ihr meinen Schlüssel und meinen Ausweis gezeigt habe und und und …), dass sie vielleicht besetzt sei, die BEHINDERTENTOILETTE, die nur für Behinderte ist.

HASS.
Also zum Bankomat, Geld abgehoben, an einem Kiosk irgendeinen Scheiß gekauft (Ha.Ha.), damit ich Münzen bekomme, mich mit Sack und Pack (undes war viel Sack und viel Pack!) und meiner nun schon seeeehr drängenden Not durch das Drehkreuz gequetscht, in eine der kleinen Kabinen gestopft und – HALLELUJA! – endlich … ihrwißtschonwas.

Und mich geärgert.
Und gekränkt.
Und fast geheult, weil das ganze so beschissen war.
Die Situation, nicht das Klo. Das war fein sauber.

Und ich es zwar verstehe, warum die Leute so reagieren.
Aber es so dämlich, schubladisierend und schlichtweg deppert ist.

Weil man auch dann behindert sein kann UND EIN ANRECHT AUF DAS verdammte-BEHINDERTE-Sch****-KLO hat, wenn man NICHT im Rollstuhl sitzt, NICHT auf Krücken geht oder NICHT im tiefergelegten Rollator einherbraust.

Aber heute ist ein anderer Tag, in einer anderen Stadt, mit einem anderen Behindertenklo und es ist eines, mit dem ich Erfahrung habe, weil schon mehrfach genutzt. Eigentlich immer wenn ich da bin, weil es sauber, still und wunderhübsch groß ist.
Aber vor allem: Weil mein Behindertenkloschlüssel hier ohne weiters funktioniert und ich in nullkommanix, ohne Notruf, ohne Klofrau, ohne blöde Meldungen von irgendwem reinkomme.

Und mich jedesmal – jedes verdammte Mal! – verstohlen umschaue, ob mich eh keiner sieht und mir in meinem Behindertenklobesuchsverfolgungswahn vorstelle, dass die große Kamera, die den Kloeingangsbereich großflächig bewacht, ganz sicher besonders auf die Behindertenklotür gerichtet ist, um sicher zu stellen, dass nur ja keine Nicht-Behinderten das begehrte Häusl besuchen.

Was bescheuert ist. Also sowohl meine Vorstellung von der möglichen Häusltürenüberwachung. Genauer gesagt: die Tatsache an sich, dass dieses überwacht wird.
Aber so bin ich nun mal: geprägt von meinem schlechten Gewissen, mehr aber noch von den vielen, oh so vielen, negativen Behindertenklobesuchserlebnissen und der Angst, dass mich wer anspricht, im Amtsjargon oder als gewissenhafte/r BürgerIn, und darauf hinweist, dass „des Häusl is nua fia de BEHINDATN! (… und se schaugn ned so aus, ois waratns behindat***)“.
Der Teil in Klammer wird nur laut gedacht. Immer.

Bis auf einmal, in einem kleinen touristisch, gut erschlossenem Ort in der Steiermark. Da hat ihn der gewissenhafte Betreiber des Loslassetablissements auch laut ausgesprochen, sinngemäß, nett und höflich.
Also weitgehend.
Ich hab ihn nach der Behindertentoilette gefragt, er hat mich entgeistert gemustert und sehr fassungslos „SIE???!!! Is nua füa BEHINDATE!“ gesprochen.
Worauf hin mein inneres Missionars-Ich die verbale Führung übernahm und ich ihm sehr nett, sehr umfassend und sehr ausführlich die Gründe für mein despektierliches Ansinnen darlegte und warum auch Menschen, denen man es nicht ansieht, als behindert gelten können und auf Grund ihrer Erkrankung (CHRONISCHE DARMENTZÜNDUNG – noch Fragen?!) ein Anrecht auf den Schlüssel zum Häuslhimmel haben.
Und er mir den Weg frei machen soll. Schnell.

Er hats verstanden. Wir schieden als Freunde und ich bekam die Zusage, dass ich lebenslang in seiner Toilettenanlage gratis loslassen darf, was akut losgelassen werden muss. Er spendiert mir auch das Klopapier.

Was ich bis dato nicht wusste: Diese Toiletteanlage wird an einen privaten Unternehmer vermietet. Der sein Geschäft (ich mein das Business) sehr genau nimmt und das wirklich toll macht. Und nun auch mit dem Wissen, dass nicht nur Rollifahrer ins große Klo dürfen-können-müssen.

Aber heute und hier ist niemand da, keiner stellt Fragen und die Kamera … hat einen anderen Sinn.
Der Schlüssel liegt in meiner Hand, ein schneller, verschämter Blick, die Tür geht auf, ich geh rein, das Licht geht an, die Tür geht zu, mein Puls sinkt … unendliche Erleichterung vor der tatsächlichen Erleichterung.

BehindertenKloGedanken1 - Behindertenklo-Behinderung

Also dann schnell, schnell, weil: ich bin ja nicht zum Vergnügen hier.

Nach getaner Tat der gewohnte Griff zum Spülknopf … der nicht da ist, wo ich ihn vermute. Und mir fällt ein, dass ich ihn hier immer suche. JEDES VERDAMMTE MAL. Und mir zwar einfällt, dass ich ihn hier immer suche. Aber nicht, wo er sich befindet. Schweißausbruch.

Wie verkorkst kann ein Gehirn eigentlich sein?

BehindertenKloGedanken5 adapt 225x300 - Behindertenklo-BehinderungDenknach, denknach, denknach ...“ und dann die Idee, das ganze aus Rollstuhlperspektive zu sehen. Wo dann der Bügel neben der Toilettemuschel heruntergeklappt ist und siehe da: Da isser ja, der kleine Lauser!

Also der Spülknopf.
Und klein isser auch nicht, eher sehr groß.
Nur eben nicht beschriftet und auch anfallsoptisch nicht so, dass man ihn als Spülknopf erkennen kann, wenn man aufsteht, weil man nicht im Rollstuhl sitzt.

Dreifache Erleichterung.
Nun fehlt nur noch der letzte Schritt: Der vor die Tür. In der Hoffnung, dass keiner davor steht und mich, die ich NICHT behindert ausschaue, aus dem Klo kommen sieht, das NUR FÜR BEHINDERTE ist.

Übersetzungen:

* Das ist nur für Behinderte.
** Dann wird halt zu sein. Warten Sie eben. Oder gehen Sie zur richtigen Toilette. Weil die hier ist NUR FÜR BEHINDERTE!
*** Diese Toilette ist nur für Behinderte (… und Sie sehen nicht aus, als wären Sie behindert …)

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Ernährung bei Morbus Crohn – Teil 4: Ernährungsberatung via Internet

Nach einer längeren (Sommer-, Aus- und Reisezeit)Pause gibt es nun endlich den vierten Teil meiner Serie rund um Ernährung bei Morbus Crohn: einen persönlichen Erfahrungsbericht über Fern-Ernährungsberatung via Internet.

Hier gehts zum 1. Teil der Serie gibts hier, hier zu Teil 2 hier  und hier zu Teil 3.
Alle Beiträge rund um das Thema Ernährung sind in dieser Kategorie zu finden: Ernährung

Ich hatte in meinem Crohn-Dasein zahlreiche Ernährungsberatungen, Diät-Gespräche und Austestungen, mit verschiedensten Methoden. Die meisten in Spitälern und auf Reha, einige bei niedergelassenene BeraterInnen, also privat zu bezahlen, ohne Aussicht auf Refundierung von der Krankenkasse.

Die meisten dieser Beratungen waren anlassbezogen und eher nüchtern. Da ging es zum Beispiel um den Menüplan für einen aktuellen Spitals- oder Rehaaufenthalt.
Einige Beratungen, fast alle der privat zu zahlenden, waren kaum bis wenig hilfreich und ein paar richtig schlecht.
Im Sinne von: schädlich, falsch, Schmerzen verursachend, nicht hilfreich, kaum in den Alltag integrierbar.
Rückblickend waren es in über zehn Jahren gerade mal zwei Beratungen, die ich für ich als gut und längerfristig hilfreich empfunden habe.
Im Sinne von: die Einschätzung hat gepasst, die Beratung war kompetent, die Tipps gut umsetzbar, die Empfehlungen hörten nicht bei den Verboten auf, ich bekam ausreichend Hilfe das Ganze umzusetzen und im Leben zu integrieren.

Nun kommt eine dritte Beratung hinzu, die ich testen durfte, und die ich für mich als gut und hilfreich befunden habe – und diese lief via Internet, also online ab.

Im Frühjahr 2018 kam eine Mail mit der Frage, ob ich Lust hätte, eine Online-Ernährungsberatung auszuprobieren.
Ich hatte nicht.
Also Lust.

Einerseits weil ich, was Ernährungsberatungen betrifft, ein gebranntes Kind bin – siehe oben: Weit mehr schlechte als gute Erfahrungen prägen einen dann doch irgendwann und man schmeißt alle ähnlichen Angebote in einen Topf.
Andererseits war mir die Version via online, also internetbasierend, höchst suspekt. Ich mag direkte Gespräche, will mein Gegenüber nicht über einen Bildschirm sehen, sondern live.

Ich formulierte eine nette Antwort, sagte nicht direkt nein, aber auch nicht ja und beschloss, die Entscheidung dem Schicksal zu überlassen. Dieses wiederum meinte, dass man schlechte Erfahrungen am besten mit guten überschreibt und ich zumindest probieren sollte, worüber ich schon im vorhinein den Stab brechen wollte.

Also sagte ich zu das System zu testen und meine Erfahrung und Eindrücke in einem Beitrag festzuhalten.

Ich erhielt die Chance, die Beratung für mich kostenfrei auszuprobieren – dies ist also, wenn man so will, ein gesponserter Beitrag. Ich wurde aber nicht um eine Werbeeinschaltung gebeten, sondern darum, die Beratung aus Sicht einer Crohn-Erkrankten zu beurteilen und auch die Schwächen aufzuzeigen.
Der Beitrag ist meine persönliche, unbezahlte Meinung und wurde nicht vom Unternehmen beeinflusst oder vorgegeben.

Online-Ernährungsberatung bei Cara Care/Reizdarm.one

Ich hasse Videotalks.
Damit bin ich unter den Internet-People vermutlich ein Alien. Vor allem weil ich beruflich hauptsächlich im WWW aktiv war und als Bloggerin nach wie vor bin. Die Methode, sich via Bildschirm mit jemanden zu unterhalten, der meilenweit weg ist, mag für andere eine nette Möglichkeit sein, in Kontakt zu treten. Mir ist das zuwider.

Und das schrieb ich auch den netten Leuten von Cara Care, die mich via Reizdarm.one zum Test ihres Programmes eingeladen hatten.

„Alles kein Problem, wir können das gerne auch per Telefon machen!“

Damit war schon mal ein großer Stolperstein aus dem Weg geräumt. Telefongespräche empfinde ich zwar auch als stressig, aber wenn ich mich zeitgerecht darauf einstellen kann, geht es.

Beginn und Vorbereitung

Auf www.reizdarm.one kann man sich einen ersten Eindruck über das Angebot und die Idee dahinter verschaffen und auch einen ersten Termin vereinbaren.

Wichtig zu wissen:
Es stehen Mediziner und ausgebildete, zertifizierte ErnährungsberaterInnen dahinter. Das Projekt wurde von André Sommer (Arzt) und Jesaja Brinkmann (Medizinstudent) ins Leben gerufen.
Die Idee dahinter: Menschen mit Reizdarmsyndrom oder einer chronischen Darmerkrankung eine fundierte Beratung zu bieten, die sie auch von zu Hause aus in Anspruch nehmen können. Wer ein „Darmproblem“ hat weiß wie mühsam es mitunter sein kann, wenn man sich mit Bauchweh zu einem Termin schleppen muss.
Damit dennoch ein guter persönlicher Kontakt zustande kommt und man eine direkte, für einen persönlich zuständige Ansprechperson vor Augen hat, läuft eine Cara Care Beratung meist in Form von Videotalks ab.

Bevor es dazu kommt, gibt es ein Erstgespräch, wo der Ablauf vorgestellt und auch erklärt wird, wo das Programm helfen kann bzw. was nicht möglich ist. Auch werden da die „kaufmännischen Facts“ besprochen: Höhe der Kosten und mögliche Verrechnung via Krankenkasse.

Die Kosten betragen insgesamt 246 Euro. In Deutschland übernimmt die Krankenkasse bei dieser Beratung ca. 60% davon. Der Eigenanteil beträgt maximal 82Euro, je nach Entscheidung der Kasse.
In Österreich können wir davon nur träumen.

Für PatientInnen aus Deutschland erfolgt die Abrechnung mit der deutschen Krankenkasse direkt via Cara Care. Das heißt, dass man im Anschluss an die Beratung nur den Betrag bezahlt, der nicht von der Kasse übernommen wird.

Für PatientInnen aus Österreich fällt das leider weg und da schon normale Ernährungsberatungen in Österreich kaum bis nie von der Kasse übernommen werden, stehen die Chancen, dass die einer deutschen Online-Beratung irgendwann mal in das Portfolio der österreichischen Kassenleistung übernommen wird, sehr gering.

Beim kostenlosen Erstkontakt wird noch nichts Therapeutisches besprochen. Es geht nur um die Info, wie das Ganze abläuft und was man im Vorfeld zu tun hat.
Zum Beispiel den sehr ausführlichen Ananmnesebogen ausfüllen, die Cara Care App herunterladen und mit dieser bis zum Ersttermin ein Ernährungs- und Befindlichkeits-Tagebuch führen. Und natürlich wird der erste Termin für die Beratung vereinbart.

Anamnesebogen

Der ist richtig umfangreich und lang. Was meiner Meinung nach gut ist.
Mir war es dennoch zu wenig, denn ich hatte nicht ausreichend Platz für alle meine Diagnosen. Was grundsätzlich immer und überall der Fall ist, weil ich einfach eine verdammt lange Liste an „Special Effects“ habe. Das ist auch offline, beim Aufnahmebogen im Spital oder bei einem neuen Arzt immer ein Problem und sprengt jeden Rahmen.

Das Ausfüllen dauert ca. 20-30 Minuten. Hilfreich ist es, vorab seine Befunde parat zu haben. Man kann die Befunde und Allergieauswertungen auch direkt in das System von Cara Care hochladen. Ich hab dass nur mit einem gemacht, die anderen hatte ich gerade nicht parat.
Wem das suspekt ist, also das man solche doch eher sehr sensiblen Daten ins Netz lädt: Es ist nicht zwingend notwendig. Es geht nur darum, dass sich die zugeteilte Betreuerin ein gutes Bild vorweg machen und sich auf allfällige Unverträglichkeiten einstellen kann.

Was mir hier gefehlt hat:
Ein leeres Feld, in das man anstelle des Hochladens seine Infos eintragen kann. Das wäre ideal für alle jene gut, die nicht hochladen können (oder wollen) und dennoch ein paar wichtige Befunddaten hinterlassen möchten.

Ich habe das dann so gelöst, dass ich mir eine Notiz gemacht habe, um das, was ich noch als wichtig für die Beratung erachtet hätte, im Erstgespräch zu klären.

Das Österreich-Handicap

Zwei Problemchen sind mir aufgrund meiner Herkunft passiert. Das eine war meine Telefonnummer – ich habe eine mit österreichischer Vorwahl. Die dürfte beim Anmelden aber irgendwie verschwunden sein. Denn als es Zeit für den Anruf war, kam nix. Fünf Minuten später dann eine Mail, ob die Nummer stimmt und als ich das geklärt hatte, klingelte es gleich darauf bei mir. Problem solved und los ging es mit dem Gespräch.

Wer das Ganze via Videotalk am PC/Tablet absolviert hat dieses Problem vermutlich nicht 😉

Der zweite Stolperstein war beim Ausfüllen des Online-Anamnesebogens:
Das System wollte von mir unbedingt eine Info betreffend der Krankenkasse, die für mich zuständig ist. Aber die österreichischen sind nicht drin und keine auszuwählen ging auch nicht. Eine kurze Nachfrage per Mail brachte flott Hilfe: Ich solle einfach irgendeine nehmen. Da ich im Fall des Falles ohnehin keinen Anspruch auf Kassenrefundierung hätte, also den Gesamtpreis zahlen müsste, würde das dann intern abgeklärt werden.

Sehr positiv ist mir jedenfalls aufgefallen, dass die Hilfestellung und Antworten sehr flott, zeitnah und lösungsorientiert erfolgten. Es gehen also nicht x Mails im Ping Pong Modus hin und her und man hängt auch nicht endlos in Hotline-Warteschleifen.

Cara Care App

Die ist ein wichtiger Punkt für die Beratung und da hilft nix: Da muss man durch, die muss sein.

Was für mich persönlich ein weiterer wenig geliebter Part ist – wo aber die guten Leute von reizdarm.one nix für können: Ich bin kein App-Ianer. Ich mag dieses Dauertracken von Fitness, Futter und anderen Dingen überhaupt nicht. Vor allem wenn es regelmäßig und über einen längeren Zeitraum sein soll.

Wobei es einem die Cara Care App wirklich leicht macht. Man kann bspw. auch nur ein Foto seiner Mahlzeit hochladen, wenn man keine Lust hat, alle Zutaten aufzuschreiben.

Dieses Tracken (Aufzeichnen) der Mahlzeiten ist insofern wichtig, weil die zugeteilte Beraterin hier direkt nachschauen kann und man somit beim nächsten Gespräch schon wieder um einiges schneller beim Klären von allfälligen Nahrungsproblemen ist. Abgesehen davon ist es auch für einen selbst sehr hilfreich, wenn man mal für einige Zeit genau mitschreibt, was man sich und seinem Körper so zuführt

Da man auch das Befinden notiert, also wie es einem an dem Tag geht, wie der Stuhl war (Art und Häufigkeit) und welche anderen Probleme man hatte (Stress, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen, …). Wenn man das einige Zeit macht erkennt man eventuelle Nahrungs-Trigger (Auslöser), die möglicherweise für die aufgetretenen Probleme zuständig sind.

Mir ist in dem Zusammenhang zum Beispiel erstmals klar geworden, dass mir Steinobst so gar nicht gut tut. Das war leider zu Marillenzeit (Aprikosen) und ich mag die Dinger. Aber ich hab es doch lieber, wenn ich bauch- und kopftechnisch keine Probleme habe und damit sind die süßen, gelben Köstlichkeiten nun zu einem sehr seltenen Punkt auf meiner Speisekarte mutiert.

 

Die App ist sehr üppig, erinnert einen auch daran, sein Essen zu notieren, bietet viele Trackingmöglichkeiten (auch für die täglichen Medikamente) und hat auch etwas Spielerisches: man kann Punkte und Trophäen sammeln. Je mehr und länger man in sein Tagebuch hier einträgt, desto mehr Punkte bekommt man. Das soll ein Anreiz sein dran zu bleiben.

 

Leider bin ich zu all meinen anderen Übeln (Videotalkverweigerin, Anti-App-Ianerin) auch noch keine Spielerin. Ich mache mir nichts aus gesammelten Punkten und möglichen virtuellen Trophäen. Ich spiele weder am PC noch online – ich spiel ja nicht mal offline gerne. Insofern war das für mich persönlich kein Anreiz.

Die App wirkte auf mich auf den ersten Blick ein wenig vollgeräumt, dicht gedrängt und eher eng, teilweise auch schlecht anwählbar. Das lag aber in dem Fall auch an meinem Handy. Ich hab ein zartes, kleines iPhone SE und der Bildschirm ist da im Vergleich mit den aktuell verbreiteten Bildschirmgrößen sehr klein. Mir reicht das normalerweise, aber bei solchen Apps merkt man dann doch das größer mehr wäre.
Zu spät fiel mir dann ein, dass ich das ganze ja auch bequem am Tablet hätte ausfüllen können. Da würde das wahrscheinlich deutlich gemütlicher vonstatten gehen.

Am iPhone besteht auch die Möglichkeit, die Cara Care App mit der iPhone-eigenen Health-App zu verbinden. Das habe ich nicht gemacht. Da ich mein Handy nicht permanent bei mir trage, auch nicht alles health-mäßige so ausführlich tracke und zusätzlich nicht gar so gern so viel von mir preisgebe, hätte es in meinem Fall wenig Sinn gehabt.

Ein paar Stolpersteine in der App sind mir auch noch aufgefallen – Kinderkrankheiten, die vielleicht schon bereinigt sind. Wie etwa die deutsch – englische Sprachenmischung, z.B. bei den Medikamenteneingaben. Oder das bei den Einheiten die „Infusion“ fehlt (zumindest habe ich es nicht gefunden).
Ein bisschen verwirrend war auch der unterschiedliche Eingabemodus bei den Nahrungsmitteln im Vergleich zu den Medikamenten. Da habe ich mich einige Male vertippt.

Wenn man sich aber mal daran gewöhnt hat, geht das Eingeben (Tracken) der Mahlzeiten, Befindlichkeiten und Mediks recht flott.

Ich habe das meist so gemacht, dass ich tagsüber jeweils ein Foto meines Essens gemacht habe, fallweise auch von den Zutaten bzw. dem Rezept. Abends habe ich dann geblockt alles eingetragen. Damit habe ich mir das immer-wieder-zwischendurch-Tippen erspart.

Die Cara Care Beratung

Relativ rasch nach dem ersten Gespräch hatte ich meine „richtige“ Beratung. Kora, meine Cara Cara Beraterin, rief mich an – auch diesmal wollte mein Spleen, dass das Ganze per Telefon abläuft und nicht via Videotalk.

Kora war mir sofort sympathisch und wir hatten ein gutes, langes Gespräch. Die Tonqualität war ok, ein bisschen hat es gehallt (Headset-Klassiker), aber wir haben einander gut verstanden. Ich nehme an, dass das bei Videotalks noch besser ist.

Nach dem gegenseitigen Vorstellen ging es zuerst darum, meine Erwartungen an die Beratung zu klären und welche Fragen ich hätte bzw. was ich mir an Infos erhoffen würde.

Meine Wünsche:

  • Tipps zur Optimierung meines aktuellen Ernährungsplans
  • Was und wie esse ich unterwegs?
  • Was kann ich mir als Seelennahrung für zwischendurch gönnen?

Wichtig war Kora auch festzuhalten, woran ich die Beratung als erfolgreich betrachten würde.

In dem ca. 50 Minuten dauernden Gespräch schafften wir es nicht alles zu beantworten, aber doch genug. Ich hatte ein paar Monate zuvor eine (gute, selbst bezahlte) Ernährungsberatung, auf deren Basis ich mein Ernährungsverhalten komplett umgestellt hatte. Das war schon ein guter Schritt in die richtige Richtung und mir gut getan. Insofern hatte ich mir bei meinem Beratungsgespräch mit Cara Care eher nur interessante Nebeninfos erwartet – ich war ja schon gut unterwegs. Dachte ich zumindest.

Was mir besonders gefiel war, dass die Beratung nicht als Belehrung rüber kam. Kein erhobener Zeigefinger (den ich eh nicht gesehen hätte, aber ihr wisst was ich meine ;), keine strikten dogmatischen „Das ist absolut verboten, das besonders, das geht gar nicht!„-Dingens und auch sonst war der Ton ausgesprochen angenehm. Aber doch so, dass ich die Tipps und Infos gut annehmen konnte und auch die Hintergründe für mich nachvollziehbar waren.

Für mich ist das genau die richtige Art, wie so eine Beratung abzulaufen hat. Denn mit Dogmen und Sekten-Striktness kommen die wenigsten zurecht. Das fördert nur Frust, macht Stress und miese Laune.

Kora ließ sich auch von meinen bislang wenig guten Ernährungsberatungserfahrungen nicht einschüchtern. Und auch nicht davon, dass ich erst kurz vor dem Kontakt mit reizdarm.one eine gute und ausführliche Beratung woanders gehabt hatte. Sie hörte sich meine Geschichte an, hatte sich vorab schon in meinem Anamnesebogen informiert und auch meine Eintragungen in der Cara Care App durchgesehen.

Besonders positiv fiel mir auch auf, dass sie von sich aus sagte (und wusste), dass Crohnies individuelle Nahrungspläne und -vorgaben bräuchten. Weil jeder Crohn anders ist und es eben keine gleiche, für alle passende Crohn-Diät gibt.

Koras Tipps und Resüme: Ich sei schon sehr gut unterwegs, vor allem was das regelmäßige Essen betraf, auch was und wie ich kochte und mir meine Lebensmittel organisierte. Da ich eine ganze Reihe von Unverträglichkeiten habe, empfahl sie mir mal gezielt auf sog. FODMAPS zu achten.

Ein Begriff den ich – ich gestehs – zum ersten Mal hörte und mir auch gleich fachgerecht erklären ließ. Es gibt übrigens ein Video indem Kora das umfassend beschreibt, auch worauf man achten soll: Was sind FODMAPS?

Sie empfahl mir einige Zeit darauf zu achten weniger von diesen Fodmaps zu essen und zu notieren, wie sich das auf meine diversen Befindlichkeiten auswirken würde.

Außerdem war es ihre Idee, dass ich mir das Aufzeichnen mit der Cara Care App erleichtern könne, indem ich nur ein Foto einstelle. Sie sähe auch so genug von dem, was drin ist und ich erspare mir das detaillierte Beschreiben.

Ein weiterer sehr positiver Punkt: Ich bekam einen ganzen Schwung an Tipps, wo ich weitere Infos finden könnte und vor allem wo es Rezepte gäbe, die schnell und einfach zuzubereiten sind – alltagstauglich eben.

Ein Punkt, der mir auch wichtig war: Ich habe ein Problem mit dem Wort Diät. Das empfinde ich immer als Restriktion, also Begrenzung und mit sowas kann ich gar nicht. Erfreulich war daher, dass Kora sofort darauf einstieg und wir dieses „böse“ Wort während des weiteren Gesprächs elegant vermieden haben 😉

Generell hatte ich nie das Gefühl, dass es darum ging, mir einen strikten Diätplan zu verpassen. Sondern gemeinsam mit mir eine für mich passende, individuelle und vor allem leicht lebbare Ernährungsrichtlinie zu erstellen, die für mich im Alltag und unterwegs gut praktizierbar ist und mir hilft meinen Gesundheitszustand zu erhalten ohne den Crohn zu reizen.

Selbst die „Verbote“ kamen so rüber, dass ich sie nicht als Beschränkung empfand, sondern auch innerlich nachvollziehen konnte, dass es einfach besser ist auf manche Dinge zu verzichten – und vor allem nun auch den Grund wusste, warum mir zum Beispiel Gurken, Paprika und Steinobst nicht gut tun.

Das man auch dann immer wieder Schmerzen und Bauchweh hat, wenn man sehr sorgsam all das vermeidet, was einem nicht gut tut oder nicht gut tun könnte, war auch ein Thema – was für mich ein weiterer positiver Punkt ist. Man hat nicht versucht mir das Ganze als das allseits hilfreiche, ultimative Heilsprogramm zu verkaufen.

Ich kann mich gut an mehrere (teure) Beratungen erinnern, wo das anders war und ich mich „nur“ an den strengen Plan zu halten hätte, um von allem Übel befreit zu werden. Falls die in Aussicht gestellte Heilung nicht in absehbaren Zeit der Fall sein sollte, lag der Fehler an mir und meinem nicht komplett darauf Einlassen-Wollen in diese Heilslehre.

Es war erfrischend zu erleben, dass die Cara Care Beratung nicht in diese Kerbe schlug.

Weiters angenehm war auch, dass bezüglich meiner, von mir selbst herausgefundenen, Nahrungssensibilitäten keine Skepis kam. Wenn ich bei den Diätologen-Gesprächen im Spital oder auf Reha erwähnte, dass ich bitte lieber glutenfrei essen will, weil ich weiß, dass mir das besser tut, musste ich mich in gut 50% der Fälle rechtfertigen und um entsprechende Berücksichtigung kämpfen (oder mich auf eigene Kosten entsprechend versorgen).

Der Hintergrund ist da meist die finanzielle Seite, aber man bekommt auch immer wieder „serviert“, dass der Wunsch nach glutenfrei – sofern nicht medizinisch nachweisbar – ein persönlicher Spleen ist, um den man sich hier nicht annehmen könne.

Mittlerweile ist das zum Glück in den meisten Spitälern etwas anders. Man weiß mittlerweile, dass es eine Glutensensitivität gibt, die besonders bei Menschen mit einem empfindlichen, kranken Darm oder vielen Allergien für heftige Probleme sorgen kann. Blöde Bemerkungen und Augenrollen erntet man dennoch immer wieder.

Nicht so bei Kora, für die das nachvollziehen konnte und als sinnvoll weiterhin empfahl.

Die Zeit für unser Gespräch war schnell um. Ein Folgetermin wurde vereinbart, aber den musste ich aus persönlichen Gründen stornieren.

Kora mailte mir die in Aussicht gestellten Infos (Rezepte, Links und Low-FODMAP-Infos) sehr bald nach dem Gespräch, damit ich den Schwung gleich weiter nutzen und meinen Ernährungsplan weiter optimieren konnte.

Ich widerum freute mich, dass meine anfängliche Skepsis und Aversion gegen diese Form von Beratung sich in Luft aufgelöst hatte und ich wirklich gute, umsetzbare Tipps bekommen habe. Und Spaß hat es auch gemacht 🙂

Abschluss

Üblicherweise gibt es nach dem ersten Beratungsgespräch noch vier weitere, wo die Erfahrungen besprochen und die Umsetzung weiter optimiert wird.

Während der gesamten Zeit ist es sinnvoll die Cara Care App, also das Ernährungstagebuch zu führen. Da man da auch Statistiken abrufen kann, profitiert man auch selbst sehr davon. Zum Beispiel wenn man nach dem Genuss von etwas Bestimmten immer wieder die gleichen Symptome bekommt.

 

Unmittelbar nach dem Gespräch wird man via Mail um Feedback gebeten. Die Abrechnung selbst erfolgt sehr zeitnah nach der Beratung. Da im Fall des Falles das gleich mit der Kasse abgerechnet wird, hat man selbst wenig bürokratisches Gedöns zu erledigen.

Fazit

Kurzversion: 
Ich kann diese Berarung rundum empfehlen.

Langversion:
Ich war sehr skeptisch und wurde sehr positiv eines Besseren belehrt. Die Cara Care Beratung ist im Kern wirklich gut und empfehlenswert. Die paar Stolpersteinchen, die ich erlebt habe, sind eigentlich nicht der Rede wert und wurden nach kurzer Rücksprache rasch, unbürokratisch und restlos aus dem Weg geräumt. Die App wird sich sicher noch entwickeln

Die Beratung selbst war gut und hilfreich. Meine Beraterin war mir sofort sympathisch, was bei jeder Beratung wichtig ist. Meine Spleens, meine Befindlichkeiten und meine Geschichte wurden rundum ernst genommen und die Tipps, die ich erhielt, waren hilfreich und sinnvoll, ohne aufdringlich oder grenzüberschreitend zu sein.

Insofern ist diese Beratungsversion meiner Meinung nach sowohl für Newbies als auch für alle geeignet, die schon einiges selbst herausgefunden haben oder wie ich andere, weniger hilfreiche Beratungen erlebt haben.

Das in Deutschland die Kasse hier etwas dazu zahlt, ist natürlich toll und auch ein gutes Argument.
Als ÖsterreicherInnen haben wir da leider einen finanziellen Mehraufwand. Verglichen mit den ortsüblichen Preisen für diese Beratungen ist der aber meiner Meinung nach vertretbar. Man steigt im Schnitt dennoch deutlich günstiger aus und hat ein Service, wie ich es in der Form noch bei keiner Beratung erlebt hat.

Die Anamnese, das online Ernährungstagebuch und die Vorabinfos sind sehr umfassend und natürlich gewöhnungsbedürftig. Aber genau das ist einer der Vorteile dieser Beratung. Denn so bleibt der Draht zwischen BeraterIn und KlientIn aufrecht und man muss beim nächsten Gespräch nicht kostbare Zeit mit dem „was bisher geschah“ verbringen.

Herzlichen Dank an Reizdarm.one und Cara Care, besonders aber an Jesaja Brinkmann, für die Möglichkeit diese Beratung zu testen, und an Kora, für die guten Tipps und das supernette Gespräch!

Im fünften Teil meiner Serie rund um Ernährung bei Morbus Crohn gibt es Bücher und Linktipps und einen kleinen Einblick in meinen eigenen Ernährungsplan.

Allgemein

Ernährung bei Morbus Crohn – Teil 3

Im dritten Teil meiner Serie rund um Ernährung bei Morbus Crohn geht es um Ernährungsberatung und wie man herausfindet, was einem gut tut und was man besser meidet.
Teil 1 der Serie findet ihr hier, Teil 2 hier.
Alle Beiträge rund um das Thema Ernährung sind in dieser Kategorie zu finden: Ernährung

6.
Jeder muss für sich selbst herausfinden, was gut tut und was schlecht ist.

Das ist mühsam und läuft erwiesenermaßen nur mittels Trial and Error – also Schritt für Schritt ausprobieren.

Meist beginnt man dabei wirklich bei Null. Bei mir hat es sich nach einem sehr heftigen Schub von selbst angeboten. Über Wochen hinweg habe ich keine Nahrung mehr vertragen, auch keine breiige Schonkost – es lief sprichwörtlich durch mich hindurch. Man hat dann versucht mich mittels Venenfutter und sog. Astronautenkost zu versorgen.
Das ist nicht angenehm, schmeckt nicht besonders, aber es hält einem am Leben.

Mein körperlicher Tiefstand schlug sich damals mit knapp 45kg auf die Waage.
Heute habe ich um die 60kg, bei 1,61cm Körpergröße.

Als die Therapie endlich griff, kam auch der Appetit und ich begann wieder echtes Essen zu mir zu nehmen. Da habe ich dann ausprobiert was mir bekommt und gut tut. Begonnen habe ich mit dem, was allgemein als gut verträglich gilt (Reis, Karotten …) und mich langsam durch die Nahrungspalette gefuttert. Wenn etwas dabei war, was mir nicht gut getan hat, habe ich das sehr schnell gemerkt und dann versucht in Zukunft zu meiden. Was ich vorher nicht vertragen habe blieb auf der No-Go-Liste: Salatgurken, Knoblauch, größere Mengen Paprika …
Die darmreinigenden Klassiker, wie z.B. Sauerkraut, ließ ich aus verständlichen Gründen auch aus 😉
Vollkornprodukte mit ganzen Körnern, auch geschrotet, taten und tun mir gleichfalls nix Gutes – das ist so schwer verdaulich, dass mein Bäuchlein w/o gibt und mit beleidigtem Aufblähen reagiert. Es fühlte sich an wie Streusplit der über die Darmwand raspelt.
Vor meiner großen Darm-OP, als ich noch eine massive Stenose im Dickdarm hatte, wären Vollkorn-Produkte, Maiskörner, Trauben(kerne) & Co zusätzlich ein zu großes Risiko gewesen. Die können bei einer Stenose zu einem Darmversschluss kommen.

Das tut richtig.scheiße.weh.
Das ist lebensgefährlich.
Das will man nicht.

Auch ohne Stenose sind schwer verdauliche Nahrungsmittel keine sinnvolle Kost für Menschen mit einem empfindlichen Darm. Das es auch hier Ausnahmen gibt, muss ich, hoffe ich, nicht mehr erwähnen.

7.
Was Gesunden schadet, hilft auch Kranken nicht.

Junkfood, Unmengen Zucker, unregelmäßiges Essen, Schokoladen-Overload, extrem Fettes, Frittiertes, dunkel Gegrilltes (=Kohle) … tut einem Gesunden schon nicht gut. Wer eine Erkrankung hat, speziell im Verdauungstrakt, der/die tut sich mit dieser Nahrung aber erst recht nichts Gutes.

Das sagt einem an sich die Logik. Aber seit es den Hausverstand im Supermarkt an der Kasse, als Pappfigur, gibt, fehlt er im Alltag halt immer wieder.

Wie bei allem macht auch hier die Dosis das Gift. Wer hin und wieder, also wirklich selten, beim goldenen Doppelbogen einfällt, sich dann und wann (=selten) einen Schokoschock schenkt oder beim alljährlichen Familientreffen (=selten) Omis berühmten, deftigen Schweinsbraten inhaliert, der nimmt Seelennahrung zu sich. Denn der Verzicht auf dieses einmalige (=seltene) Vergnügen schadet mehr, als die Verträglichkeit der Nahrung.

Schlussendlich ist Essen ein gesellschaftliches Ereignis und wer davon ausgeschlossen ist oder durch eine besondere Diät gehandicapt, der hat schnell ein emotionales und soziales Problem. Wenn alle nach einer anstrengenden Bergwanderung in der urigen Hütte leckeren Kaiserschmarrn mampfen, dann wird die mitgebrachte Reiswaffel zu einem Würgeteil, das man auch mit viel Schnapps und gutem Zureden nicht in den Magen bekommt.

Jeder muss hier selbst wissen und spüren lernen, wo die gerade noch verträgliche Grenze liegt und wann es sich lohnt, sie zu überschreiten, weil man die Konsequenzen angesichts des Vergnügens in Kauf nimmt.

Ausnahmezeiten, wo ein Festhalten am Plan keinen Sinn macht, sind zum Beispiel wenn die Tage und Wochen länger bauchtechnisch mühsam sind, der Crohn im irren Freak-Modus unterwegs ist und man einfach nicht mehr weiß, was den Wahnsinn stoppen kann.
Wenn man hinterrücks nur noch auf der weißen Schüssel hängt und dazwischen den Kopf darüber hält, weil die Mediks einen gerade das letzte Futzelchen an Nahrung herauskotzen lassen, dann ist eine strikte, einschränkende Diät das letzte, was einem hilft. Im Gegenteil, da bringt es meiner Erfahrung nach mehr, wenn man sich bewusst etwas gönnt, wonach einem der Gusto steht, was die Lebensgeister und den Appetit hervorlockt.

Ich hatte so eine Phase unter anderem bei einer heftigen Antibiotikatherapie im Spital, wo ich unmittelbar nach dem Anhängen der täglichen Infusion zuerst in einen unangenehm bedöselten Halbkoma-Zustand versank und sofort danach jedes Tröpfchen Mageninhalt in eine Schüssel gespuckt habe, bis ich meiner Galle „Guten Tag“ zukrächzen konnte.

Als Konsequenz habe ich tags darauf, beim Frühstück, meinem traurigen, glutenfreien Brotersatz die Freiheit geschenkt und mir eine resche Kaisersemmel gegönnt, mit viel Nougataufstrich und extra Marmelade. Volle Kanne.

Im Wissen, dass mich diese Genusskombi kurz darauf unverdaut wieder am gleichen Weg verlassen würde, wie sie in mich gewandert war.

Aber ich hatte zumindest kurz ein paar geschmacksverursachte Glücksgefühle, einen Hauch Normalität und das gibt manchmal mehr Kraft, als es Kalorien vermögen.

8.
Ernährungsberatung KANN helfen.

Oder alles schlimmer machen.

Ich hatte in meinem crohnischen Dasein viele Ernährungsberatungen. Die meisten waren schlecht, ein paar sogar schädlich, eine zusätzlich besonders schmerzhaft. Doch die meisten waren hauptsächlich frustrierend, lebenseinschränkend und einige sogar komplett falsch.

Und ich hatte ein paar wirklich gute Ernährungsberatungen, von denen ich bis heute profitiere und die mir sehr geholfen haben.

Hier ein paar Tipps für alle, die wissen wollen, woran man eine gute Ernährungsberatung erkennen kann:

  • Gute ErnährungsberaterInnen erkennt man daran, dass sie wissen, dass es keine allgemein gültige Crohn-Diät gibt.
  • Sehr gute ErnährungsberaterInnen fragen vorweg nach den bereits gemachten Erfahrungen. Also ob man schon weiß, was einem gut und was einem nicht gut tut und bewerten das nicht. Und sie fragen nach Befunden, die sie lesen und auch verstehen.
  • Super gute ErnährungsberaterInnen lassen einen im Anschluss an die Beratung nicht mit dem Endergebnis dastehen, sondern geben Tipps und Hilfestellung, wie man diese spezielle Diät, die man gemeinsam erarbeitet hat, im Alltag – im echten Leben – simple umsetzt und wie dran bleibt.Zum Beispiel:
  • Wie man sich auch an miesen Tagen gut versorgt.
  • Wie man sich während eines Schubs ernährt.
  • Wie man sich unterwegs, auf Reisen, im Berufsalltag gut ernährt.
  • Wie und wo man Rezepte findet, bei denen man keine Nouvelle Cuisine Kocherfahrung braucht oder den halben Biomarkt leerkaufen muss.
  • Welche Lebensmittel man wo gut und günstig findet, ohne dass man einen Kleinkredit aufnehmen muss, um sich all die supertollen Nahrungsergänzungsmittel, die man un.be.din.gt. braucht, leisten zu können.
  • Wie man sich das crohnische Kochen erleichtert, so dass es nicht den halben Tag dauert, sondern ruck zuck fertig und gut ist.

Wenn es ihnen dann noch gelingt, dass das Ganze auch Spaß macht und man sich wirklich freut, die Rezepte auszuprobieren UND diese Freude dann auch ein paar Wochen später noch da ist, dann hat mein seine persönliche, hilfreiche ErnährungsberaterIn gefunden.

Das muss auch nicht unbedingt hochpreisig sein. Wie bei vielen Dingen ist auch hier „teuer“ nicht mit „gut“ gleichzusetzen. Man kann auch auf Kassenkosten so jemanden finden. Glück gehört natürlich auch dazu und fallweise helfen die Erfahrungen von anderen.

Daher hier auch noch ein paar Tipps, wie man schlechte ErnährungsberaterInnen erkennt, um die man besser einen Bogen machen sollte:

Schlechte ErnährungsberaterInnen wissen alles, haben aber keine Ahnung, was Morbus Crohn ist.
Wen ich wem meine Erkrankung erst mal erklären muss, dann kann mir der nicht sagen, was mir da hilft, weil er/sie schlichtweg keinen blassen Dunst von dem hat, was in mir vorgeht.

Schlechte ErnährungsberaterInnen haben die ultimative Methode ge/erfunden, mit der man allen (also wirklich ALLEN) helfen kann, weil alle die gleichen Fehler machen.
Das sind dann keine ErnährungsberaterInnen, sondern Gurus, die einen bekehren wollen.

Schlechte ErnährungsberaterInnen wollen einem etwas verkaufen.
Natürlich immer zum Selbstkostenpreis, als Sonderangebot und das ist reeeiner Zufall, dass man gerade heute das bewusste Wunderprodukt im Haus hat und es einem gleich mitgeben kann … und man kann das gaaanz einfach im Web bestellen, muss nur den Beratercode dazu angeben, kommt alles frei ins Haus … usw. usf.

Finger weg
– speziell, wenn hinter den superigen, tollen, einmaligen Produkten Firmen stehen, die ihre Waren nur mittels Empfehlungsmarketing/Pyramidensystem verkaufen. Das sind dann eher Sekten und die BeraterInnen gläubige, bekehrungssüchtige JüngerInnen.

Schlechte ErnährungsberaterInnen haben eine ganz besonders tolle Methode, mit der sie Unverträglichkeiten und Allergien austesten können.
Man muss da gar nichts mehr selber wissen, das Gerät macht das ganz von alleine.

Ich glaube schon, dass man mit Hilfe von Pendel, Tensor und Muten herausfinden könnte, ob einem etwas gut tut, oder nicht – weil einem das ja schon das eigene Körpergefühl/Unterbewusstsein sagt. Pendel und Tensor sind in dem Fall dann Zeigerinstrumente. Wir haben in Dingen, die uns persönlich betreffen, aber nicht immer die Ruhe um uns selbst gut „zuhören“ zu können und vertrauen diesen Infos dann auch nicht so, als wenn ein Fremder sie uns mitteilt.
Daher diese Sehnsucht nach Hilfe, wo dann ein/eine anderer das Pendel schwingt oder über eine Wundermaschine „abfragt“.

ABER:
Das ist kein medizinischer Test und das Ergebnis muss IMMER schlüssig hinterfragt und geprüft werden. Auch wenn das Wundergerät noch so toll ist und mit x-fachen Zertifikaten beklebt (von denen man noch nie was gehört hat), wird es nicht richtiger, wahrer oder besser.
Es steht immer ein Mensch hinter der Handhabung und die Geräte, die zum Einsatz kommen, sind nichts anderes als Zeiger, die das anzeigen, was der/diejenigen, der/die die Maschine bedient, spürt – heute, jetzt, in diesem Augenblick.

Besondere Vorsicht ist bei größeren „Massenaustestungen“ geboten, wo in einer Sitzung hunderte Substanzen „abgefragt“ werden.

Ganz besonders spannend wird es, wenn man als Ergebnis einen vorgedruckten Standard-Zettel in die Hand gedrückt bekommt, wo diese vielen, hundert unterschiedlichen Substanzen, die man in Zukunft meiden soll, schlussendlich auf eine Handvoll reduziert wurden.

Wenn sich unter den ab nun verbotenen Substanzen die unheiligen Klassiker Weizen, Gluten, weißer Zucker, Fructose, Histamin, Schweinefleisch, Ascorbinsäure & Co befinden, dann war der vorherige, teure Test schlicht für die Katz`: Das Verdammen dieser „Ernährungsgifte“ ist mittlerweile Standard in der energetischen Ernährungsberatungsszene und wird jedem aufs Aug´ gedrückt. Egal ob bei einem eingewachsenen Zehennagel oder Krebs im Endstadium.

Wer nun argumentiert, dass sich durch das Weglassen der unheiligen Mehrfaltigkeit der Zustand gebessert hat:
Wer weniger Weizen, Zucker, Schweinefleisch & Co. isst, tut seinem Körper ganz sicher Gutes. Weil wir westlichen Menschen einfach viele zu zuviel davon in uns hineinstopfen.
Das sagt aber ABSOLUT NICHTS über Allergien und Unverträglichkeiten aus und ist auch keine individuelle, krankheitsbezogene Diät, sondern schlichtweg Schonkost.

Ganz sicher wird man davon auch nicht geheilt, egal was man hat. Wenn der Körper solcherart auf Diät gesetzt wird, geht es ihm besser, er kann sich erholen und das sorgt für Wohlbefinden. Den Crohn (und andere schwere, chronische Krankheitszustände) bringt man damit aber nicht weg.

Das Geld dafür kann man sich sparen und besser auf das Wissen unserer Mütter und Großmütter vertrauen, die einem an kranken Tagen mit Süppchen und sanftem Brei genau das Richtige ans Bett geliefert haben – ohne vorheriges Abfragen mittels teurem Wundergerät.

Man braucht übrigens auch keine supertollen, neumodernen Küchengeräte, Heilsymbole oder Wundermagnete, die einem für ein mehrstelliges Sümmchen überlassen werden und dann auf gar mystische Weise für rundum wonnige Zeiten und Komfort sorgen.
Wer das haben will, dem sei es unbenommen. Aber „brauchen“ tuts niemand und helfen, also im heilsamen Sinne, tuts auch nicht.

Habt ihr noch Ergänzungen zu meiner obigen Liste betreff ErnährungsberaterInnen oder worauf man achten sollte? Dann her damit, ich freu ich über Tipps und auch über eure diesbezüglichen Erfahrungen!

Im vierten Teil meiner Serie rund um Ernährung bei Morbus Crohn gibt es einen persönlichen Erfahrungsbericht über Fern-Ernährungsberatung via Internet.

Allgemein

Ernährung bei Morbus Crohn – Teil 2

Im zweiten Teil meiner kleinen Serie rund um Ernährung bei Morbus Crohn geht es um das richtige oder falsche Essen im Schub, ob „falsches“ Essen einen Schub auslösen kann und warum es bis heute keine allgemeine, für alle gleich gute Crohn-Diät gibt.

Den ersten Teil der Serie über Essen bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen findet ihr hier.

3.
Essen im Schub und Essen während einer Remission sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

Das Essen im crohnischen Schub muss immer sehr sensibel abgestimmt werden und ist deutlich sanfter, weicher, breiiger, kurz: viel spezieller. Hier ist es immens wichtig, sich sensibel und sehr intensiv auf das aktuelle Befinden einzustellen. Das kann jeden Tag anders sein.

Essen während einer Remission hingegen kann fast „normal“ sein. Man verträgt deutlich mehr und oft auch ganz andere Dinge, als im Schub. Selbst deftiges, schweres, intensives Futtermaterial macht da mitunter wenig bis kaum Probleme – je nachdem, wie arg der Darm und das Körperchen schon vorbelastet sind. Speziell Operationen sorgen für eine sehr veränderte Nahrungsverträglichkeit und -aufnahme.

Permanent ausgenommen sind allerdings die Lebensmittel und deren Aggregatszustände, die sich auf Grund der (eigenen!) Erfahrung als unverträglich herausgestellt haben oder auf die man allergisch reagiert.

Was das „Sündigen“ betrifft:
Je stabiler die Remission und je besser man sich fühlt, desto eher verkraftet man Ausnahmen, die man ansonsten weniger gut verträgt.
Je mieser es einem geht, desto heftiger schmerzen Fehltritte.

Bei Allergien auf bestimmte Lebensmittel wird auch immer wieder empfohlen, zu testen ob sie noch stimmen, denn das KANN sich verändern – Konjunktiv, wohlgemerkt. Wer von Haus aus eine schwere Lebensmittelallergie auf Meeresfrüchte, Nüsse und dergleichen hat, wird auch durch eine große, umfassende Remission eher NICHT davon befreit.

Ich habe für mich festgestellt, dass es mir besser geht, wenn ich meine vorhandenen Allergien, Sensibilitäten und Unverträglichkeiten, so umfassend wie möglich berücksichtige. Ausrutscher, aus emotionalen Gründen oder wenn ich das Gefühl habe, dass mir ein Ablehnen/Weglassen emotional mehr Schaden würde, gehen während einer stabilen Phase hin und wieder.
Auf Dauer geht es mir aber nicht gut damit und das lohnt sich dann einfach nicht.

Unverträglichkeiten und Allergien

… sind übrigens zwei unterschiedliche Dinge.

Eine echte Unverträglichkeit, wie z.B. auf Laktose oder Gluten (=Zöliakie), ist nach heutigem Wissensstand NICHT reversibel. Das Feststellen einer solchen Unverträglichkeit ist auch schwieriger, weil im klassichen Bluttest nicht nachweisbar. Es braucht andere Tests und Untersuchungsmethoden.

Eine Allergie hingegen kann man mittels diverser Standardtests oft gut feststellen und sie kann sich auch verändern, also besser oder schlechter werden.

Zum Vergleich:

Ich habe eine Laktoseunverträglichkeit, die mittels einem Atemtest festgestellt wurde.

Bei diesem Atemtest süffelt man auf nüchternen Magen eine mit Milchzucker versetzte Flüssigkeit (würg). Wenn man den Milchzucker nicht verträgt, weil das entsprechende Enzym im Darm fehlt, kann der Bauch das nicht verarbeiten. Es kommt also kein Zucker ins Blut und der Darm versucht das unverträgliche Gschloder (=grausliche Zeug) mittels Rausschwemmen (=Durchfall) loszuwerden.

Man misst während des Tests immer wieder den Blutzucker – wenn der in einem bestimmten Ausmaß steigt, dann kann man Laktose verarbeiten. Wenn der Blutzucker hingegen weitgehend gleich bleibt, wird der Milchzucker nicht verarbeitet und somit nicht vertragen.
Zugleich wird die Atemluft getestet. Denn wenn man die Laktose nicht verarbeiten kann, wird sie zu einem Teil über die Atemluft ausgeschieden.

Ich vertrage seit gut 15 Jahren keine Milch und laktosehältige Milchprodukte mehr. Als Kind habe ich meinen Grießbrei geliebt, Pudding und Joghurt sowieso, Topfenpalatschinken & Co. natürlich auch. Irgendwann ist die Lust auf diese Nahrungsmittel verschwunden. Nach einem sehr heftigen Schub, der 2004 begann und 2005 zu meiner Diagnose Morbus Crohn führte, war der Appetit auf Milchprodukte komplett weg.

Habe ich dennoch etwas davon gegessen, ging es mir sehr rasch sehr elend. Zusätzlich zum Schub und dessen crohnischen Problemen.
Den oben erwähnten Laktoseintoleranz-Test habe ich erst 2012 gemacht, als mir eine Ernährungsberaterin auf einer Reha diese selbst festgestellte Unverträglichkeit nicht abnahm und quasi auf einer Austestung bestand.
Ich hasse sie noch heute dafür.

Das Ergebnis stand nach 5 Minuten fest: Schwere Laktoseunverträglichkeit, nix davon im Blut, viel zu viel davon im Atem und zwei Tage stechendes Bauchweh, Durchfall, Kopfschmerzen, Übelkeit … Hurra.

Seither werde ich aggressiv, wenn mir solcherart gestrickte BeraterInnen mit diesbezüglichen Fragen kommen.

Meine zahlreichen Allergien haben sich bei mir ad hoc gezeigt, ohne speziellem Test. Ich habe sehr viele Medikamentenallergien, meist auf Schmerzmittel und Antibiotika. Die Allergiesymptome traten hier immer nach einer Einnahme auf. Sehr typisch war auch, dass es bei einigen Medikamenten erst beim zweiten oder auch dritten Mal passiert ist, dass ich mit Hautausschlag, Juckreiz auf Hand- und Fußflächen und ähnlich wonnigen Symptomen reagiert habe.

Meine aktuell letzte Antibiotikaallergie zeigte sich erst am Ende der Einnahme, da hatte ich das Zeug schon eine Woche genommen. Die Folgen waren hier intensiv und so heftig wie noch nie: Der ganze Körper krebsrot, das Gesicht komplett geschwollen, Lippen doppelt so groß und Augen fast zu.
War optisch crazy und gefühlt grauenhaft.

Ich hab damals auch ein paar Bilder gemacht, die ich bei entsprechenden Fragen, ob diese oder eine andere Allergie denn auch „wirklich festgestellt“ wurde, herzeige. Das reicht dann als Antwort.

Meine anderen Allergien wurden hingegen teilweise durch die klassischen Austestungen in Labors festgestellt. Zum Beispiel Weizen und Birke.

Birkenpollen waren eine zeitlang das absolute Grauen im Frühjahr. Ohne Asthmaspray ging ich nicht aus dem Haus, die Augen waren albino-rot. Heute entlockt mir der Staub vielleicht dann und wann ein Nießen oder leichtes Augenbrennen. Es wird also nicht alles schlechter, wenn die Jahre ins Land ziehen 😉

Weizenprodukte würden mich genusstechnisch schon hin und wieder sehr reizen – der Geruch in einer Bäckerei, köstliche Kuchen bei einer Geburtstagsfeier, Schnitzel im Gasthof, eine frische Waffel … alles mit Weizenmehl, alles sehr verlockend, alles verboten.

Das sind die Momente, wo es fallweise wirklich hart ist, „Nein, Danke“ zu sagen. Es dürfte also auch vom Feeling her anders sein, der Unterschied zwischen Allergie und Unverträglichkeit: Bei einem frischen Hefekuchen, in einer Konditorei mit köstlichen Torten & Co, in einer Bäckerei … schreit mein inneres Kind gerne gierig und intensiv: „Scheiß drauf! Gibs mir!
(Und wenn ich dem nachgebe, dann ergibt sich das dann auch genauso, wortwörtlich. Also das mit dem subito-Stoffwechsel).

Bei einem Glas Milch & Co hingegen zeigt mein kleines Ich den mentalen Stinkefinger und winkt angewidert ab.

Ich hatte als Kind übrigens absolut keine wie auch immer geartete Allergie oder Unverträglichkeit. Heute muss ich eine Liste bei mir tragen, weil ich sie mir gar nicht mehr alle merke.

4.
Falsches Essen löst keinen Schub aus.

Aber mit falschem Essen kann man sich darmtechnisch sehr schaden und weh tun: Der Körper wird großem Stress ausgesetzt, der Bauch hat mehr zu kämpfen und diese heftige Situation KANN einen aktuell guten Zustand in einen deutlich schlechteren Zustand versetzen.

Fazit:
Wenn ich etwas esse, dass mir nicht bekommt, dann lasse ich das in Zukunft weg.
Mache ich das nicht, futtere ich weiter – because YOLO – dann kippt mein „System“ schneller, die Mediks können das nicht mehr abfangen, mein Körper gerät in heftigen Stress und ich riskiere eine drastische Verschlechterung, das ein Aufflammen eines neuen Schubes ermöglichen kann.

So ist es bei mir und bei allen Crohnies, die ich kenne: Nahrungsmittel, die wir erwiesenermaßen und auf Grund unserer Erfahrung nicht vertragen, verschlimmern die crohnischen Beschwerden.

Dieses Nahrungsmittel wegzulassen ist Selbstfürsorge.

Es hilft übrigens nicht, wenn man sich nach einer Fressorgie mit Zeug, dass einem nicht gut tut, ein „Cortisönchen einwirft„, um das „Böse“ abzufangen.
Das ist masochistisch und als drastisch dumm einzustufen.

Wer nun auf Nummer sicher gehen will und einfach alles, was anderen nicht gut tut und was die gerade allgemeine Meinung rundum als „böse“ klassifiziert, weglässt, der tut sich dennoch nichts Gutes. Denn eine zu restriktive, ultrastrenge Diät wird schnell einseitig.
Da Crohnies & Co. meist ohnehin mit Malabsorption – also einer schlechteren Nahrungsaufnahme – zu kämpfen haben, umgekehrt aber durchaus oft mehr an bestimmten Spurenelementen brauchen, schneidet man sich mit einer zu strikten Diät ins eigene Fleisch: Es hilft weit weniger, als es mitunter massiv schadet.

Darum am besten immer nur das weglassen, von dem man weiß, dass es einem selbst wirklich nicht bekommt. Auch wenn andere hier kein Bauchflattern haben – es zählt hier IMMER nur das eigene, persönliche Empfinden und Erleben.

5.
Jeder verträgt etwas anderes nicht oder besser als andere.

Wir sind alle unterschiedlich, Crohnies und Gesunde.

Auch wenn viel über die klassischen Bösewichter (Weizen, Gluten, Zucker, Laktose, Fructose, …) im Netz zu finden ist, bedeutet das nicht, dass ein ultimativer Verzicht die perfekte Grundlage für einen beschwerdefreien Zustand bringt.

Ich persönlich habe, wie oben beschrieben, eine Weizenallergie und Laktoseunverträglichkeit. Abgesehen davon habe ich FÜR MICH festgestellt, dass mir glutenfreie Ernährung besser bekommt. Ich esse aber dennoch hin und wieder Dinkel – der übrigens mehr Gluten enthält als Weizen – und Roggen, der auch nicht glutenfrei ist. Auch mein geliebter Porridge, ist nicht glutenfrei – weil auch im Hafer Gluten drin ist.
Aber Gluten ist nicht gleich Gluten, der im Hafer ist ein anderer als der im Weizen. Und ich habe für mich herausgefunden, was und welche Mengen ich vertragen kann.

Trotz heftiger Laktoseintoleranz vertrage und esse ich Butter, Schlagobers (Sahne) und fallweise harten Käse. Der Laktosegehalt in diesen Produkten ist so gering, dass man das als laktosearm bezeichnet und es weitgehend verträglich ist.

Laktosefreie Milch hingegen bringt mir subito das große Reihern (oben und unten) und andere Unannehmlichkeiten. Das liegt vermutlich daran, dass diese Milch nicht wirklich laktosefrei ist, sondern mit laktoseabbauender Laktase versetzt ist. Es ist auch noch jede Menge Milcheiweiß drin vorhanden, auf das ich vermutlich nicht gut reagiere. In Butter und der Sahne ist hingegen nur noch das Fett drin und mit dem habe ich keine Probleme.

Milch, Topfen, Joghurt, Sauerrahm (saure Sahne), weicher Käse usw. sind somit seit vielen, vielen Jahre tabu und ich habe auch nicht da Bedürfnis danach. Landen aber kleine Mengen in Backwaren oder werden mitgekocht (stark erhitzt), kann es mein Körper tolerieren. Topfenstrudel geht dennoch nicht (mehr), das ist einfach zuviel.

Eine liebe crohnische Freundin von mir kann hingegen in Milch baden – innerlich 😉 . Sie darf all das essen, was ich milchtechnisch nicht runterbringe. Aber sie muss einen Riesenbogen um Fruktose machen. Die löst bei ihr das aus, was die Milch bei mir erledigt.

Andere widerum haben täglich ihr geliebtes Weizensemmerl und andere Backwaren, die nicht glutenfrei sind, und vertragen das problemlos. Sie meiden dafür andere Nahrungsmittel, bei denen ich null Probleme habe.

Manche haben eine wechselnde Mischform, manche leben vegetarisch oder vegan, andere (wie ich) brauchen regelmäßig Fleisch, damit sie genug Eisen und Eiweiß haben. Manche leben nach der Low-Fod-Map Diät, machen Low-Carb, Low-wasweißich usw.

Ich denke, es gibt so viele Crohn-Diäten, wie es Crohn-PatientInnen gibt. Damit wird auch klar, warum es bis heute keine absolute, allgemein gültige Crohn-Diät gibt, die für alle gleich gut und verträglich ist.
Wer das verstanden hat, hat 75% des crohnischen Alltags-Dramas kapiert.

Im dritten Teil meiner Serie rund um Ernährung bei Morbus Crohn geht es um Ernährungsberatung und wie man herausfindet, was einem gut tut und was man besser meidet.

Allgemein

Ernährung bei Morbus Crohn – Teil 1

Fremder, der du eintrittst in das Reich der crohnisch Heimgesuchten: Lass alle Erfahrung zurück und wisse, es ist kompliziert.

Besonders wenn man „was“ am Darm hat.
Darum beachte, dass du niemand am A**** gehst.
Denn das tut weh.

Nahrungsaufnahme ist etwas, dass man in unserer Zeit meist beiläufig erledigt. Man hat seine geliebten Teilchen, die man sich inniger gönnt, als anderes. Dann hat man das Futter, dass man so reinstopft um sich zu ernähren und dann gibt es das Zeug, um das man lieber einen Bogen macht.

So leben die meisten Menschen, meiner Schätzung nach 90%.
Und sie leben gut damit.

Wer bewusster durchs Dasein wandelt, hat sich vielleicht schon mit dem auseinandergesetzt, was als gut-gesund-essentiell gilt und sich für eine aktuelle Stil- bzw Glaubensrichtung entschieden.
Diese Mitmenschen werden immer mehr, speziell wenn sie ein bestimmtes Alter erreichen oder anfangen, sich mit dem Zustand der Umwelt auseinanderzusetzen.
Auch sie leben gut damit, mehr oder weniger.

Und dann gibt es die, die lieber zur ersten Kategorie gehören wollen, aber auf Grund gesundheitlicher Umstände in der zweiten gelandet sind und sich mit dem, was sie sich nahrungstechnisch zuführen, intensiv auseinandersetzen müssen.
Zu dieser Gruppe zählen jene, die mit einer chronischen Erkrankung herumwanken. Speziell die, bei denen sich diese Erkrankung im Verdauungstrakt abspielt.

Weil Essen aber etwas is(s)t, das alle tun, weils ohne eben nicht geht, fühlen sich viele zu Experten berufen. Was ok ist, solange sich dieses Expertentum aufs eigene Futtermilieu bezieht.
Mühsam wird es dann, wenn man beginnt die eigenen Ernährungsglaubenssätze und -zustände den anderen ungefragt aufs Aug´ zu drücken.

Kommen dann noch Halbwissen und Hörensagen hinzu, gepaart mit fundamentalistischem Heilungstrieb, wird es richtig gefährlich. Besonders dann, wenn das zu überzeugende Menschlein von einer Krankheit „besessen“ ist, speziell wenn es sich um Bauchgedöns handelt. Sowas wie Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa, Reizdarm-Syndrom, Zöliakie … oder ähnliches in dieser Richtung.

Bekäme ich für jeden ungefragten Ernährungstipp einen Euro, könnt ich mir viele leckere (und für mich bekömmliche) Mampfteilchen kaufen.
Bekäme ich dazu das Geld retour, dass ich bereits in Ernährungsberatungen und daraus folgende Spezialnahrungsmittel gesteckt habe – Leute, ich wäre reich.

Seit 2005 lebe ich mit der Diagnose Morbus Crohn, einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung. Was das ist, warum, wieso, weshalb, woher und alles andere kann man hier nachlesen.

In dieser Beitragsserie rund um Ernährung bei Morbus Crohn bzw. Ernährung bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung geht es um meine persönlichen, bisherigen Erfahrungen im Bereich crohngerechter Nahrungsaufnahme.

WICHTIG:
Dies ist KEIN medizinischer Therapieplan, keine Ernährungsempfehlung für andere und ABSOLUT KEIN ultimativer Diätplan für Crohnies und andere BauchpatientInnen!

Spoiler: Weil es so einen Plan bei CED (=chronisch entzündliche Darmerkrankungen) schlichtweg NICHT gibt.

Womit wir schon beim ersten, sehr wichtigen Punkt sind, den wir bitte alle im Chor wiederholen und gaaaanz tief verinnerlichen:

1.
Es gibt keine Crohn-Diät, die für alle Crohn-PatientInnen gleich gut ist und für jeden passt.

Denn:

Jeder Crohnie (und das gilt auch für andere CEDler) ist anders, jeder Crohn ist anders, jeder Schub ist anders und in der Remission, wenn der Crohn schläft, ist erst recht wieder alles anders.

Bei allem, was ihr über Ernährung bei CED hört, lest, serviert bekommt, betet dies als Mantra vor, immer wieder – bis es sich bis zum den letzten, verbohrten Ernährungsapostel herumgesprochen hat.

2.
Morbus Crohn ist auch mit der besten, tollsten, verträglichsten Diät NICHT heilbar.

Weil Morbus Crohn an sich nicht heilbar ist, laut heutigem Stand.

Das beste, was wir erreichen können, ist eine sog. Remission: Der Crohn „schläft“, man hat keine auf ihm basierenden Beschwerden, das Leben ist das, was man „normal“ nennen könnte.
Weg ist der Mistkerl leider nicht, aber zumindest im Koma.Wie lange diese Remission dauert, weiß NIEMAND.

Es gibt Crohnies, die einmal im Leben einen Schub hatten und dann nie wieder. Ich gratuliere und wünsche ihnen, dass dieser Zustand bis an ihr glückliches Lebensende anhält. Sie als „geheilt“ zu betiteln, auch wenn sie es selbst tun, auch wenn es ihre Umgebung so predigt, auch wenn es irgendwer, irgendwo aufgeschrieben hat, ist falsch und macht denen, die einen Crohn haben, der sich nicht an so einen Deal hält, unmögliche Hoffnungen, gepaart mit Stress und Schmerz.

Es gibt Crohnies, die haben hin und wieder einen kleineren oder größeren Schub. Wenn es ihnen schlechter geht, gibt es „Anlassmedikamente“, die sie einige Zeit nehmen und dann wieder absetzen.

Es gibt Crohnies, die haben einen Dauerschub, der mit Dauermedikamenten unter Kontrolle gehalten werden muss.

Und es gibt ganz viele dazwischen, die mal in dieser, mal in jener Kategorie sind.

Wovon es abhängt, in welcher Gruppe man landet, ist keine Frage des Karmas oder der Ernährung oder der Lebenseinstellung oder oder oder …
Man weiß auch bei Erhalten der Diagnose nicht, wie es sich entwickeln wird.

Für jeden ist der Verlauf anders. Das macht die Diagnose, das Leben und die Medikation so schwierig. Gute CED-MedizinerInnen und Therapeuten wissen das und sie wissen auch, dass man Crohnies & Co. nicht in, von der Krankenkasse veranschlagten, 3 Minuten Gesprächen „abhandeln“ kann.

Leben mit Morbus Crohn ist ein lebenslanges Roulettespiel, mit lauter unbekannten Faktoren. Egal worauf man setzt: es kann der Jackpot sein oder ein deftiger Verlust. Und in der nächsten Runde kann es sein, dass einer die Würfel und die Spielregeln geändert hat, ohne das man es weiß.

Die richtige Ernährung bei Morbus Crohn ist dennoch ein enorm wichtiger Faktor. Denn wenn man das isst, was man gut verträgt und das weglässt, was einem nicht bekommt, hat man ein paar Schmerzfaktoren und Stressoren ausgeschaltet und den Körper, den Darm, das Seelchen von ein paar unötigen Belastungen befreit.

Und da zählt dann wirklich jedes Gramm.

In Teil 2 geht es um Essen im Schub und während einer Remission, ob „falsches“ Essen einen Schub auslösen kann und um Allergien und Unverträglichkeiten.

Allgemein, Briefe aus dem Leben mit CED

Die, die nix darf.

Hallo,

Gestatten, dass ich mich vorstelle:
Ich bin die, die nix darf.

Also eigentlich darf ich eh viel, abgesehen davon, dass ich laktosefrei essen soll, auf Weizen allergisch bin und mir glutenfrei besser bekommt. Ansonsten muss ich bei ein paar Gemüse- und Obstsorten aufpassen. Aber weil das alles viel zu kompliziert ist, bin ich meist einfach die, die nix darf.

Ich weiß, dass ich damit Probleme verursache, vor allem in Restaurants, Imbissen, Gasthäusern und Hotels und mir ist bewusst, dass es für die, die alles dürfen, unangenehm ist, wenn ich auch da bin und meine Spompanadeln, was Essen und so betrifft, verkünde.

Besonders unangenehm ist es natürlich für Köche/Köchinnen, die ich mit meinen unverschämten Fragen, was denn in der Suppe und anderen Speisen so alles drin ist, belästige. Ich weiß, das tut man nicht, das fällt unter Betriebsgeheimnis und überhaupt:
Gegessen wird das, was auf den Tisch kommt.

Habe ich verstanden.

Ich verspreche daher, dass ich mich soweit als möglich zurücknehme und bringe mir mein Brot selber mit – alles ok, da muss man sich keine Gedanken machen. Ich versuche auch, die herausgepulten Salatgurken, die sich dann doch am Teller finden (… ist ja nur Deko, kannst ja wegschieben …) und den Paprika (… das ist schon vorgerichtet, da kann ich nichts mehr ändern …) so unauffällig wie möglich unter der Serviette zu verstecken. Will ja niemanden vor den Kopf stoßen damit. Meine Nachspeise nehm ich mir gerne selber mit und esse das komische Zeug dann verschämt in einer Ecke. Sicherheitshalber allein, damit sich niemand davor ekeln muss.

Wenn mir dann übel wird, weil da dann doch Mehl oder Knoblauch oder sonstwas von meinen „Spompanadeln“ in der Suppe war, dann ist das allein meine Vergnügen und ich verstecke es unter krampfhaftem Grinsen. Das Nouvelle Cuisine Geschmackserlebnis geht über alles, da haben solche Fisimatenten keinen Platz.

Ich bin auch gern bereit, demütig die Lacher und Bonmonts auf meine Kosten zu übernehmen und es mit einem gesenkten Haupt zu gutieren, dass man sich über mich, bzw. meinen „Ernährungsspleen“, lustig macht. Es sind ja nur Flachsereien, nix Böses, muss man schon verstehen.

Natürlich ist es auch vollkommen ok, wenn mir wer, der mich gerade mal vor 5 Minuten kennen gelernt hat, langatmig erklärt, was an dem, wie ich lebe und esse falsch, dumm, nicht in Ordnung ist. Völlig klar – meine über 50 jährige Kenntnis meinereiner und meine gut 15 Jahre Erfahrung mit meiner Erkrankung und den damit einhergehenden Einschränkungen sind NICHTS im Vergleich zu der umfassenden Lebensweisheit eines mir völlig unbekannten Menschen, der mir nur einen Blick zuwerfen muss, damit er/sie mir sagen kann, was ich bisher alles falsch gemacht habe.

Aus lauter Rührung über diese Erkenntnis verstumme ich dann nur leider immer wieder und kann die übermittelten Infos, a la …

  • „Da kann ich dir genau sagen, was du tun musst, …“
    oder
  • Ich hab auch was hinter mir. Da kenne ich wen, der legt dir die Hand auf …“
    oder
  • „… na, dein Arzt ist aber sehr streng mit dir. Solltest wechseln.
    usw. usf.

… nicht so wertschätzend bedanken, wie sie sicher gemeint sind.

Bitte es mir dann nachzusehen, wenn ich ob dieser unfassbar neuen Erkenntnisse und Tipps schweigend meinen Rückzug antrete. Ich muss diese Infos dann vermeditieren, um mein Glück über die nun endlich erfolgte Erlösung aus meinem unverständlichen Leiden verarbeiten zu können.

Ich bedanke mich auch innig sehr über die wohlgemeinten Schulterklopfer, in Form von …

  • „Jetzt schau aber mal dazu, dass du den Scheiß los wirst!
    oder
  • „Na hoffentlich wird das endlich besser bei dir!“
    und
  • „Ist ja auch kein Leben“
    usw. usf.

Die muntern mich immer ganz dolle auf.

Ich bedanke mich also, lächle lieb, wie ichs vorm Spiegel geübt habe, und sage auch nur noch ganz, ganz selten, dass es mir vor nicht allzu langer Zeit verdammt und sehr beschissen arg viel schlechter gegangen ist.
Das ich ein paarmal dem alten Hoppser gerade noch von der Schaufel gesprungen bin und nichts gegen ein vorzeitiges Eingraben gehabt hätte (weils mir so dreckig ging, dass ein paar Schaufeln Erde über mir eine wundervolle Erlösung gewesen wären)
Oder das ich unheimlich stolz bin, aus diesem tiefen Loch mental und physisch wieder heraussen zu sein.
Oder das diese Essens-Einschränkungen und das Auf-mich-selber-Rücksicht-nehmen für mich keinen Behinderung, sondern Selbstfürsorge ist.

Sag´ ich alles nicht.
Oder nur ganz selten.
Zum Beispiel wenn es mir gerade nicht so gut geht. Weil das Essen, dass man mir, die ich ja nix darf, netterweise zusammengebraut hat, ein wenig im Magen liegt. Weil doch nicht alles so verträglich war, wie es lasch angekündigt wurde. Dann kanns sein, dass meine Synapsen gerade ein wenig behindert sind, weil ihnen der Schädel brummt, und dann rutschen mitunter so Aussagen raus.

Für die ich mich hiermit entschuldige.
Meine Schuld.

Hätte mir ja ein anderes Karma suchen können.
Oder nicht überall „hier“ schreien sollen. Weil das hab ich sicher, so oft wie man es mir schon gesagt hat. Die Mehrheit hat sicher recht, geht nicht anders.
Habe ich ja auch schon von Ärzten gehört.
Muss also stimmen.

Danke auch für die immer wieder belehrenden Infos, dass meine „Diät“ so nicht stimmt.
Weil: Wenn wer angeblich keine Laktose verträgt, aber dennoch Butter und Schlagobers und harten Käse isst – dann kann das ja wohl nur eine Farce sein, weil das wird ja auch aus Milch gemacht, nicht wahr?!1!!

Dass diese Milchproduke so gut wie keine Laktose mehr enthalten, auch kaum mehr ein Protein drin ist, sie an sich nur noch aus Fett bestehen … geh´ bitte, wer will denn da so kleinlich sein. Das sind Korinthenkackereien und geschwafeltes Wissenschaftsgewäsch. Man weiß doch, dass Milch von Kühen kommt und daher nicht vegan ist. Also muss sich die Laktoseunverträglichkeit auf alle Milchprodukte ausweiten. Vollkommen logisch.

Wenn ich dann versuche anzumerken, dass ich weder Veganerin noch Vegetarierin bin, und diese faszinierende, unheimlich logische Schlussfolgerung leider nicht nachvollziehen kann (bin sichtlich zu blöd dafür) oder gar anmerke, dass auch ErnährungsberaterInnen und entsprechende ÄrztInnen der Meinung sind, dass Butter, Sahne und harter Käse bei Laktoseunverträglichkeit annehmbar sind … dann ist es absolut ok, wenn man mich verbal niederbügelt, lächerlich macht und die einmal erstellte Meinung um keinen Punkt zurücknimmt.

Als ob man mir zutrauen könne, dass ich weiß, was gut für mich ist!
Hah!
So verkrankt wie ich nun mal bin, so mit Diagnosen überschüttet, von denen man die Hälfte nicht kennt und den Rest nicht weiß, wie mans aussprechen soll – also so wie ich bin, kann ich doch gar nicht wissen, was mit mir los ist und was mir wirklich gut tut.

Kurkuma* zu Beispiel.
Oder Weihrauch**.
Oder Yoga *** .
Oder ordentlich Knoblauch ****.
Weil der putzt durch und wirkt reinigend.
Oder so Zeug halt, von dem man volksmedizinisch weiß, dass es den Tod und alles andere besiegen kann.

Ich muss halt einfach aufgeschlossener werden, diesen Alternativen gegenüber, und mir endlich zugestehen, dass meine schloddrigen Vorleben an allem Schuld sind. Weil ich sicher mehrmals verflucht wurde und nichts habe anbrennen lassen, in meinen früheren Existenzen. Dieses Dasein hier ist nun die Strafe dafür und es geschieht mir vollkommen recht.

Es tut mir auch sehr leid, dass ich immer, egal wohin ich komme, mehr Klopapier als andere verbrauche. Ich habe zwar meist eine Ersatzrolle mit und, sofern ein entsprechendes Geschäft in der Nähe ist, kaufe ich auch selbst welches nach. Aber erwarte dummerweise immer noch, dass der Beherbergungsbetrieb für das Nachfüllen der WC-Papierbestände zuständig ist. Auch der höherer Wasserverbrauch tut mir leid – wer öfter muss, verpritschelt leider auch mehr vom kostbaren Nass. Sorry.

Ich verstehe auch, dass man Schmarotzern, die solche Papiermengen verschwenden, einen Riegel vorschieben muss und deshalb nur WC-Papier der Marke „Fichte sägerauh“ verwendet. Vollkommen klar: Wenns am Po ordentlich raspelt, dann nimmt man weniger und verkneift sich das Geschäft.

Wenn man das noch kann, das Kneifen.
Ich kanns leider nimmer und muss sofort, wenns Müssen ansteht. Wurscht wo ich gerade bin.

Aber ich bin ja auch ein besonders mühsamer Fall, uneinsichtig und zu kompliziert, aus eigener Schuld.

Ach ja, fast hätt´ ichs vergessen: Das ich mir das alles nur einbilde, diesen komischen Morbus, mit dem Crohn und dem Sjögren, und was da sonst noch so auf meinem Sündenregister steht, ist sicher richtig. Denn das weiß man ja, dass solche Dinge von den Pharmafirmen erfunden wurden und psychisch instabile Persönlichkeiten auf sowas abfahren. Hypochonder wohin man schaut und überhaupt:
Ich sollte viel mehr froh sein, dass ich keinen Krebs habe.
Weil – Hallo!? – denen gehts ja WIRKLICH dreckig, elend und schlecht. Das sollte mich glücklich machen.
Obwohl die Krebstypen ja auch nur das Falsche essen und einfach nur positiver denken sollten. Aber das ist eine andere Geschichte.

Also was ich sagen wollte:
Es tut mir leid für die Umstände, die ich immer mache, wenn ich es wage, woanders als zu Hause zu essen, zu schlafen, zu sein.

Ich entschuldige mich sehr herzlich und fast aufrichtig dafür.

Und ich erzähle euch im Gegenzug nicht, wie oft ich jemanden gern die Pest, Ruhr und Cholera an den Hals wünschen würde, für diese Ignoranz und Überheblichkeit.

Oder wieviele Löcher ich anderen schon in die Aura geflucht habe (was ich nieeee tun würde! Herz aufs Hand!).

Oder wie sehr mir solche Aussagen und Übergriffe weh tun … und wie viel Überwindung es mich danach kostet, mich nicht dauerhaft in meiner Höhle zu verkriechen, sondern trotzdem immer wieder raus zu gehen, woanders zu sein, auf Reisen zu gehen.

Ich lächle einfach nur müde, unterdrücke den Impuls zu schreien, lasse es, so gut es geht, an mir abprallen und wundere mich nicht mehr, dass ich dadurch immer wieder blaue Flecken habe.

Danke daher hier nochmal für die ganzen wunderbaren Tipps und Infos und die zumindest angedachte Rücksichnahme auf meine absonderlichen Befindlichkeiten.
Ich verspreche: Im nächsten Leben mach ichs besser.

Herzlichst (fast ehrlich gemeint, ich bemühe mich wirklich),

Michaela

*Kurkuma mag ich an sich sehr, vertrags auch gut. Nehme es gern als Gewürz und da so, wie man Gewürze nehmen soll: In Maßen. Nicht eimerweise.

**Weihrauch habe ich schon zur Genüge ausprobiert – als Kapseln, als Harz, gegessen, geräuchert … letzteres gerne nach wie vor hin und wieder.

***Yoga mache ich so gut wie täglich.  Ausser mir gehts so besch***, dass ich nicht mal aufstehen kann. Anders würde ich den Alltag (und die meisten meiner Mitmenschen) nicht überstehen.

****Knoblauch ist leider der absoluten Obergrausehammer – vermutlich bin ich ein Vampir oder so. Ich liebe diese Knolle, aber sie hasst mich. Das er durch putzt stimmt übrigens: Der räumt mich von innen heraus weg.

Allgemein, Cartoons

Morbus Schara? … oder doch alter Schwede?

Über wohltuende Lebensumstellungen, die man immer brauchen kann, Unaussprechliches, das man nicht braucht, und Fragen, die weitere Fragen nach sich ziehen.

Ahoi Partypeople, was geht?
Alles gut bei euch?
Alle fit und froh und im ultimativen Sommermodus?
Was hat sich bei euch so getan, in den letzen Wochen?

Ich habe ja im letzten Beitrag schon ein bisschen was von meinem Tun in den letzten Monaten durchblicken lassen und angedroht angekündigt, euch in Bälde eine Schilderung meiner Erlebnisse zukommen zu lassen.

Tja nun, das Lebensdrehbuch hat mal wieder einen Gang zugelegt und einen grooooßen, sehr unerwarteten Handlungssprung in meine crohnische Soap geschrieben. Eine die wahrlich Game of Thrones würdig ist, weil sehr unerwartet, mit nach wie vor unklarem Handlungsablauf.

Von vorne:

Der Jahresbeginn war zäh, mein Gemüt im März noch immer auf Wintermodus und nach ein paar eher unerfreulichen Erlebnissen habe ich mich dann entschlossen, ein paar Wöchlein auf Blog-Auszeit zu gehen, das internette Leben aus der Ferne zu beobachten und mich mal eingehend mit mir zu beschäftigen.

Das war eine sehr weise Entscheidung (und ja, sowas passiert, wenn man älter wird, dieser Faux pas mit der Weisheit 😉 )

Begonnen habe ich diese Auszeit mit einer Kurzkur im Zentrum für traditionelle europäische Medizin, in Bad Kreuzen (Oberösterreich). Da fahre ich seit Jahren immer wieder hin um mich verwöhnen und auf Vorderfrau bringen zu lassen. Wie viele Dinge, die gut tun und gut helfen, wird auch dieses von der kranken Kasse nicht bezahlt. Das bedeutet daher: Selbstfinanzierung. Schmerzt im Börserl, aber Körperchen und Seelchen jubeln. Geplant war eine Woche, geworden sind es 1,5.

Grund: am dritten Tag war mein mentales Ich endlich auch angekommen und hatte gleich mal beschlossen, sich in den Keller zu begeben, zwecks melancholischer Phasenproduktion.
Was man halt so braucht. #nicht

Das Gute daran: mir ist schlagartig bewusst geworden, dass ich auf einer Abwärtsspirale unterwegs bin und Gefahr laufe, den Therapieerfolg der letzten beiden Jahre zunichte zu machen. Und mir ist bewusst geworden, dass ich etwas ändern muss.
Die Frage war nur: Was?

Mein Glück war, dass ich aus meinem „normalen System“ draußen war und zusätzlich in einer Umgebung, wo einerseits eine wunderbar tolle Naturlandschaft therapeutisch wirkt und Menschen arbeiten, die mit solchen Dingen umgehen können. Ich habe spontan beschlossen ein paar Tage zu verlängern und mir dann jede Hilfe geholt, die verfügbar (und leistbar) war.

Sowohl meine dortige Ärztin, als auch die anderen HelferInnen haben mich sehr unterstützt und mit mir gemeinsam ein „Lebenspaket“ geschnürt. Unter anderem habe ich mir da auch eine weitere Ernährungsberatung gegönnt (gefühlt die 97.). Diesmal zur Abwechslung aber eine, die annehmbar, umsetzbar und somit hilfreich war.

Da das ein sehr heftiges Thema ist, dass viele Crohnies ihr Leben lang beschäftigt, wird es hier demnächst eine eigene, kleine Serie dazu geben.

Darum nur kurz: ein Hauptpunkt in diesem „Lebenspaket“ war der Umstieg auf eine klare und fixe Tagesstruktur, unter anderem mit fixen Essenszeiten und dazwischen Pause. Weiters ein paar neue Hilfsmittel im täglichen Nahrungsmittelergänzungsreigen, von denen die meisten gut wirkten und nun fix in meinem „Team“ sind. Dazu jede Menge Trost und Zuspruch, damit das deprimierte Seelchen Lust bekam, die Treppe aus dem Kellerloch wieder hinauf zu beschreiten. Und außerdem ein paar gezielte, liebevolle Motivationstritte, um endlich in die richtigen Gänge zu kommen.

Dieses Gesamtpaket war gut, sehr individuell und auch im Alltag lebbar. Ich habe es auch geschafft, die meisten Punkte im Anschluss an die Kurzkur beizubehalten. Bis heute.

Was mir am meisten geholfen hat und nach wie vor hilft, ist die klare Tagesstruktur. Spannenderweise war es genau das, wovor sich mein kreativ-situatives Ich bisher am meisten gedrückt hatte, weil ich da massive Einschränkung befürchtet habe. Aber auch, dass mein doch sehr instabiler Körpermodus nicht mitspielen wird. Mittlerweile hab ich aber bemerkt, dass das genaue Gegenteil der Fall ist und ich im Grunde genommen diese Ordnung schon immer gesucht habe.

Das klingt vielleicht ein bisschen esoterisch und kalenderspruchweise. Was mir piepegal ist, denn Fakt ist: Mir hat es geholfen aus einem tiefen Loch wieder raus zu krabbeln und es hilft nach wie vor, den Alltag zumindest soweit in den Griff zu bekommen, dass ich auch das Gefühl habe, ihn ansatzweise im Griff zu haben.

Wie immer ist auch das eine sehr subjektive und höchst individuelle Einstellung: Mir hat es gut getan und tut es nach wie vor gut. Für jeden und jede andere, mit einer ähnlichen Diagnose bzw. in einer ähnlichen Situation, kann es komplett anders aussehen. Ich will das daher dezidiert nicht als den ultimativ hilfreichen Rat für Crohnies und chronisch Kranke beschreiben. Mir hats geholfen, bei wem anderen kann es ganz anders sein.

Mit diesem Hilfepaket war schon mal eine große Hürde geschafft und die Folgeuntersuchungen bei meiner Lieblingsgastroenterologin waren höchst erfreulich – der Bauchbefund hat bestätigt: tut gut, weitermachen.
Aber leider gibt es da noch ein paar andere Baustellen in meinem Körperchen und eines davon sind meine Gelenke. Die taten und tun seit Monaten teils sehr teuflisch weh und zeigten sich von den lebenstechnischen Umbaumaßnahmen sehr unbeeindruckt.
Hinzu kam eine schmerzhafte Epicondylitis – eine Ellbogenentzündung. Aufmerksame MitleserInnen erinnern sich vielleicht an Ivan und Igor. Ivan ist mittlerweile in Pension. Igor muss noch weiter wirk-werken. Mittlerweile ist er mir so an den Ellbogen gewachsen, dass ich ihn nur mehr wahrnehme, wenn er nicht drauf montiert ist. Er hilft, wenngleich sein Werk ein seeeeeeeeeeehr langfristiges ist.

Als sich meine anderen Gelenke im Laufe der Wochen und Monate zu immer steiferen, schmerzenden GenossInnen entwickelt hatten und ich trotz Gymnastik, Bewegung und Physiotherapie kaum Fortschritte machte, zu einem Schnappfinger in der rechten Hand ein zweiter dazu kam und ich einen „Wanderschmerz“ entwickelte, beschlossen meine wunderbaren Ärzte mal in einer anderen als der crohnischen Region nach dem Rechten zu sehen.

Und wurden fündig.
Leider.

Vorgeschichte

Ich habe seit meiner Kindheit rheumatische Beschwerden, mal mehr, mal weniger. Hinzu kommt eine überelastische Wirbelsäule, mit etwas laschen Bändern. Damit verschieben sich immer wieder Wirbel und das tut dann entsprechend weh. Drei unverschuldete Autounfälle kamen auch noch dazu (= drei mal Peitschenschlag und ein vierter als Kind) – das war auch nicht sehr hilfreich.

Der Verdacht einer rheumatischen Grunderkrankung war schon ein paar Jahre vor der Crohn-Diagnose da, ich war da auch immer wieder in Kontrolle. Aber man hatte nie etwas Eindeutiges gefunden.

Nach der Crohn-Diagnose (2005) hat man die Gelenksschmerzen dann auf diese Erkrankung geschoben, weil das oft Hand in Hand geht und der Crohn fallweise solche Schmerzen bzw. eine Polyathritis hervorruft (als eines von den Symptomen, die man zusätzlich entwickeln kann).

Insofern war daher die Hoffnung, das mit einer Remission (=der Crohn gibt Ruhe) auch die anderen Schmerzen besser wurden.
Die waren davon aber eher unbeeindruckt.

Nun also ein größerer Blutbefund, mit der Abfrage von „einschlägigen“ und sehr speziellen Werten, die im sog. Rheumablock daheim sind. Und da waren dann ein paar dieser Werte am Dach, sprich: weit über der Norm, teilweise um das 20fache.

Sowas sorgt nicht unbedingt für entspannte Nachtruhe.

Mein Hausarzt und meine Gastroenterologin haben unisono erklärt, dass man für die genaue Deutung zusätzliche Spezialisten braucht – weil ich ja auch sonst ein sehr spezieller Fall bin, der vielleicht irgendwann als Morbus Schara in die Geschichte eingehen wird, wie mein Hausarzt humorvoll launig anmerkte. Was ich a. witzig finde, aber b. nicht als Lebensziel betrachte.
Also ging es zu einem, der sich mit solchen Spezialfällen im rheumatischen Bereich beschäftigt und auch guten Kontakt zur gastroenterologischen Seite hat.

Meine Idee, die Wartezeit bis zum Termin mit googeln zu verbringen, war eine sehr, sehr blöde.
Im günstigsten Fall kommt bei sowas Birnenrost raus.
Normalerweise aber wird eher was in Richtung Beulenpest am Schirm zu lesen sein.

Der langen Rede kurzer Sinn: es ist keines von beiden, sondern ziemlich sicher ein alter Schwede.

Morbus Sjögren

Auch Sjögren-Syndrom genannt.

Eine sog. Kollagenose, also eine Erkrankung, die im Bindegewebe zuhause ist.

Das Sjögren-Syndrom ist nach dem schwedischen Augenarzt Henrik Samuel Conrad Sjögren benannt. Hier gehts zu einer Biografie (englisch).

Morbus“ bedeutet übrigens einfach nur „Krankheit“. Um welche es sich dann genau handelt, wird erst durch das daran gehängte Wort klar.

Das Sjögren-Syndrom zählt zu den häufigsten Kollagenosen, die aber selbst eher zu den seltenen Erkrankungen zählen.

Typische Symptome, die auftreten können (aber nicht bei jedem auftreten müssen), sind trockene Augen und trockene Schleimhäute, zum Beispiel in der Nase, im Mund, im Körperinneren … wo eben überall Schleimhäute vorhanden und in Aktion sind. Also auch im Darm.

Der Grund für das Austrocknen der Schleimhäute liegt darin, dass das Sjögren-Syndrom die exokrinen Drüsen zerstört. Die sind für die Feuchtigkeit vor Ort zuständig.

Das Sjögren Syndrom verursacht aber auch sehr häufig Gelenkschmerzen, die bei jedem ein wenig anderes gelagert sein können. Meist sind es die „kleine“ Gelenke, in den Händen, Füßen … oder die Sehnen. Oft kommt es auch zu Verhärtungen im Bindegewebe, das im ganzen Körper zu finden ist und eine sehr wichtige Funktion erfüllt (und nicht nur Orangenhaut produziert. Muss auch mal anerkannt werden)

Kurz gesagt: Morbus Sjögren ist eine Erkrankung des gesamten Körpers und verursacht teils sehr schwer deutbare, in ihrer Gesamtheit als nur schlecht als zusammenhängend, erkennbare Symptome.

Mit ein Grund, warum es oft erst nach längerem Leiden erkannt wird.

Es sind übrigens zu 90% Frauen, die an dieser Kollagenose erkranken und die meisten sind bei der Diagnose zwischen 45 und 55 Jahren alt (Hurra, ich erfülle ein Cliché!). Ausbrechen tut die Erkrankung aber oft viel früher.

Die Ursachen sind beim Sjögren-Syndrom noch nebuloser als beim Crohn. Bei letzterem weiß man, dass es auch eine genetische Disposition braucht, damit der Mistkerl lostrabt er ausbricht.

Beim Sjögren-Syndrom vermutet man diesen genetischen Punkt. Aber auch Viruserkrankungen (wie z.B. das Pfeiffersche Drüsenfieber), hormonelle Dysfunktionen, Umweltfaktoren usw. usf.

Kurz: man hat keine Ahnung woher, warum und wieso.
Mehr zu diesem Thema gibts hier: Das Sjögren Syndrom -Ein Ratgeber für Patienten

Die Therapie …?

Einerseits symptomatisch – heißt: man versucht die Beschwerden, also die Schmerzen und die Trockenheit, zu lindern. Einerseits mit Augentropfen, Nasentropfen, Mundsprays. Andererseits mit Schmerzmedikamenten, Physiotherapie, entzündungshemmenden Medikamente usw. usf.

Andererseits mit einer Dauermedikation, speziell dann, wenn die Gelenksschmerzen anhaltend sind, wie bei mir. Wie diese ausschauen wird, darüber wird in meinem Fall gerade beraten und ich muss auch noch ein paar Untersuchungen abwarten.

Mein Problem ist, dass ich sehr spezielle und teils heftige Medikamente nehme, die den Crohn in Schach halten. Die vertragen sich nicht mit allem, beanspruchen den Körper auf ihre Weise schon sehr und darum braucht es noch ein paar Untersuchung und Überlegungen, wie das nun zu handhaben ist, ohne die aktuelle, zarte Remission zu gefährden. Und auch, ob die Probleme wirklich vom Herre Sjögren hervorgerufen werden, denn auch das ist noch nicht sooo ganz klar. Einiges spricht dafür, einiges dagegen, einiges für eine ganz andere Richtung … und ihr könnt euch denken, dass das nicht unbedingt für entspannte Nachtruhe und gechillte Tage sorgt – es nervt tierisch nicht zu wissen, was nun wirklich los ist und wo die Kacke am Dampfen das Problem wirklich begraben ist.

Ein Symptom, das Sjögren und Crohn gemeinsam haben, ist eine erschöpfende Müdigkeit, Fatigue genannt. Das macht den Tag in Summe dann nicht wirklich besser. Aber ich habe zumindest einen doppelten Grund für dieses fallweise sehr heftige „wie erschlagen“-Sein und eine mehrfache Ausrede, wenn ich sch***drauf bin, mir Worte und Dings nicht einfallen, ich launisch, gereizt, überdreht, lethargisch, wütend, verheult oder seeeehr meditativ abgeklärt bin (ooooooooooohm)

Ach ja: Auch diese Erkrankung sieht man im Außen nicht.
Die ungeliebte Redewendung „Aber man sieht es dir gar nicht an?!“ ist also auch hier nicht angebracht.
(Wie hat man eigentlich auszusehen, damit man einem „das“ ansieht?
Antworten bitte gerne in die Kommentare, interessiert mich wirklich.)

Wie geht es mir ….?

Ehrlich gesagt: ich weiß es nicht so genau.

Ich bin noch immer am „Verstoffwechseln“ der Infos, versuche ruhig Blut zu bewahren und die weiteren Untersuchungen abzuwarten. Das klappt logischerweise nicht immer. Es ist eher eine emotionale Achterbahn, weswegen es mich auch immer wieder schleudert.

Körperlich tun die Gelenke abwechselnd weh, vor allem die Hände und da speziell die Finger der rechten Hand. Ich bewege mich viel, was gegen die Gelenkschmerzen hilft, aber die Grundmüdigkeit nicht bessert. Ich habe div. Salben und Schmierzeugs ausprobiert, um die ärgsten Zores zu dämpfen. Aktuell ist es das fürchterlich stinkende, aber noch am besten helfende Tiroler Steinöl.
Positiver Nebeneffekt: Ungeziefer jedweder Art nimmt flugs Reißaus – während eines Gelsen- und Zeckenreichen Sommers nicht unangenehm. Und man hat auch viel mehr Platzfreiheit, wenn im öffentliche Raum unterwegs (stinke wie des Teufels Großmutter)

Wenn die Angst anklopft, lasse ich sie rein und setze mich mit ihr auf die Couch. Dort lass ich sie reden, weinen, heulen, zettern und gehe dann mit ihr in den Garten oder in den Wald. Meist bleibt sie dort unter einem Baum sitzen und ich kann ohne sie wieder weitergehen.

Frustrierend ist allerdings, dass ich bis vor ein paar Tagen das Gefühl hatte, auf einem guten Weg zu sein – siehe oben: gute Tagesstruktur, hilfreiches Essen, passende Therapien, crohnische Remission … und nun das Gefühl habe, einmal mehr einen Ar*tritt vom Leben bekommen zu haben. Wie beim Mensch-ärgere-dich-nicht, wenn du kurz vor dem Ziel rausfliegst und dann warten musst, bis du wieder eine 6 würfelst.

Frustrierend ist auch das Wissen, dass dieser Sjögren kein ganz Unbekannter in meiner gesundheitlichen Laufbahn ist. Der erste Verdacht, dass da noch was anderes im Busch ist, kam bereits 2014. Aber dann ist er irgendwie vom Schirm verschwunden. Der heftige Crohn-Schub hat das Gesichtsfeld komplett für sich beansprucht und die Symptome passten sowohl auf die eine, wie auch auf die andere Erkrankung.

Herre Sjögren:
Eine olle, vertrocknete Gouvernante im schwedischen Piraten-Geister-Outfit

HerreSjoegren - Morbus Schara? ... oder doch alter Schwede?Meine erste Zeichnung seit Monaten war dann gleich mal der Versuch, diesem neuen-alten „Morbus“ ein Gesicht zu verpassen. Was man sehen kann, das hat weniger Schrecken und ich habe ein passendes Gesicht vor Augen, wenn ich meinen Frust wo auslassen will.

Fast sofort drängte sich auch der Begriff „Alter Schwede“ auf – der für mich nun eine deutlich andere Bedeutung bekommen hat.

Da ein Hauptsymptom dieses „alten Schweden“ die Trockenheit ist, bekam er eine Staubwolke zu Füßen und ein hageres, eingetrocknetes Gesicht.

Dem schwedischen Namensgeber zu Ehren gibts aufs Haupt einen ramponierten Wikingerhelm (=schwedisch + alt, you know?). Weil ich sein Vorgehen als sehr heimlistig und hintertückisch empfinde, bekam er eine Piratenklappe übers trübe Auge.

Die Müdigkeit, die er mit sich bringt, trägt er auch im Aussehen. Weil er sich gern und gut versteckt, wie ein Geist, der mysteriös durch die Befunde spuckt, hat er einen Gespensterkittel an.

Die Hände, verkrampft und angespannt (wie meine, wenn ich sie 10 Minuten nicht bewege), hängen an den Seiten runter und der Blick erzählt den Rest, den man gar nicht so genau wissen will.

Mistkerl.

Ich habe noch immer nicht herausgefunden, wie man diesen Zungenbrecher richtig ausspricht. Irgendwas mit Sch und Ch und J und ÖH.

Eine Krankheit zu haben, von der man nicht weiß, wie man sie ausspricht und unbedarften Ärzten erstmal buchstabieren muss – da fragt man sich schon, welchen Humor das Schicksal hat. Es muss ein sehr sarkastischer und dunkler sein.

Was ich brauche …?

Keine Ahnung, ich weiß es ehrlich nicht.

Ruhe, fallweise Gesichtsfeldwechsel, immer wieder Mut, ganiert mit sanfter Hoffnung, viel Lachen und das Gefühl, nicht unterm sprichwörtlichen Quargelsturz zu stehen, sondern nach wie vor einen Anteil am Leben und in der Gemeinschaft zu haben … vielleicht.

Gute Wünsche, Trost und Zuspruch … sind fallweise auch hilfreich. Können aber auch zu viel werden. Das ist täglich anders, mal mehr, mal weniger.

Auf mein Posting auf FB, im Freundeskreis, kamen irr viele Rückmeldungen, ganz viele Kleiner-3 und ich war von dieser Reaktion voll ge-wow-t … einfach sprachlos, sehr gerührt und hochsensibelst überfordert. Aber es hat auch gut getan und Mut gemacht.
Ich muss einfach noch lernen, wie ich mit solchen Reaktionen umgehe.

Ansonsten wünsche ich mir vor allem eines sehr: dass ich die Pläne, die ich hatte und wo eine sehr besondere, mir sehr wichtige Reise eine große Rolle spielt, nicht fallen lassen muss. Weil das würde mich dann doch sehr grämen und in ein großes, tiefes Loch fallen lassen, wo ich mich dann an der ungeliebten Yoga-Übung namens Sich-selber-in-den-Hinter-beißen-Asana versuchen müsste. Die kann nix und bringt nix und darum ist es besser, wenn ich bei meinen täglichen Sonnen- und Mondgrüßen bleibe und die im Garten machen kann, anstatt in Frustlöchern zu sitzen.

Ohm.

Was ich aktuell (und auch sonst) definitiv NICHT brauche

Tipps.

An alle, die sich bemüssigt fühlen, mir zu sagen, was ich falsch mache, welchen Arzt ich aufsuchen soll, was ich essen/nicht esssen, was ich trinken/nicht trinken, welche Mediks ich nehmen/nicht nehmen, welcher Karmafluch auf mir lastet … usw. usf. soll:

Lasst es.

Wenn ich etwas brauche oder diesbezglich wissen will, melde ich mich und kommuniziere es.
Ihr braucht auch eure Kontaktdaten für diesen Fall NICHT zu hinterlassen (und auch nicht den eurer Wunderheiler/ärzte/therapeuten/wuzzis usw. usf.).

Wer es dennoch nicht lassen kann, mir (wie bereits geschehen) ungefragt, ungewünscht Tipps, Infos, Links usw. usf. schickt, für den/die nochmal als Klartext (=2. Warnung):

Fahr zur Hölle und substrahier dich aus meiner Gegenwart.
Du nervst einfach nur tierisch und deine Info tangiert mich nicht mal peripher.

Ich bemühe mich nach wie vor, auf solche Meldungen nicht bzw. halbwegs höflich zu reagieren – wobei „nicht“ die bessere Alternative ist. Denn jede, wie auch immer geartete, Antwort füttert den Tipp-Troll nur und regt mich zusätzlich auf.

Meine aktuelle mentale Verarbeitungsstrategie geht somit meist dahin, dass ich diesen ewig Unbelehrbaren ein deftiges Loch in die Aura fluche.
Karmisch bedenklich? Möglicherweise.
Aber emotional sehr befreiend.

Namasté.

Allgemein

„Echt krank!“

„… sowas von krank!“
„… wie krank ist das denn?!“
„… du bist echt krank!“

Ja, bin ich. Also krank.
Aber so, wie es die obigen Aussagen inhaltlich NICHT meinen.

Sprache ist spannend, weil lebendig und immer am Verändern. Man denke nur an das Adjektivchen „geil„, dass zu Zeiten meiner Großmutter für besonders fette Speisen galt (z.B. Tante Lintschis unnachahmliche, alle Kalorienvorgaben sprengende Nusstorte)
In meiner Jugend verband man damit verschämt und zottig den Zustand sexueller Erregung. In heutiger Zeit geht es wieder retour zu den Wurzeln. Da wird es als „fett“ übersetzt, wenngleich eher im unkulinarischen Sinne: als Synonym für „besonders toll„.

Seit einigen Jahren haben sich allerdings auch Worte in den Alltagsslang von groß, klein, mehr oder weniger gebildet eingeschlichen, die tun weh. Nämlich diese Titulierungen, wo man sich auf Kranksein und Behinderung/Beeinträchtigung bezieht.
Voll krank“ ist da keine medizinische Information, sondern meint übersetzt: Komplett am aktuellen Non Plus Ultra 08/15 Standard vorbei. So schräg, dass es nicht mal mehr als exaltiert gilt und nur einem verwirrten, eben „kranken“ Außer-der-Norm-Geist entspringen kann.

Ein Schimpfwort, entstanden aus einer Zustandsbezeichnung.

„Hirni“ ist ein anderer, „Spast“ ein noch grausamerer Stigma-Begriff.
Gekrönt von „echt behindert“.

Alles nichts Neues, im Gegenteil: diese Worte haben es durch dauerhafte Verwendung geschafft, im Mittelklassesprachgebrauch Einzug zu finden.

Das tut weh, sehr weh.
Aber nur, wenn es einen betrifft, nämlich im Sinne von: wenn man selbst wirklich krank ist (was etwas anderes als „außer der Norm agiert“ ist), an einer schmerzhaften spastischen Lähmung leidet oder eben zum Kreis derer zählt, die als körperlich/geistig behindert gelten.

„Darf man das überhaupt noch sagen? Das ist doch stigmatisierend! Heute sagt man doch beeinträchtigt oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder gehandicapt oder eingeschränkt oder oder oder …!“

Scheiß drauf.
Das ist doch idiotisch.
Denn einerseits wird „krank“ und „behindert“ im immer größeren Umfang als standardisierte Negativ-Bezeichnung von Dingen, Menschen, Handlungen eingesetzt, die weder das eine noch das andere sind. Aber dafür mies, schlecht, dumm, idiotisch, dämlich, vertrottelt und was weiß ich noch.
Andererseits wird man schief angesehen, wenn man sich selbst oder andere als Menschen mit Behinderung und Krankheit bezeichnet.

Liebe Leute,

ich bin beides: Krank und behindert.
Ich habs schriftlich: 50 v. H. steht in meinem Behindertenpass.
Der genauso heißt: Behindertenpass – Identity Card for disabled Persons.
Und das „v.H.“ steht für den Grad der Behinderung, was genauso wortwörtlich drin steht: 50% von Hundert – als die Hälfte dessen, was ein „gesunder“ Mensch zusammenbringt.

Und ich habe null Problem damit, dass Ding beim Namen zu nennen, weil es nämlich genau das ist: eine Krankheit und eine Behinderung. Die mich, by the way, an manchen Tagen mehr als 50% am „normalen“ Leben behindert.

Mich kotzt diese falsche Zweisichtigkeit an – wenn man mich maßregelt, weil ich das B-Wort verwende. Und ein paar Sätze später erzählt wird, wie „krank“ eine Situation oder Handlung war.

Geht´s noch?
Wann haben wir eigentlich so rundheraus angefangen, alles, was nicht normgerecht ist, mit dem Titel krank zu belegen? Und was sagt das generell über unseren Umgang mit Erkrankung und dem außer der Norm sein aus?
Ist der, der wirklich krank ist, anders krank als der, der sich nur krank benimmt, etwas Krankes getan hat oder von anderen als krank gesehen wird?
Denkt überhaupt noch einer nach, bevor er diese Worte in den Mund nimmt, im abwertenden Sinn?

Bei „Spast“ ist es mittlerweile so, dass die (vornehmlich Kids und junge Erwachsene, aber durchaus auch Endzwanziger), die es so beiläufig sagen, angeblich gar nicht wirklich wissen, woher das Wort kommt und was damit krankheitsbedingt verbunden ist.

„Aber das hat doch gar nichts mit einem echten Spastiker zu tun! Das sagt man doch nur so, wenn einer … also, wenn einer … naja, wenn er sich dämlich oder ungeschickt anstellt oder … also wenn er ein Idiot ist, der  nicht schnell genug reagiert … halt zu langsam, begriffsstutzig ist …“

Danke auch, denk lieber nach.
Am besten bevor du etwas sagst und dann stell dich bitte eine Runde in die Ecke und geh deiner Aussage auf den Grund.

Sprache ist immer ein Zeichen für den gesellschaftlichen Umgang miteinander, für den empathischen Zustand im sozialen Gefüge. Und was das betrifft fällt mir nur ein Satz ein:

Brace yourself, winter is comming. 

Zieht euch warm an, ihr Lieben, denn wenn wir Krankheit als Schimpfwort verwenden, dann denkt daran, was mir ein (homöopathischer) Arzt mal gesagt hat:

„Ein Mensch, der gesund ist, wurde einfach noch nicht lange genug untersucht.“

Wir sind alle krank.
Die einen mehr, die anderen weniger.
Amen.

Allgemein, Briefe aus dem Leben mit CED

Heilsames Getippsel

Ein Beitrag zur Blogparade auf Unruhewerk.de:
50plus-Blogger/innen – hilft euch das Schreiben? Wenn ja, wobei?

Maria Al-Mana vom Blog Unruhewerk.de hat diese Blogparade gestartet und ich bin per Zufall dieser Tage darüber gestolpert. In den Details weiter unten stand dann noch dieses:

„… und wenn auch noch Krankheiten oder Lebensumbrüche im Spiel sind, muss man fast gar nicht mehr drüber reden: Schreiben wird zur Therapie. Würde das sehr gern mal thematisieren! Wäre toll, es beteiligt sich jemand, der aus diesen Gründen schreibt!…“

Tja, nun – das muss diese „Berufung“ sein, von der man immer wieder liest 😉 Im Sinne von: Da hat wer eine Frage an mich gestellt und nur den Namen vergessen dazu zu schreiben.

Und dann tauchten auch noch diese Twittermessage in meinem Stream auf:

Der Satz „Take your broken heart, make it into art“ hat mich schon berührt, als ich ihn das erste Mal gehört/gelesen habe.
Auch wenn es nicht immer das Herz ist, das leidet. In meinem Fall ist es rein physisch ein Stück tiefer, meistens. Dann und wann wandert der Schmerz dann aber auch ins Psychische. Einfach weil es auch in der Seele immer wieder weh tut, wenn der Körper nicht so mitmacht bei dem, was man sich so fürs Leben erhofft hat.

In diesen Momenten hilft mir Schreiben.

Die krausen, dunklen, müden Gedanken aus dem Kopf ziehen, in einen Satz gießen, den nächsten dran hängen, einen nach dem anderen. Bis das Gewusel in Herz und Hirn leichter wird und aus dem Buchstabensalat ein Hoffnungslachen herausgrinst.

Das ist so, als wäre der Grundhumor unter einer dichten Decke an „warum, wieso,weshalb„, „immer ich, immer auf die Kleinen, immer dann wenns grad am wenigsten passt“ und „f* the system, rutscht mir alle den Buckel runter, keiner versteht mich…“ vergraben.

Mit jedem Wort, das ich in so einer Situation schreibe, wird die Decke leichter, der Druck vom Dreck geringer und meist merke ich erst beim Schreiben selbst, was mich da so niederdrückt, mir die Seele dunkelt, so richtig auf den metaphorischen A… geht…, pardon, die Nerven belastet.

Geschrieben habe ich immer schon gerne und meist mehr, als ich sollte. Mir geht es da wie weiland dem alten Goethe: Ich kann lange Briefe leichter schreiben als kurze.

Wenn es um konkrete Infos geht, schaffe ich es mittlerweile flott auf den Punkt zu kommen (denk ich und danke da der guten Gitte Härter für ihr Konzipieren-Coaching ;). Das hilft auch bei angefragten Beiträgen, wo man exakt auf bestimmte Zeichenzahlen hintippen muss.
Aber das ist „normales“ Schreiben.

Schreiben aus Spaß` an der Freud´, um zu entlasten, um Trauer oder Freude zu verarbeiten … funktioniert anders. Das fließt aus dem Herz in die Tasten, das Hirn steht nur beobachtend daneben und die Seele hat Zeit, den Gedanken und Emotionen den Raum zu geben, die sie brauchen, um verarbeitet zu werden.

Eines meiner bevorzugten „Therapiegeschreibseln“ sind Briefe. Und zwar von der Art, wie man sie selten bis nie abschickt. So habe ich vor ein paar Jahren angefangen meinen Crohn geistig zu bearbeiten.

Bearbeiten: Das ist kein Vertipper, sondern eine Mischung aus „verarbeiten“, „aufarbeiten“ und „mal ordentlich die Meinung reingeigen“.

Ich saß viele, all zu viele Tage allein daheim, darauf wartend, dass mein Körper den Kampf gegen den crohnischen Angriff gewinnt. Darauf wartend, dass die Medikamente das tun, wofür sie gedacht sind. Darauf wartend, dass die Schmerzen endlich nachlassen und das Leben wieder einen guten Wert bekommt. Familie und Umfeld waren zwar hilfreich, aber die meiste Zeit mit Arbeit und dem Rest rundum beschäftigt.

Das Alleinsein widerum sorgte irgendwann für sehr mühsame Gedanken – da waren so viele Dinge, die ich aussprechen, sagen, loswerden wollte. Aber keiner da, dem ich sie sagen konnte … oder wollte. Denn das, was da so drückte, war nichts, was mein Umfeld betraf. Der Frust, der da um mich herumkroch, hatte keinen Urheber oder gar Schuldigen. Er war eine Nebenwirkung der Umstände dieses crohnischen Lebens.

So begann ich eines Tages meinem Crohn, meiner Grunderkrankung, einen Brief zu schreiben. Wie es sich gehört, begann der Brief mit einer Grußformel: Lieber Herr Crohn …
Weiter ging es dann eher weniger lieb, meist sehr sarkastisch, fallweise drollig und dann und wann auch sehr dusterdunkel bis krachwütend. Einmal begonnen, begannen die Worte zu fließen und das Dunkel innen drinnen wurde lichter.

Neben dem lieben Herrn Crohn, der schlussendlich dann meinem Blog hier auch den Namen gegeben hat, schrieb ich auch noch an andere, die es physisch so nicht gibt, denen ich aber unbedingt endlich mal ein paar Worte widmen wollte:

  • Meinem Frühstückstoast, der mich in guten und in schlechten Zeiten immer begleitet, der aber in besonders schlechten Zeiten, wenn die Antibiotika den Appettit wegradieren, kaum Ansprache fand.
  • Der Hoffnung, die dann und wann sehr zart auftauchte und der ich, bevor sie sich wieder verflüchtete, einfach ein paar Worte zuflüstern wollte.
  • Der Angst, die man hat, wenn man Mutter ist, krank ist und Kinder hat und eben das befürchtet, was jede Mutter mit einer genetischen Erkrankung fürchtet.
  • Den mehr oder weniger guten meinenden RatschlägerInnen, die zwar selbst ihr Leben kaum auf die Reihe brachten, aber mir detailliert erklären konnten (und noch immer können), woher meine Erkrankung kommt und was ich zu tun habe, um sie loszuwerden. Ohne im Detail überhaupt zu wissen, was das ist, dieses Morbus Crohn, oder was ich schon alles selbst versucht habe und tue und weiß.

So entstanden über 50 Briefe. Einige davon habe ich schon in meinem Blog veröffentlicht und werde immer wieder einen rausrücken. Einige habe ich sofort wieder gelöscht, denn die waren so dunkeldüstergarstigböse, dass sie besser gleich im Abgrund des Papierkorbs verschwanden.
Einige wurden ins englische übersetzt und sorgten so unter anderem in einem Pharmaunternehmen dafür, dass deren MitarbeiterInnen einen emotionalen Einblick in das Leben mit einer Erkrankung bekommen, die nicht nur den Körper, sondern auch das Umfeld intensiv betrifft.
Zwei habe ich im Rahmen der Veranstaltung „Der lange Tag des Darms“ vorgelesen.
Ein paar habe ich auch anderen zum Lesen gegeben und da tauchte dann auch die Idee auf, diese Briefsammlung als Buch herauszubringen. Weil es ja auch vielen anderen so geht, wie es mir erging, und das Thema somit etwas mehr ins Licht gerückt wird.

LieberHerrCrohnBuch 300x225 - Heilsames GetippselDiese Idee hat sich mittlerweile gewandelt. Einerseits, weil es keinen Verlag gibt (zumindest habe ich noch keinen gefunden, aber auch nicht sehr intensiv gesucht), wo dieses Thema ins Portfolio passt und selbst publizieren für mich aus diversen Gründen kein Thema ist.
Andererseits hab ich im Lauf der Zeit mehr und mehr das Gefühl, dass es eher ein Ratgeber-Buch rund um das Leben mit Morbus Crohn braucht und die Briefe im Blog besser aufgehoben sind.

Beim Briefe Schreiben selbst habe ich weder an eine mögliche Veröffentlichung gedacht, noch ob sie auch anderen nützlich sein könnten. Ich habe einfach zu schreiben begonnen und solange getippt, bis ich das Gefühl hatte, dieses Thema im wahrsten Sinn des Wortes „abgeschrieben“ zu haben. Dann war mir leichter.

Wenn ich heute schreibe, dann unterscheide ich intuitiv, ob es sich um einen „informativen“ Beitrag handelt, wo ich über etwas berichten will, ein Thema abhandle oder eine Info weitergebe – wie zum Beispiel in meinem anderen Blog kultkraftplatz.com.
Oder ob es darum geht, ein Thema zu verarbeiten, das mich emotional berührt, egal in welcher Beziehung. Letzteres ist dann mehr das sog. therapeutische Schreiben. Fallweise verschwimmen die Grenzen, das eine fließt ins andere über, beim Schreiben entwickelt sich ein Flow und am Ende bin ich dann selbst erstaunt, was da so alles steht.

Meine Sprache ist die Schrift – habe ich einmal gesagt. In geschriebenen Worten kann ich das ausdrücken, was auszusprechen nicht immer einfach ist. Ich denke zwar, dass ich mich eloquent ausdrücken kann und auch rhetorisch nicht auf den Mund gefallen bin. Aber es ist dennoch ein großer Unterschied, etwas zu sagen oder es aufzuschreiben. Reden ist mehr im Augenblick und entwickelt sich in Interaktion mit denen, die zuhören. Schreiben geht tiefer in das persönliche Empfinden, sorgt für einen Dialog mit sich selbst, gibt einem die Zeit, um Worte und persönliche Gefühle zu verbinden und dadurch eine neue Perspektive zu erfahren.

LookFeel 1000 300x225 - Heilsames Getippsel
Look & Feel

Als mir beim crohnischen Briefeschreiben die Worte und Themen ausgingen, habe ich begonnen, Cartoons zu zeichnen. Da wurden dann die nicht aussprechbaren Dinge, die man auch mit den besten Worten nicht beschreiben kann, abgegearbeitet. Denn irgendwann stößt man an die Grenze der beschreibbaren Welt und dann ist es gut, wenn man noch ein paar Bilder im Talon hat.
Aber das ist eine andere Geschichte 😉

Ich hoffe, ich konnte euch einen kleinen Einblick in die Hintergründe meiner Buchstabenwelt geben und freue mich, dass ich die Blogparade vom Unruhewerk noch rechtzeitig vor Ende entdeckt habe.

Schaut euch doch auch die anderen Beiträge dort an, ist alles sehr spannend! Die Blogparade geht noch bis Mitternacht des 23. Februar 2018. Alle Infos dazu findet ihr hier.

Liebe Maria Al-Mana,

Vielen Dank für deine Idee! Finde ich ganz grandios und ich hoffe, mein Beitrag ist von der Art, wie du sie dir gewünscht hast.

Ganz herzliche Grüße,

Michaela

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